Garan - Der Ewige
Hintergrund, während Anatan auf die Quittung wartete.
Wir gingen die Rampe hinunter, die zur Straße führte, und mischten uns dort unbemerkt in die Menschenmenge. Yu-Lac war nach Einbruch der Nacht stets voller Leben.
»Zur Rechten!« bedeutete uns Anatan.
Ich hielt tatsächlich den Atem an, als ich den Palast zum erstenmal sah. Ein Vermögen mußte ausgegeben worden sein, um diesen Traum erstehen zu lassen. Die Wände, mit geschnitzten Tieren und Blumen verziert, bestanden aus einem cremefarbenen Kristall, den ein rosenfarbener Hauch überzog, der in der Tiefe in einen Safranton überging.
Das breite Portal war den Vorschriften gemäß offen, aber ein dünner, schimmernder Vorhang verbarg den Augen zufälliger Passanten das Innere. Auf den zwölf rosenfarbenen Stufen lagerten die Leibwächter und Diener in den Livreen von mindestens einem halben Dutzend der wohlhabendsten Lords der Stadt. Alle Kasten – außer der militärischen – waren vertreten.
Ein schlankes braunes Sklavenmädchen mit den herausfordernden schrägen Augen einer Teriationin zog den Vorhang für uns beiseite. Sie lächelte mich schelmisch an.
»So gibst du uns heute abend die Ehre, Lord Garan?«
Meine Hoffnung, unerkannt zu bleiben, war dahin.
»Gewiß, Mondblume. Soll ein bescheidener Krieger der Flotte von euren Freuden ausgeschlossen werden?«
»Niemals!«
Sie lachte seltsam. Dann zog sie aus ihrem Gürtel eine dieser flötenartigen Pfeifen ihres heimatlichen Wüstenlandes und blies einen dunklen, wohlklingenden Ton.
Eine schmale weiße Hand glitt durch den Vorhang und winkte uns herein.
Die Teriationin lächelte wieder. »Die Führerin erwartet euch, mein Lord. Trete ein!«
Und ich ging mit meinen beiden Gefährten durch den Schlitz im Vorhang.
4.
Die quadratische Eingangshalle hinter dem Vorhang wurde von einer der neuen Sonnenlampen in weiches, gelbes Licht getaucht. Vor uns lag ein breiter Bogengang, purpurn und metallisch-grün verschleiert. Mit der Hand an diesem zweiten Vorhang wartete unsere Palastführerin, ein Mädchen von den Eisgestaden von Nord-Ahol. Ihre zierliche Gestalt war in bernsteinfarbene Seide gehüllt, und breite Kupferbänder umspannten ihre Brust und Taille. Die kunstvoll verwirrte Masse ihres rotgoldenen Haares verbarg fast vollständig ihr Gesicht.
Bei unserem Eintritt sank sie auf die Knie und berührte mit den Handflächen den Boden.
»Wollen die edlen Lords mir bitte folgen?«
Ihre Stimme war hoch und dünn, aber nicht unangenehm.
Zacat zupfte mich am Arm. »Sie scheinen sich allzusehr über unser Kommen zu freuen, mein Junge. Ich habe das Gefühl, daß wir geradewegs in eine Falle laufen.«
Ich drückte warnend seine Finger. Aber auch ich hatte ein merkwürdiges Gefühl. Meine Haut begann zu prickeln. Dennoch ging ich ohne zu zögern durch den Vorhang.
Wie eine goldene Schale war der Raum geformt, in dem wir uns nun befanden. Er war oval und umgeben von zwanzig Bogengängen gleich jenem, durch den wir gekommen waren, und jeder war mit einem Vorhang verschleiert, dessen Farben ineinanderflossen. Über uns bildeten die Wände eine Kegelspitze, die offen war und den Sternenhimmel sehen ließ.
Von unserem Standort aus führten eine Reihe breiter Stufen, die den Raum einkreisten, abwärts. Im Mittelpunkt dieser immer enger werdenden Ringe befand sich eine flache, ovale Grube, aus der parfümierter Dampf emporkräuselte. Die massiven Stufen waren mit kostbaren metallischen Geweben belegt, Rundflaschen aus juwelenbesetztem Stein standen herum, und auf kleinen Tischchen häuften sich Leckerbissen. Hier hielten sich die meisten auf, die vor uns gekommen waren, und ließen sich von den Schönen des Palastes verwöhnen.
Und sie waren wirklich schön. Nie zuvor hatte ich alle Rassen, die es unter Krands Sonne gab, an einem Ort versammelt gesehen, und jede war auffallend in ihrer reizvollen Eigenart, jede ein vollendetes Musterexemplar ihrer Rasse.
Ich hörte, wie Anatan tief Luft holte, und Zacat schmunzelte.»Es müßte ein Vergnügen sein, diesen Ort zu plündern«, bemerkte er trocken. »Es ist nicht schwer zu verstehen, warum diese Paläste jenen, die unter dem Rang eines Kommandanten stehen, verschlossen bleiben. Ein paar meiner ruianischen Jungens hier drin ...«
»Bei Atem von Zant«, warf Anatan ein, »seht euch das Mädchen in Schwarz an! Habt ihr ihresgleichen schon gesehen?«
Er deutete auf eine der lapidianischen Höhlenbewohner. Ihr Haar, schneeweiß gebleicht im Laufe der
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