Ganz oder gar nicht
betrachtet, weist mein Leben Parallelen zu Jamshids auf. Ich habe in Paris studiert, während Jamshid hier war, und ich war in der Zeit auch häufig in London. Auch ich habe unter falschem Namen gelebt. Und ich bin, genau wie er, zurückgekehrt, um im Kaljuk-Krieg zu kämpfen."
„Was war damals Ihr Name?"
„Nadim al Azzam", antwortete er zögernd. „Wir müssen das und ein paar andere Details vor den Medien geheim halten."
„Die Medien", murmelte sie nachdenklich.
„Auf diese Weise werden wir Ghasib zu der Überzeugung ge langen lassen, dass das, was inoffiziell durchsickert, die Wahrheit sei. Die Story wird dann durch die Medien sozusagen bestätigt werden."
„Welche Story? Dass Sie untertauchen mussten, um zu überle ben?"
Najib schüttelte den Kopf. „Nein, es wird eine viel romantischere Geschichte. Die Details müssen natürlich noch ausgearbeitet werden. Kurz zusammengefasst lautet die Story, dass ich Sie hier kennen gelernt und geheiratet habe, danach im Krieg war und schwer verletzt wurde. Eine Zeit lang galt ich als tot. Sie erfuhren von meinem Tod, nicht aber, dass ich später gefunden wurde, wenn auch lebensgefährlich verletzt. Und jetzt, fünf Jahre später, bin ich zurückgekehrt, um Sie heimzuholen, und erfahre, dass ich einen kleinen Sohn habe."
Rosalind sah ihn entgeistert an. „Die Geschichte hat mehr Löcher als ein Schweizer Käse! Warum haben Sie mich nicht gleich nach Ihrer Heilung geholt? Warum habe ich nicht ..."
Er hob abwehrend die Hand. „Ich sagte ja, die Details müssen noch ausgearbeitet werden. Zuerst mussten wir Sie finden und überzeugen. Rosalind, es wird nicht einfach sein. Aber ich bitte Sie, lassen Sie uns versuchen, auf diese Weise das Leben von Jamshids Sohn zu retten."
„Ich soll also so tun, als sei ich mit Ihnen verheiratet." Ein heißer Schauer überlief Rosalind.
Najib blickte sie mit seinen dunklen Augen so eindringlich an, dass sie den Blick nicht abwenden konnte. „Sie sollen nicht nur so tun, sondern mich tatsächlich heiraten", korrigierte er.
„Aber wenn wir doch schon geheiratet haben, warum sollen wir es dann noch einmal tun?"
„Weil ich mich jetzt mit meinem richtigen Namen zu erkennen gebe, damit Sie ganz offiziell diesen Namen annehmen können."
„Welchen Vorteil hätten wir davon?"
„Erstens werden Sie und Sam einen anderen Namen bekommen."
„Und zweitens?"
„Zweitens wird die Hochzeit als Sensations-Story in den Medien ganz groß herauskommen."
„Wie kann man das so genau vorher wissen?"
Er lächelte, als sei sie geradezu bemitleidenswert naiv. „Dafür werden wir schon sorgen."
Und da hatte sie geglaubt, gelassener geworden zu sein. Wie sehr hatte sie sich getäuscht! Ihre Hände zitterten.
„Es wäre nur Theater, Rosalind", sagte Najib ruhig. „Glauben Sie, ich würde die Situation für mich ausnutzen? Vergessen Sie nicht, ich muss Sie beschützen!"
„Nein", stellte sie klar. „Das müssen Sie nicht. Sam ist nicht Jamshids Sohn. Er hat so oder so keinen Anspruch auf den Thron. Warum können wir das Ghasib nicht einfach erklären?"
„Ros..."
„Nein! Wenn ich mich darauf einlasse, dann verstricke ich mich immer tiefer, bis ich nie mehr herausfinde. Ich will nicht, dass mein Sohn sich eines Tages als eigentlicher Thronanwärter Bagestans betrachtet! Er ist nicht Jamshids Sohn! Warum glauben Sie mir das nicht?"
„Sie haben das Porträt selbst gesehen, Rosalind", sagte Najib leise.
Wütend starrte sie ihn an. „Ihre Familie bestimmt einfach alles, nicht wahr? Ihr Großvater hat mir nicht geglaubt, als ich ihm schrieb, dass ich schwanger war von Jamshid, und jetzt glauben Sie mir nicht, wenn ich sage, dass Sam nicht..."
„Sehen Sie mich an, Rosalind!" befahl Najib so energisch, dass sie unwillkürlich gehorchte.
„Geben Sie mir Ihr Ehrenwort, dass Jamshid nicht der Vater Ihres Sohnes ist?"
„Ja!" rief sie.
„Wessen Sohn ist er dann?"
Sie wandte den Blick ab. Es war entsetzlich, dass es auf diese Weise so aussah, als hätte sie Jamshid betrogen.
„Nicht einmal mir können Sie es sagen, Rosalind. Meinen Sie, Sie können damit leben, als die Frau betrachtet zu werden, die einen Kronprinzen betrogen und damit eine ganze Nation um ihren rechtmäßigen Sultan gebracht hat?"
„Ich habe niemanden betrogen! Ich war schwanger und verlor Jamshids Baby. Und dann ... und dann
..."
Angelegentlich blickte er auf seinen Teller, als wollte er nicht Zeuge ihrer Verlegenheit sein.
„Na schön", sagte Najib. „Sie
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