Garan - Der Ewige
moosbewachsene Lichtungen und durch lichte Täler voll seltsamer duftender Blumen. Der Fluß, dem sie folgten, teilte sich zweimal, bevor sie ihm den Rücken zuwandten und über das Wiesenland auf die Kraterwand zustrebten.
Plötzlich warf Thrala den Kopf zurück und pfiff hoch und schrill. Und gleich darauf erschien über ihnen in der Luft ein gelb-schwarzes Insekt, so groß wie ein Falke. Zweimal kreiste es um Thralas Kopf und setzte sich dann auf ihre ausgestreckte Faust.
Der dicke Körper des Gibi war kohlrabenschwarz, die gebogenen Beine, drei auf jeder Seite, leuchtend gelb. Der runde Kopf endete in einem scharfen Schnabel, und es hatte große Facettenaugen. Die Flügel waren schwarz mit einem leichten Goldhauch.
Thrala rieb den runden Kopf, und das Insekt schnäbelte zärtlich an ihrer Wange. Dann streckte Thrala ihren Arm wieder aus, und das Gibi flog davon.
»Wir werden jetzt erwartet und können ungehindert passieren.«
Kurz darauf nahmen sie ein Murmeln und Summen in der Luft wahr. Vor ihnen erhob sich die Kraterwand, und angesichts ihrer Höhe erschienen die Bäume davor winzig.
»Das ist die Stadt der Gibis«, bemerkte Dandtan.
An dem Felsen klebten die Türme und Türmchen vieler achtseitiger Zellen.
»Sie bereiten sich auf die Großen Nebel vor«, erklärte Thrala. »Wir werden Gesellschaft bekommen auf unserem Weg zu den Höhlen.«
Sie erreichten den Fluß der Felswand, und über ihren Köpfen ragten schwindelerregend die Wolkenkratzer aus Wachs empor. Eine große Wolke von Gibis schwebte über ihnen und drängte sich um Thrala. Das sanfte Schwirren ihrer Flügel erfüllte die Luft. Ein großes Gibi von außergewöhnlicher Schönheit näherte sich. Die anderen flatterten davon, und Thrala begrüßte die Königin der Gibis als eine Ebenbürtige. Dann wandte sie sich an ihre Gefährten, um die Nachricht weiterzugeben, die ihr die Gibi-Königin überbracht hatte.
»Wir sind gerade noch rechtzeitig gekommen. Morgen verlassen die Gibis ihre Stadt. Die Morgels haben den Fluß überquert und sind außer Rand und Band. Anstatt uns weiter zu verfolgen, verwüsten sie jetzt die Wälder. Ganz Tav ist vor ihnen gewarnt worden. Aber vielleicht werden sie von dem Nebel überrascht und so vernichtet. Wir sollen uns in einer Felsspalte ausruhen, und ein Gibi wird uns benachrichtigen, wenn es wenn es Zeit ist, aufzubrechen.«
Garin wurde durch ein Murmeln geweckt. Dandtan kniete neben ihm.
»Wir müssen gehen. Die Gibis versiegeln die letzten ihrer Zellen.«
Sie aßen hastig etwas Korn- und Honigkuchen, und dann erhielten sie einen weiteren Besuch der Königin. Die ersten des Schwarms flogen bereits nach Osten.
Die drei setzten ihren Weg über das Wiesenland fort, während die Gibi-Nation wie eine Wolke über ihnen hing. Der Purpurne Dunst wurde dichter, und hier und da entstanden seltsame Gebilde, ähnlich den Staubteufeln der Wüste. Die tropische Hitze von Tav nahm zu, und der Boden selbst schien zu dampfen.
»Die Nebel ziehen sich zusammen. Wir müssen uns beeilen«, keuchte Dandtan.
Sie durchquerten die Waldspitze am Rand der Wiesen und erreichten die Zentralebene von Tav. Überall herrschte brütende Stille. Die Ana, die auf Garins Schulter hockte, erschauerte.
Jetzt fielen sie in einen leichten Trab. Die Gibis über ihnen flogen dicht nebeneinander.
Einmal brach Thrala fast in Tränen aus. »Sie fliegen nur unseretwegen langsam. Und es ist noch so weit!«
»Seht mal!« Dandtan deutete auf die Ebene. »Die Morgels!«
Die Morgelmeute, von Panik getrieben, lief mit hüpfenden Sprüngen keine dreihundert Meter entfernt an ihnen vorbei. Sie fletschten die Zähne, wichen jedoch nicht von ihrem Kurs ab.
»Sie sind bereits so gut wie tot«, bemerkte Dandtan. »Es bleibt ihnen nicht mehr genügend Zeit, den Schutz der Höhlen zu erreichen.«
Die drei wateten durch einen flachen Bach und begannen zu rennen. Dann verließen zum erstenmal Thrala die Kräfte, und sie blieb zurück. Garin gab Dandtan die Ana, und bevor Thrala protestieren konnte, nahm er sie auf die Arme.
Der Dunst wurde immer dichter und legte sich wie ein Vorhang um sie. Schwarzes, seidenweiches Haar strich um Garins Kehle. Thralas Kopf lag auf seiner Schulter, und ihre Brust hob und senkte sich heftig, während sie keuchend die schwüle Luft einsog.
Dann waren sie plötzlich mitten in einer Schar des Volkes, und eine der verhüllten Gestalten lief mit einem Freudenschrei auf Thrala zu. Es war Sera, die ihre Herrin willkommen
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