Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)
Thomas Cook oder TUI oder Neckermann. Und ausgedehnte Ländereien, insgesamt 970 Quadratkilometer.
Die »Kindersklaven«, die auch auf den Zuckerrohrfeldern der Familie Fanjul schuften, müssen in Zimmern schlafen, die mit Stacheldraht gesichert sind, und das nicht zum Schutz vor Einbrechern. So stellt es jedenfalls die Human Rights Foundation dar, die einen Film finanzierte über die Verhältnisse auf den Plantagen. Oft fehle es an Toiletten, an sanitären Einrichtungen und an sauberem Wasser. Statt Geld bekämen die Kinderarbeiter Gutscheine für die firmeneigenen Geschäfte, die wiederum den Plantagenbesitzern gehörten, zum Beispiel der Familie Fanjul. Davon handelte der Film »Die Zuckerbabys«. Untertitel: »Die Misere der Landarbeiter der Zuckerindustrie in der Dominikanischen Republik«.
Die Dokumentarfilmerin Amy Serrana deckte auch auf, dass die Zuckerplantagen nur funktionieren, weil jedes Jahr 30 000 Haitianer ins Land gelockt werden, mit Hilfe der Regierung der Dominikanischen Republik. Ein »Netzwerk des Menschenhandels« im Dienste des Zuckers – im 21. Jahrhundert. Ein Fanjul-Vertreter verwies in einer Stellungnahme auf Verbesserungen wie freie Gesundheitsfürsorge und Schulunterricht für die 35 000 Beschäftigten und ihre Familien, die auf den Latifundien der Fanjuls leben.
Die Firmenpolitik passt sich natürlich den Entwicklungen an. Dabei scheint es doch immer so zu bleiben, dass die Familie zu den Gewinnern gehört und es gleichzeitig Verlierer gibt. Das scheint so etwas wie das Gesetz des Zuckers zu sein. Auch jetzt wieder. Jetzt besitzt die Familienfirma den größten Zuckerkonzern der Welt, und jetzt sind auch die europäischen Zuckerkonsumenten betroffen. Denn die Zuckerpolitik wurde liberalisiert, jetzt kommt Zucker von Plantagen irgendwo auf der Welt in die Länder der Europäischen Union. Die gehören wieder zum Fanjul-Imperium.
Und dafür müssen jetzt in Kambodscha Kleinbauern weichen. Dort wurden nach einem Bericht der Nachrichtenagentur AFP Tausende von Kleinbauern enteignet, »um Zuckerrohrfeldern für die boomende Zuckerindustrie Platz zu machen«. Zehntausende Hektar übergab die Regierung nach Angaben von Nichtregierungsorganisationen einheimischen und ausländischen Zuckerunternehmen. Die Entschädigung, die die Kleinbauern dafür erhielten, bezeichnen Aktivisten als nicht ausreichend.
So musste nach dem AFP -Bericht die 68-jährige Witwe Yi Chhav ihr Land hergeben, auf dem sie bisher Reis anbaute. Nun arbeitet sie auf den Zuckerrohrfeldern – für einen Euro am Tag. »Was sollen wir essen, wenn wir uns weigern, auf den Zuckerrohrplantagen zu arbeiten?«, fragt die alte Frau, so der AFP- Bericht, die sich nach eigenen Worten dort wie eine »Sklavin« fühlt. »Es gibt keine Arbeit.«
»Es ist ein Skandal, dass die EU auf ihrem Gebiet den Verkauf unlauter hergestellten Zuckers erlaubt«, empörte sich David Pred von der kambodschanischen Kampagne für sauberen Zucker (Cambodian Clean Sugar Campaign) laut AFP. Solange die Europäische Union solche Produkte, die auf »geraubtem Land« angebaut würden, nicht verbiete, müssten sich die Verbraucher dagegen wehren, fordert er.
Der Zucker aus Kambodscha fällt bemerkenswerterweise unter die »Alles-außer-Waffen-Initiative«, mit der die Europäische Union die ärmsten Länder unterstützen will. Die Europäische Union hat sich nach Angaben ihres Botschafters in Kambodscha, des Franzosen Jean-François Cautain, in den Vorgang eingeschaltet – schließlich ist die Politik der Auslöser für die Umwandlung der Ackerflächen für die Profite der Zuckerbarone. »Wir haben die Regierung gebeten, uns die Unterlagen zu geben, aus denen hervorgeht, wie die Konzessionen vergeben wurden«, sagt Cautain der Nachrichtenagentur AFP. Fast täglich werde über das heikle Thema gesprochen.
Menschenrechtsgruppen und Vertreter der betroffenen Gemeinden in Kambodscha haben jetzt eine Kampagne gestartet. Die europäischen Verbraucher sollen aufgeklärt werden und Druck auf die Zuckerfirma Tate & Lyle machen, damit das Unternehmen keinen »blutigen Zucker« mehr von Lieferanten aus Kambodscha kauft. Tate & Lyle, das ist die britische Zuckerfirma, die der Familie Fanjul gehört. Zucker von Tate & Lyle gibt es jetzt auch in Deutschland, sogar »fairen« Zucker, der ist braun, »Fairtrade Unrefined Demerara« steht auf der Packung, und er ist beispielsweise auf der deutschen Nordseeinsel Sylt erhältlich, im Supermarkt Feinkost Meyer in der
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