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Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)

Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)

Titel: Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Ulrich Grimm
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kämpfen, schon vor der Geburt.
    Zum Glück kennen sie sich in der Ulmer Geburtsklinik aus mit solchen Problemen. Es herrscht eine angenehme Atmosphäre, vor allem in den Kreißsälen. Schwestern und Hebammen laufen geschäftig herum, in blauen Kitteln, weißen Hosen, Ärzte im grünen OP-Dress, manche mit Mundschutz.
    Die Sonne strahlt von oben herein, durch ein Oberlicht in der Decke, in der Mitte steht ein Empfangsdesk, an den Wänden hängen bunte Druckgrafiken, Picasso, Miró.
    Kurz vor der Geburt war Frau Willburger natürlich trotzdem nervös: »Die letzten Stunden, das war für mich ganz schlimm. In der Schwangerschaft bist du ja sowieso empfindlich. Da hat man ja auch Angst. Weiß ja niemand, wie sie rauskommt, wie weit das entwickelt ist.« Es soll ein Mädchen werden, so viel war sicher. »Sie wollte ja noch nicht kommen. Aber dem Dr. Reister war es dann zu gefährlich. Strammes Geburtsgewicht, sagte er. Dann hat man sie holen müssen. Es war jetzt am Ende einfach zu viel. Das war ein Schock, weil er gesagt hat, es kann gut sein, dass sie noch nicht reif genug ist.«
    Dr. Frank Reister ist Leiter der Abteilung für Geburtshilfe an der Universitätsklinik in Ulm. Er ist Perinatologe, ein Spezialist für die Zeit um die Geburt, ein Experte für Schwangerschaften mit besonderen Risiken, er war zwei Jahre in Kanada, hat in Toronto das neue Spezialgebiet studiert. Dr. Reister hat einen sehr kräftigen Händedruck und muskulöse Oberarme. Er macht Taekwondo, fernöstlichen Kampfsport.
    Für ihn war klar, dass er das Baby schnell zur Welt bringen muss, bevor der Zucker noch weiter wirken kann. Der Arzt hat immer wieder mit Babys zu tun, die unter erhöhter Zuckerlast zur Welt kommen. Noch sind es nicht viele, im Durchschnitt knapp vier Prozent. Aber die Zahl hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Von 100 Müttern in Ulm sind schon zehn betroffen von dem neuen Phänomen namens »Schwangerschaftsdiabetes«.
    Es sind Mütter, die eigentlich selbst noch nicht zuckerkrank sind, aber knapp an der Grenze liegen, und die Hormonveränderungen in der Schwangerschaft treiben die Werte dann übers Limit, der Zucker schwappt hinüber zum Baby: »Die vermehrte Zufuhr von Zucker über die Nabelschnur hat genau die gleichen Folgen, wie wenn wir zu viel Zucker essen. Wir werden fett.« Und mit jedem Gramm steigt die Gefahr für die Mutter, ihr Baby – und vielleicht sogar die nächsten Generationen, sagt Dr. Reister: »Schon bei der Geburt wird es schwieriger. Dadurch, dass sie dieses größere Kind, dieses vollgefressene Kind, gebären muss, hat sie ein höheres Risiko für einen Kaiserschnitt, für Wundheilungsstörungen, auch Harnwegsinfekte sind häufiger. Das größere Problem ist aber wahrscheinlich das Kind. Die Kinder werden sozusagen auf Zucker programmiert. Auch über Generationen hinweg. Vor allem, wenn das Zuckerangebot in der Umwelt erhöht ist. Die entsprechenden Gene werden aktiviert. Und wenn die wieder Kinder kriegen, geht das bei denen so weiter.«
    So beginnt das süße Leben heute immer öfter schon, bevor die Kinder das Licht der Welt erblicken. Das klingt natürlich schöner, als es ist. Eigentlich ist es eher eine Belastung – und zwar fürs ganze Leben. Die Kindheit findet ja ohnehin unter erhöhtem Zuckerdruck statt. »Viele, viele bunte Smarties!« – »Haribo macht Kinder froh!« – »Kin-der-scho-ko-lade!«
    Eigentlich brauchen Kinder keinen Zucker, keine Süßigkeiten, und wenn man sie lässt, ohne den Angebotsdruck, dann hält sich ihre Lust auf Süßes überraschenderweise sehr in Grenzen. Heute aber erscheint das Süße in der Kindheit wie eine höhere Gewalt. Die Verwandten, die Nachbarn, die Kindergartenfreunde, selbst der Portier im Hotel, alle erscheinen als Agenten des Süßen und strecken ihre Arme nach den Kleinsten aus, mit Lollis, Eis, Bonbons, Überraschungseiern.
    Doch der kleine Mensch ist nicht ausgelegt für die Zuckerlasten, mit denen er jetzt konfrontiert wird. Der kindliche Körper muss kapitulieren. Die reine Energie des Zuckers überfordert die kleinen Gehirne, die Körperzellen. Zu allem Überfluss steigert sich das Ganze noch, das ständig vorhandene Süße stellt die Regler für das Geschmacksempfinden höher, süß, süßer, übersüß. Es muss alles immer süßer sein.
    Durch die Übersüßung werden die Kinder auch auf Krankheiten programmiert. Zwar ist es meist genetisch vorgegeben, ob Kinder ein erhöhtes Risiko für die zuckerbedingten Leiden haben.

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