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Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)

Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)

Titel: Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Ulrich Grimm
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Großbritannien beispielsweise repräsentiert der Bauernverband National Farmers Union (NFU) die Rübenbauern. Sie sind partnerschaftlich verbunden mit dem größten britischen Zuckerkonzern AB Sugar, ehedem British Sugar, mit seinen weltweiten Verbindungen. Und die Farmerlobby arbeitet traditionell so eng mit dem Agrarministerium zusammen (Ministry of Agriculture, Fisheries and Food, MAFF), dass es manchen schon als »politischer Flügel« der Bauernvereinigung gilt.
    In Amerika ist natürlich die Beziehung zum Präsidenten wichtig. Glücklicherweise sind die politischen Ansichten beim größten Zuckerkonzern der Welt traditionell ausgewogen verteilt: In der Eigentümerfamilie Fanjul vertritt Alfy die Demokraten und Pepe die Republikaner. Welche Partei auch immer den Präsidenten stellt: Die Zuckerfamilie steht hinter ihm.
    In den USA wurde die enge Nähe der Familie Fanjul zur Spitze des Staates sogar für die Geschichtsbücher dokumentiert, in einem historischen Moment, festgehalten in einem amtlichen Report. Alfy Fanjul, Senior der Zuckerdynastie, rief beim damaligen Präsidenten Bill Clinton just in dem Moment an, als dieser eines seiner »Meetings« mit der weltberühmten Praktikantin Monica Lewinsky hatte. Es war genau um 12.24 Uhr. Er hatte ein Anliegen in Sachen Zuckerpolitik, musste nur ein Weilchen warten, bis die Praktikantin aus dem Zimmer war. Das Telefonat dauerte dann genau 22 Minuten, von 12.42 Uhr bis 13.04 Uhr, so der amtliche Report des Sonderbeauftragten Kenneth Starr über die Lewinsky-Affäre.
    Als Ausdruck ihrer staatsbürgerlichen Verpflichtung spendet die Familie auch großzügig bei den Präsidentschaftswahlen für die Kandidaten beider Parteien. Alle bisherigen Präsidenten bekamen Wahlkampfhilfe von den Fanjuls. Hunderttausende Dollars sind es regelmäßig, manchmal ein paar Millionen. Auch in Deutschland überwies Südzucker regelmäßig Zehntausende von Euro an die wichtigsten Parteien, vor allem an die Christdemokraten.
    Früher ging es noch um ganz andere Summen, und die Spitzen der Staaten waren persönlich und ganz direkt ins Zuckergeschäft involviert. Natürlich partizipierten die Führer der Nationen durch die Steuern und Zölle vom Zuckerverkauf, viele aber hatten sich auch selbst engagiert, im Anbau oder im Handel. Auch in Deutschland erfreute sich der Zucker der Unterstützung von oberster Stelle: Sogar der deutsche Rübenanbau ist das Ergebnis königlicher Wirtschaftsförderung.
    »Zucker bildete überall die Grundlage für Wohlstand und nationale Größe«, sagt der amerikanische Zuckerkritiker William Dufty (»Zucker-Blues«). »Plantagenbesitzer, Pflanzer, Händler und Schiffseigner hatten sagenhafte Vermögen angehäuft, und die europäischen Königshäuser waren einzig darauf bedacht, sich selbst ein möglichst großes Stück vom Kuchen zu sichern.«
    Der französische König Ludwig XV. hatte sogar das riesige Kanada gegen ein paar winzige Zuckerinseln in der Karibik getauscht, darunter Guadeloupe, Santa Lucia und Martinique. In Frankreich war der Zucker um 1700 der wichtigste Exportartikel. Zugang zu den Zuckerquellen war ein übergeordnetes Ziel politischen Handelns, auch im Nachbarland Spanien, das sozusagen bei der Zuckerförderung Pionierleistungen vollbracht hatte – so erfolgreich, dass König Philipp II. schon um 1560 von den Steuern aus dem Zuckerhandel die wunderbaren Paläste in Madrid und Toledo bauen lassen konnte.
    Am wichtigsten aber war der Zucker für England: »Nichts konnte den Geldbeutel des Königs so bereichern wie der Zucker«, konstatierte der Händler Thomas Tryon (1634–1703), der zeitweilig selbst eine Plantage betrieb. Um 1860 herum wurde das Wort »Sugar« in der englischen Sprache sogar zu einem Synonym für Geld. »Das Wohlergehen, der Ruhm und die Größe Englands wurden vom Zucker stärker gefördert als von jeder anderen Handelsware«, behauptete Sir Dalby Thomas (1650–1711), Händler und Chronist der karibischen Kolonien. »Der Zucker war den Engländern unentbehrlich geworden, sie mit Zucker zu versorgen war ebenso eine politische wie eine ökonomische Notwendigkeit«, schreibt der amerikanische Anthropologe Sydney W. Mintz in seinem Standardwerk »Die süße Macht«, er »stärkte und stabilisierte das Empire und die Klassen, die dessen Politik bestimmten«. England war das Maß aller Dinge in der Welt des Zuckers. England führte die meisten Kriege, eroberte die meisten Kolonien, importierte die meisten Sklaven und war

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