Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)
im Jahr 1654 besucht hatte, zu jener Zeit wie »kleine Prinzen«, sie fuhren herum in großen Kutschen und kleideten sich in feinste Gewänder. Da die Arbeit von den Sklaven erledigt wurde, führten sie ein angenehmes Leben mit Jagen, Fischen, und sie gaben rauschende Feste.
Robert Cooper Ashby, einer der Vorfahren von Andrea Stuart, hatte schon einen relativ entspannten Start in den Tag: »Des Morgens wurde er von seinem Leibsklaven aufgeweckt. Der Sklave öffnete im Zimmer die Jalousien, vom Fenster aus konnte er die gepflegten Grünflächen des großen Hauses übersehen. Dann trug der Sklave Bottich um Bottich kochenden Wassers vom Herd in der Küche nach oben, er füllte die Wanne, um schließlich Robert Cooper einzuseifen und seine Haare zu shampoonieren. Er trocknete ihn sorgfältig, half ihm beim Anziehen und frisierte schließlich sein Haar.« Die anderen Sklaven waren da schon seit Sonnenaufgang unterwegs, sie mussten sich beim Aufseher melden zum Zählappell. Die Abwesenden wurden notiert und später bestraft – mit furchtbaren Methoden.
Zuckerrohr zu schneiden ist eine anstrengende Arbeit mit einer speziellen Technik: Der »Cutter« geht voran, schlingt einen Arm um ein Bündel, beugt sich nach vorne mit der Schulter und haut durch einen schnellen Schnitt mit der Machete das Bündel. Dann schultert er es und legt es ab. Die schwere Arbeit formte die Körper der Arbeiter, Männer wie Frauen, zu einer charakteristischen Silhouette.
Schlimmer noch als die Arbeit im Feld war offenbar der Job in der Zuckermühle, wo das rohe Rohr ausgekocht wurde, einer von vielen Schritten von der Naturpflanze bis zum reinen weißen Pulver. Es war ein Prozess, der manche an Dantes Inferno erinnerte. Der Kolonist und Pflanzer Thomas Tryon (1634–1703) berichtete von den höllischen Zuständen in der Zuckermühle auf der Insel Barbados: »Es herrschen ein unablässiger Lärm und eine immerwährende Hitze, der Mensch kann gar nicht anders, als garstig und auch despotisch zu werden; es ist heiß, und die Arbeit reißt niemals ab, die Bediensteten (oder Sklaven) stehen Tag und Nacht in großen Siedehäusern, wo sechs oder sieben Kupferkessel ständig am Kochen gehalten werden, aus denen sie mit schweren Schöpfkellen und Schaumlöffeln die kotartigen Abfälle des Zuckerrohrs abschöpfen, bis es seine Vollkommenheit und Reinheit erreicht, während andere im Versuch, die Öfen in Gang zu halten, gleichsam bei lebendigem Leib geröstet werden.«
Kein Wunder, dass die Lebenserwartung der Sklaven eher gering war; die meisten überlebten nur wenige Jahre, im besten Fall ein oder zwei Jahrzehnte. Zu den vielen Gründen für die kurze Lebenserwartung gehörte auch der unmenschliche Arbeitsrhythmus. Denn was es nicht gab, war Erholung. Es gab kein »nach der Arbeit«, notierte der Historiker Joachim Meißner in seinem Standardwerk »Schwarzes Amerika. Eine Geschichte der Sklaverei«. Zwar hatten die meisten Sklaven am Samstag frei – aber nicht zur Erholung, sondern zur Arbeit auf eigene Rechnung und für ihre Familien. »Die Engländer lassen sie arbeiten ohne jedes Maß und schlagen sie gnadenlos für das kleinste Vergehen«, schrieb Jean Baptiste Labat (1663–1738), ein französischer Priester und Missionar, der selbst Plantagenbesitzer war: »Und sie scheinen sich weniger um das Leben eines Negers zu kümmern als um das eines Pferdes.«
Der Vergleich scheint typisch für die Einstellungen in den Zuckerkolonien. Wie die Pferde, so wurden auch die Sklaven mit der Peitsche angetrieben. »Die Peitsche ist die Seele der Kolonien«, schrieb der französische Sklavereigegner Victor Schoelcher (1804–1893): »Sie ist die Uhr der Plantage; sie war das Signal zum Aufstehen und fürs Zubettgehen, und sie rief auch zu den Ruhepausen. Der Tag seines Todes ist der einzige, an dem der Schwarze den Weckruf der Peitsche vergessen darf.« Und die Peitsche war auch das Instrument für eine der diversen unmenschlichen Bestrafungsvarianten, die sich nach der »Schwere« des Vergehens richteten, von der Abwesenheit beim Zählappell bis zur Flucht. Viele der Methoden zeugen von ausgeprägtem Sadismus.
»Die einschneidendste Schlagwaffe«, schreibt Andrea Stuart, »war jener Ochsenziemer, der die menschliche Haut mit einem einzigen Hieb aufritzen konnte.« Dann wurde die vorgeschriebene Anzahl von Schlägen ausgeteilt, der Sklave fiel in den Dreck und wälzte sich in seinem Blut. »Manchmal wurde Salz, Limone oder Pfeffer aufgetragen, um die
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