Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)
leicht für sie, und sie müssten nicht mehr ins Krankenhaus. So sieht es auch Dr. Weghuber. Aber er sieht die Sache realistisch.
Weghuber: »Das ist wohl leider illusorisch. Das wäre nur möglich in der besten aller Welten. Aber das würde ich mir wünschen.«
»Wirklich? Dann würden Sie doch die schönen Forschungsmillionen von der EU nicht kriegen.«
Weghuber: »Das wäre mir völlig egal. Ich gebe zu, das ist für uns natürlich interessant, weil wir Mitarbeiter davon bezahlen können. Aber ich würde mich gern auch um andere Probleme kümmern. Ich würde mich gern auch um die präventiven Maßnahmen kümmern. Das ist auch nur eine Studie von vielen.«
»Von Red Bull bekommen Sie auch Geld?«
Weghuber: »Nein, ich krieg da kein Geld, genauso wenig wie von anderen Softdrink-Herstellern.«
»Würden Sie denn Geld von Red Bull nehmen?«
Weghuber: »Für eine unabhängige Forschung, grundsätzlich ja. Das heißt, wenn keine Bedingungen daran geknüpft wären.«
»Aber das würde Sie doch auch einschränken bei den Empfehlungen an Eltern und Kinder?«
Weghuber: »Na ja, ich würd’ mir herausnehmen, trotzdem zu sagen, Red Bull gehört zu jenen Lebensmitteln, die nicht günstig sind.«
»Weil sie die Kinder dick machen?«
Weghuber: »Ja. Zudem sind anregende Getränke nicht für Kinder geeignet.«
»Das würden Sie trotzdem sagen?«
Weghuber: »Sicher. Es ist ja so. Weil mit so einer Finanzierung aber immer ein Interessenkonflikt im Raum steht, ist mir eine unabhängige Finanzierung lieber.«
Er muss es wissen, er sieht sie ja immer wieder, die Kinder, und weiß, woran es liegt, wenn sie dick und krank werden, und wie schwer es für sie ist, sich loszusagen von den Dickmachern, wenn sie sich schon daran gewöhnt haben.
Wenn Dr. Weghuber allerdings oft vergeblich versucht, den Drang nach Süßem zu bekämpfen, dann kann es auch daran liegen, dass dieser Drang schon sehr früh entstanden ist. Denn immer häufiger zeigt sich jetzt, dass Mechanismen am Werk sind, die tief verankert sind, nicht von Natur aus, sondern durch die Allgegenwart des Süßen in der Nahrung. Und die kann dazu führen, dass die Kinder auf Zuckergier programmiert werden, schon vor der Geburt, schon im Mutterleib. Weil heute auch dort bereits oft ein allzu süßes Milieu herrscht.
4. Kleine Vampire
Wie die Kinder auf Süßes programmiert werden
Gierig nach Zucker, schon vor der Geburt / Auch der nette Herr Hipp wirft mit Zuckerbomben – schon morgens zum Frühstück / Schwarze Löcher im Gebiss – Milupa musste zahlen / Zucker macht zappelig / Wer Softdrinks liebt, greift häufiger zur Waffe / Weißes Pulver gegen graue Zellen: wie Zucker nicht nur Kindern auf den Geist geht
F ür sie waren es aufregende Stunden, es ging ja schließlich um ihr Baby. Als sie in die Klinik kam, war es eigentlich noch nicht so weit. Aber die Zuckerwerte waren zu hoch, und so behielt sie der Doktor gleich da, aus Vorsicht. Sie war natürlich beunruhigt.
»Am Mittwoch bin ich rein, am 11. Juli, eigentlich nur zur Besprechung. Aber dann haben sie mich nicht mehr heimgelassen, weil ihnen mein Zuckerwert nicht gefallen hat. Wenn da was nicht stimmt, dann nehmen die Kinder zu schnell zu, wachsen zu schnell, und da kann es eben passieren, dass andere Dinge drunter leiden. Wie natürlich Lungenreife und sonstige Reife.«
Mit solchen Problemen haben sie jetzt öfter zu kämpfen, hier in der Universitäts-Frauenklinik Ulm, oben auf dem Berg über der Stadt. Ein bisschen Anspannung herrscht natürlich immer, wenn ein neues Leben beginnt. Überall sind Frauen mit dicken Bäuchen und aufgeregten Männern unterwegs, manche auch schon mit Baby oder älteren Kindern. Für sie gibt es gegenüber dem Eingang einen Kindergarten, mit Rutsche, Sandkasten, Schaukel, einem Dinosaurier aus Plastik, daneben eine kleine Grünanlage, mit Bäumen und Büschen.
Janette Willburger hat schon zwei Jungs, mit ihnen ist alles okay. Sie kam von ihrem Bauernhof, eine knappe Autostunde weiter südlich. Jetzt war sie in Sorge, dass ihr Baby ein Sumo-Baby wird, wie heute viele sagen. Sumo-Baby, das klingt vielleicht süß. Doch wenn sie schon so dick auf die Welt kommen, dann hat das Folgen für ihr ganzes Leben. Sie haben zu viel Zucker im Blut, was eigentlich auch nicht schlimm klingt, im Vergleich zu anderen Problemen wie Krebs oder Herzschäden. Aber genau das kann ihnen blühen, später im Leben, wenn jetzt nichts unternommen wird. Die Sumo-Babys haben mit dem Zucker zu
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