Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)
die Uhren für den Gatten zu 600 000 Dollar. Die Leute schlendern an den Geschäften vorbei, die meisten nicht mehr ganz jung, manche mit Hündchen.
Eben biegt, vom Ocean Boulevard, ein Rolls-Royce ein, am Steuer eine ältere Blonde. Vor Tiffany’s, dem Juwelier, parkt ein weißes Bentley Cabrio, ein Herr steigt aus, Baseballkappe, Shorts, eine blaue Sonnenbrille in der Hand, und verschwindet im dunklen Eingang.
Willkommen in Palm Beach, Florida, dem Refugium der Reichen. Hier lebt nicht nur die reichste aller Zuckerfamilien, hier treffen sich auch die anderen Zuckerbarone dieser Welt, auch die deutschen Branchenkönige und die Repräsentanten der deutschen Zuckerbauern, in einem Hotel am Meer, das eher einem Palast gleicht.
Es gibt viele prachtvolle Villen, manche im toskanischen, andere im Kolonialstil, mit Balkonen und Balustraden, oder moderne, blendend weiß im Bauhaus-Look. Aber nur vor einer liegt so eine schöne Yacht, zuckerweiß und mehrstöckig, die 30-Meter-Yacht »Crili«, daneben noch ein kleineres Boot mit den Aufbauten für das Hochseeangeln. Hier wohnt Alfy, in seiner 1100-Quadratmeter-Villa. Sein Bruder Pepe lebt auch in der Stadt, auf 1200 Quadratmetern, und wenn der Platz nicht reicht, haben sie noch Reserven, zwölf Prozent der Flächen hier gehören der Familie, insgesamt sind es 630 Quadratkilometer Land in Palm Beach County, Florida, USA.
Alfonso »Alfy« Fanjul war einst mit Bruder José, genannt Pepe, und der ganzen Familie hierhergeflohen, heute herrschen sie über das größte Zuckerimperium der Welt, mittlerweile hat die nächste Generation schon die Führung übernommen. Auch in Europa sind sie präsent, ihr Zucker ist in Deutschland zu haben. Die Familie Fanjul besitzt Zuckerfirmen wie Florida Crystals in Palm Beach, die American Sugar Refining Inc., die größte Zucker-Company der Welt, sie kaufte 2010 die britische Zuckerfirma Tate & Lyle für 314 Millionen Dollar (240 Millionen Euro). Insgesamt produzieren die Familienunternehmen sieben Millionen Tonnen Zucker pro Jahr.
Sie gehören in der Geschichte des Zuckers, in der es auch viele Verlierer gibt, ohne Zweifel zu den Gewinnern.
Mit Andrea Stuart und ihrer Familie haben sie nichts zu tun. Sie repräsentiert sozusagen die andere Seite der Welt des Zuckers, die es früher gab und die es auch heute gibt, die Seite der Sklaven von einst und der Kindersklaven von heute, von denen es jetzt sogar wieder mehr gibt, was den Zuckerbaronen dieser Welt sogar ein bisschen unangenehm ist, wenn es an die Öffentlichkeit kommt.
Die Fanjuls sehen sich eher als Wohltäter, sie unterstützen Krankenhäuser, die Universität von Miami und Schulen. Sie sind große Tierfreunde, ihren Lieblingshund Mambo, einen Labrador Retriever, haben sie sogar in Öl malen lassen, 50 auf 60 Zentimeter. Oma Emilia, langjähriges Mitglied im Vorstand des Animal Medical Center in New York, ist aufrichtig erstaunt, wenn jemand Hunde nicht mag.
Gerichtsverfahren wegen Verstößen gegen Arbeitsgesetze haben die Fanjuls gewonnen. Und doch hören die Vorwürfe nicht auf. »Haben Sie jemals Zuckerrohr geschnitten?«, fragt Marie Brenner, Reporterin des amerikanischen Magazins Vanity Fair, den Zuckerbaron Alfy Fanjul, der sie eingeladen hatte zum Lunch auf die »Crili«. »Ich habe Zuckerohr geschnitten«, antwortet Alfy, »und es war so brutal, dass ich es keine 20 Minuten ausgehalten habe.«
Für ihn war es natürlich ein Glück, dass er auf dieser Seite geboren wurde. Beim Zucker gibt es immer zwei Seiten, seit Jahrhunderten schon und heute wieder. Auf der einen Seite gibt es den märchenhaften Reichtum, bei den Zuckerbaronen, und immer noch relativen Wohlstand, wie bei den deutschen Zuckerbauern, die ja jetzt auch auf der ganzen Welt Geschäfte machen.
Auf der anderen Seite gibt es die bittere Armut. Sie scheint weit weg, die Sklaverei, die den Aufstieg des Zuckers zur Weltmacht ermöglicht hat. Doch plötzlich ist die Ausbeutung wieder ganz aktuell, jetzt klebt wieder Blut am Zucker, von der Kinderarbeit profitieren auch die Zuckerkonzerne in Europa, und Kleinbauern irgendwo auf der Welt müssen ihre Felder abgeben für den Zuckerkonsum in Europa. Schon sorgen sich die großen Konzerne wie Coca-Cola, Pepsi und Ferrero, Unilever und Kraft um ihr Image, weil der süße Genuss und auch die Kauflust leiden könnten, wenn für Milchschnitte und Milka, Magnum-Eis und Toblerone Kinder schuften müssen.
Das »weiße Gold« ist auch ein weißes Gift, das Millionen
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