Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)
Zuckerhandelsfirmen der Welt. Die Firma hat Verbindungen in alle Welt, besitzt unter anderem Anteile an Zuckerfabriken in Tansania und im südlichen Afrika. In gleich sechs Ländern dort ist AB Sugar engagiert, die Partnerfirma der britischen Rübenbauern: in Südafrika, Malawi, Sambia, Swaziland, Tansania und Mosambik. Die Firma, ehemals British Sugar, Marktführer in Großbritannien, hat außerdem Verbindungen nach Spanien und China.
Lauter Zuckernationen, und alle können mobilisiert werden, wenn er das Kommando gibt, der stattliche Mann im fünften Stock von 1, Canary Square, London. »Wir sind die größte zwischenstaatliche Regierungsorganisation im Rohstoffsektor weltweit«, sagt Peter Baron, und er ist ziemlich stolz darauf. »Bei uns sind die Regierungen Mitglieder, nicht die Industrie. Wir sind unter dem Dach der Vereinten Nationen. Unser Abkommen ist bei der UNO niedergelegt.« Baron ist Agrarwissenschaftler, er hat studiert an der Universität Hohenheim bei Stuttgart, promoviert an der Universität Weihenstephan im bayerischen Freising. Seit 1994 ist er dabei. Er hat die Mitgliederzahl mehr als verdoppelt, von 39 Mitgliedsstaaten auf 86.
In der Internationalen Zuckerorganisation haben Länder zusammengefunden, die sich nicht in vielen Dingen einig sind – aber in dem festen Willen, den Zucker zu fördern.
Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs hatten sich am 6. Mai 1937, natürlich in London, Staaten zur Zuckerförderung zusammengeschlossen, die sich wenige Jahre später bekriegen sollten. Es ging um neue Regeln zur Begünstigung der Zuckerindustrie und der Sicherung des Nachschubs für ihre süßen Branchen. Übergeordnetes Ziel: die Steigerung des Pro-Kopf-Zuckerverbrauchs. Die vereinigten Zuckerstaaten legten, erstmals auf Regierungsebene, Exportquoten fest und vereinbarten Steuersenkungen für die Zuckerbranche. Zentrale Anlaufstelle für alle Vertragsangelegenheiten wurde das Hauptquartier in London.
Alle paar Jahre wieder wird das Abkommen erneuert, und auch der Deutsche Bundestag beschäftigt sich regelmäßig damit. »Wichtige Ziele des Übereinkommens«, so etwa die Bundestagsdrucksache 16 / 10 760, seien die »Förderung und Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der Zuckerpolitik«, auch »zwischenstaatliche Konsultationen über Möglichkeiten zur Förderung der Weltzuckerwirtschaft« sowie ganz allgemein die »Förderung der Zuckernachfrage«. Größere öffentliche Debatten oder gar Proteste gibt es nicht, auch nicht unter den Volksvertretern; es entspricht ja der Tradition und lang geübtem Brauch.
Die großen Zuckerkonzerne der Welt sind bei den Veranstaltungen der Zuckerorganisation der Staaten als Sponsoren beteiligt, Pfeifer & Langen, Südzucker, Nordzucker, die arabische Al Khaleej Sugar, Tate & Lyle Sugars. »Selbstverständlich haben wir engsten Kontakt mit den Industrien«, sagt Mister Baron. »Weil das Lebensblut natürlich in der Industrie läuft und nicht mehr in den Governments.« Heutzutage.
Baron: »Früher haben ja die Regierungen noch viel mehr die Zuckerpolitik definiert und exekutiert. Inzwischen ist praktisch alles privatisiert. Und von daher ist es natürlich für uns wichtig, wenn wir up to date sein wollen, dass wir die Industrie einbeziehen und in unserer Arbeit berücksichtigen, was die Industrie braucht. Wir wollen irgendwie ja schon Service anbieten, der für die von Nutzen ist.«
»Für Sie ist vom deutschen Staat aber das Verbraucherministerium zuständig.«
Baron: »Für uns ist das Verbraucherministerium zuständig, ja.«
»Müssen Sie sich mit denen abstimmen über Ihre Politik?«
Baron: »Ich? Nö. Ich bin unabhängig. Ich bin ja ein internationaler Beamter. Ich stimme mich mit meinem Rat ab. Die EU ist da Mitglied. Nicht Deutschland.«
»Ach so, Sie reden gar nicht mit Deutschland.«
Baron: »Nein.«
»Aha.«
Baron: »Also ich rede natürlich mit denen, weil es Kollegen sind.«
»Aber die haben Ihnen nichts zu sagen.«
Baron: »Nein.«
»Sie haben ja auch praktisch eher die übergeordnete Position.«
Baron: »Die Staaten, aber auch die Industrie, die kommen zu unseren Meetings. Und diese Symbiose aus Regierung und Industrie ist eigentlich das, was uns stark macht.«
»Sie sind sich ja auch einig, was die Unschädlichkeit des Zuckers betrifft, beim Übergewicht zum Beispiel.«
Baron: »Es gibt keine Forschungsergebnisse, die klar Zucker mit einem dieser Krankheitsbilder in Verbindung bringen. Zum Übergewicht
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