Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)
Mundhygiene und Fluorid-Prophylaxe ungenügend sind.«
Die wohlwollende Beurteilung solcher Sachverhalte führen Kritiker darauf zurück, dass die EFSA-Experten eine gewisse Nähe pflegen zu einschlägigen Industriekreisen. So war es auch bei den Mitgliedern der Zuckerrunde: Der Mailänder Professor für Kinderheilkunde Carlo Agostoni war beraterisch für Ferrero tätig. Der Pariser Ernährungswissenschaftler Professor Jean-Louis Bresson bekam Forschungsförderung von Danone sowie den Pharmakonzernen Novartis und Sanofi. Die britische Ernährungsforscherin Susan Fairweather-Tait erhielt Forschungsförderung von Unilever, fungierte als »Scientific Governor« bei der British Nutrition Foundation, die getragen wird unter anderem von British Sugar, Tate & Lyle Sugars, der Ketchupfirma Heinz, dem Schokoriegelkonzern Mars, von Coca-Cola, Pepsi-Cola, Kellogg, Nestlé, Unilever.
Der nordirische Ernährungschemiker Professor Sean (J.J.) Strain, war Mitglied im Aufsichtsrat bei der Industrielobbyvereinigung ILSI, Berater beim Pringles-Konzern Procter & Gamble, auch bei Danone, und er bekam Forschungsförderung von Nestlé sowie vom holländischen Zusatzstoffkonzern DSM. Andere Gremiumsmitglieder waren tätig für Nestlé, Hipp, Danone, Unilever. Der Vorsitzende, der irische Professor Albert Flynn von der Universität Cork, gab eine ganze Reihe von Verbindungen zur Industrie an: Verwaltungsratsmitglied beim Lobbyverband ILSI, Mitglied des Gesundheits- und Wellness-Beraterkreises beim Milka-Mutterkonzern Kraft, er bezog Forschungsförderung von Danone, von Kellogg und von Masterfoods. Der verdiente Chairman Flynn war auch in Palm Beach dabei gewesen bei der Tagung der World Sugar Research Organisation (WSRO).
Ihr Hauptquartier hat die Weltvereinigung der Zuckerindustrie, natürlich, auch in London. Es ist allerdings überraschend unauffällig untergebracht, man könnte fast sagen: versteckt. Die Adresse klingt eigentlich auch ganz respektabel: World Sugar Research Organisation, 70 Collingwood House, Dolphin Square, London, SW1V 3LX. Es ist ein größerer Block, ein paar Schritte von der Themse, mit grünem Innenhof, Backsteingebäuden. Im Collingwood House gibt es ein renoviertes Entree, mit Glastüren, einem Aufzug zu den vornehmen Apartments. Aber kein Büro. Überhaupt keine Anzeichen für irgendeine Form von Geschäftstätigkeit. Erst die freundlichen Leute von der Security geben den Tipp: Neben dem Eingang führt eine Rampe hinab in die Tiefgarage. Und dort, tatsächlich, gibt es auch ein Büro, neben verstaubten Autos, einigen Minis, einem Ford Ka, einem Skoda Fabia; weiter hinten steht auch ein alter Bentley, ein Ferrari, ein Aston Martin.
Hier findet sich die Weltzentrale der Zuckerlobby, gleich neben der Rampe, an der Ecke, hinter einem Schaufenster mit einer typischen Bürosichtblende, jenen Vorhängen aus zehn Zentimeter breiten herabhängenden Streifen, die Vertikalanlage genannt werden. Daneben eine blaue Tür mit Messingbriefschlitz. »WSRO«, steht da, und: »World Sugar Research Organisation«.
Die mächtige World Sugar Research Organisation, deren Chefs in den prächtigsten Hotelpalästen tagen: Die Angestellten in ihrer Zentrale sehen kein Tageslicht. Fast möchte man Mitleid mit ihnen haben, die fast wie Lakaien für die Zuckerbarone die Wühlarbeit machen und auch noch so hausen müssen, im Untergrund, in einem verstaubten Ambiente, das aussieht wie ein Museum für Bürokultur, Stahlschränke, Hängeordner, Schreibtische, Freischwingerstühle. Ein paar Computer gibt es immerhin schon.
Oben auf dem Stahlschrank steht, in metallenen Lettern, ein Name: »Richard Cottrell«. Das ist der Geschäftsführer, der Mann, der die Interessen der größten Zuckerkonzerne dieser Welt vertritt. Er ist noch nicht im Büro.
Peter Baron wiederum, der die Zuckerförderung auf staatlicher Seite vertritt, kennt ihn gut: »Cottrell hat die Sitzung jetzt gemacht in Amerika. Also wenn der so ein Meeting vorbereitet, vorher und hinterher, da hat der kaum Zeit zum Schnaufen. Aber der ist sehr gut, die machen auch sehr solide Arbeit. Und da wird eben objektiv gearbeitet, wir hatten zum Beispiel Wissenschaftler aus verschiedenen Ländern, die ebendiese Fragen diskutieren.« Sie haben sich sozusagen die Arbeit aufgeteilt: Mr. Baron organisiert die staatliche Unterstützung. Wenn es um Gesundheitsfragen geht oder Fragen der Forschung, verweist er an die Kollegen von der Industrie: »Dafür haben wir die World Sugar Research
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