Garantiert wechselhaft
Henna?»
«Henna?»
«Ja! Der Gustl ist im Garten herumgerannt und hat Henna gesucht. Und da habe ich ihm ein Päckchen von Marie angeboten.»
«Und? Hat ers g’nommen?»
«Nein. Er hat mich nur groß angeschaut und ist verschwunden.»
Gundi kicherte. «Der Gustl hat sei Huhn g’sucht. Seine Hennen. Verstehst?» Mein dummes Gesicht brachte sie noch mehr zum Lachen. «Des werd schon noch mit dei’m Fränggisch», sagte sie. «A Bäggla Henna … Des muss ich mer merken.» An der Küchentür drehte sie sich noch mal um. «Und vergiss fei ned, dei Holz abzudegg’n! Der Wedderbericht hat Regen gemeldet!»
Jetzt, wo das erste große Problem kurz vor der Lösung stand, flutschte die Arbeit nur so. Ich arbeitete zügig durch, und als ich das nächste Mal auf die Uhr sah, war es höchste Zeit, Mittagessen zu kochen.
«Hi Mom!» Marie kam bepackt in die Küche und drückte mir einen dicken Umschlag in die Hand. «Post für dich.»
Neugierig riss ich die Versandtasche auf. «Und wie war es heute in der Schule?»
«Ganz okay», sagte Marie. «Ich bin in Mathe drangekommen. War ganz easy. Was ist das?»
«Einladungen für die Tupperparty.» Ich drückte ihr eine in die Hand. «Ich habe beschlossen, alle Frauen aus dem Dorf dazu einzuladen. Integration hoch drei, wenn du verstehst, was ich meine.»
Marie nickte anerkennend. «Marios Oma steht voll auf Tupper», sagte sie.
«Du scheinst ja schon die ganze Familie zu kennen», sagte ich. «Wie sind denn seine Eltern so?»
Marie zuckte die Schultern. «Keine Ahnung. Die sind immer am Arbeiten. Aber die Omi ist voll nett.»
«Kann ich dich denn mit Gnocchi und Pilzsoße beglücken?»
«Mmmh!» Marie umarmte mich. «Du bist nicht nur nett, du bist ’ne Wucht!»
«Fühlst du dich hier eigentlich sehr einsam?», fragte Marie, als wir vor unseren leeren Tellern saßen.
«Wie kommst du denn darauf?»
Marie tippte auf die Einladungen. «Weil du so etwas veranstaltest. Ist doch überhaupt nicht dein Ding, oder?»
«Das stimmt allerdings. Aber es ist bestimmt eine gute Möglichkeit, ein paar Leute kennenzulernen. Bis jetzt sieht es damit ja eher mau aus.»
«Führen diese Frauen sich immer noch so blöd auf?»
Ich dachte an die Szene im Aldi. «Ja, irgendwas haben die gegen mich, und ich habe keine Ahnung, was. Hoffentlich klärt sich das alles an diesem Abend.»
«Klappt bestimmt!» Marie schnappte sich das Begleitschreiben. «Hier steht, dass man die Gäste am besten persönlich einladen soll. Willst du das machen?»
Auch mir war dieser Satz sofort ins Auge gesprungen. «Ich glaube nicht, dass das in meinem Fall sein muss», sagte ich. «Schließlich kenne ich außer Gundi niemanden persönlich. Und ich habe nicht die geringste Lust, mir wieder eine Abfuhr von diesen Schnepfen einzuholen.»
Marie schaute mich mitfühlend an. «Das Gefühl kenne ich. Ich werde auch oft blöd angemacht, nur weil ich anders aussehe.» Sie überlegte kurz. «Weißt du was? Ich komme heute Abend mit und helfe dir beim Verteilen.»
Ach, mit Marie zusammen war alles ganz leicht.
Pünktlich um fünf stand Gundis Schorsch auf der Matte. In der Hand hatte er eine große Tasche mit allem, was die Telekom hergab, und als er ging, hatten wir den ganzen Schnickschnack korrekt installiert an der Wand. Marie und ich konnten unser Glück kaum fassen. Wir klickten uns durch die Links, als wären wir zum ersten Mal im Internet, und lachten uns schlapp über die neuesten Simon’s-Cat-Filmchen bei YouTube.
«So», sagte Marie. «Jetzt gehen wir los und werfen diese Tupperdinger ein. Und dann schauen wir uns eine DVD an.»
«Hat Mario heute Abend keine Zeit?» Ich schob die erste Einladung in einen Briefschlitz und hoffte, dass sich eine nette Frau darüber freuen würde.
Marie schüttelte den Kopf. «Seine Mutter hat Geburtstag, und sie gehen zum Essen.»
«Du verstehst dich gut mit ihm, oder?»
Sie nickte. «Durch ihn habe ich auch noch ein paar andere nette Leute kennengelernt. Mario hat nicht diese Machoallüren drauf, weißt du?»
Und ob ich wusste, was sie meinte.
«Bring die doch alle mal mit», sagte ich. «Es ist ja jetzt warm bei uns, das Internet funktioniert, und mit dem bisschen Chaos können sie doch sicher leben.»
«Mach ich.» Marie zeigte auf den Briefkasten der Familie Beyer. «Hier auch eine?»
«Unbedingt!» Ich linste unauffällig durchs Fenster. «Diese Miststücke sollen meine Ehrengäste sein!»
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Neun
Die Vorhersage für Freitag, den
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