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Garantiert wechselhaft

Garantiert wechselhaft

Titel: Garantiert wechselhaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fanny Wagner , Carolin Birk
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mer unsere Sachen vorstell’n», sagte sie. «Aber bis jetzt hat des noch ned so richtig geglabbt.»
    «Des mit’m Verkaufen is ned so unser Dhema», sagte ausgerechnet Claudia, und ich fragte mich, wie sie ihren Elektroladen über Wasser gehalten hatte.
    «Ich hab euch aber gleich g’sagt, dass mir a g’scheides Konzebbt machen müssen», schnappte Bärbel. «Und ned bloß so an hingegritzelt’n Zeddel mit a baar Ideen.»
    Leni fühlte sich persönlich angegriffen. «Dann hätt’st dich halt dahindergeglemmt, wenn’st es scho so genau waaßt!»
    «Allein gricht mer doch so was gar ned hin …»
    «Dir war ja immer alles ned gut genug!»
    Jetzt redeten sie alle durcheinander. Ich schaute mich im Saal um. Natürlich war es nicht mein Problem, wenn sie die Klamotten nicht verkaufen konnten. Aber wovon wollten sie mir die Miete zahlen, die sie mir versprochen hatten?
    «Ich könnte meinen Ex mal fragen», hörte ich mich sagen. «Der kennt sich in der Modebranche aus und kann euch vielleicht Tipps geben.»
    Hallo? War ich noch zu retten? Verarmungswahn war eine Sache, aber Volker um Hilfe zu bitten eine ganz andere! Ich überlegte krampfhaft, wie ich das Gesagte rückgängig machen konnte, aber zu spät: Vier Paar Augen strahlten mich an, als wäre ich Osterhase und Christkind in Personalunion.
    Ich würde in den sauren Apfel beißen müssen.

    «Und wie soll das bitte schön gehen?!»
    Volkers Reaktion war genau so, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Aber noch schrie er nicht, und ich nutzte meine Chance.
    «Das möchte ich ja von dir wissen», sagte ich so liebenswürdig, wie es mir über die Zunge ging. «Schau, du hast ja den Finger am Puls der Zeit. Etwas, das man von den Frauen hier echt nicht behaupten kann.»
    «Und deshalb soll ich mich um den Schrott deiner Landpomeranzen kümmern?» Volker schnaufte verächtlich. «Auf den hat die Welt gewartet!»
    «Ich versteh dich ja.» Todesmutig schmierte ich ihm noch mehr Honig ums Maul. «Aber du bist doch Spezialist für schwierige Fälle. Und wenn einer das hinkriegt, dann du.»
    Ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie Volker in seinem Glaskasten hin und her tigerte und sich überlegte, was er mir als Gegenleistung abknöpfen konnte. Er gehörte nicht zu den Leuten, die glauben, dass uneigennütziges Handeln gut fürs Karma ist.
    «Ich höre mich um und melde mich wieder bei dir», blaffte er in den Hörer. Dann legte er auf seine berühmte Art auf.

    Unten im Saal gab es Standing Ovations.
    «Er hat noch nichts versprochen!», bremste ich die Begeisterung. «Die Modebranche ist ein schwieriges Pflaster.»
    «Aber du setzt dich für uns ein, und des ist fandastisch!» Bärbel strahlte.
    Mitten im Trubel öffnete sich die Saaltür. Im ersten Moment bemerkte es keine von uns. Bis Leni ein «Oje, etzt wird’s fei Ernst!» von sich gab.
    Bärbels Mann sah unsicher in die Runde. «Es is gleich zwölf, und da hab ich mir gedacht …»
    «Bidde ned!», stöhnte Bärbel. «Für so was hab ich etzt echt kein Nerv.»
    «… dass ich euch a weng was Warmes zum Essen bring», beendete Ernst seinen Satz. «Ich hoff, es basst grad.»
    Im ersten Moment waren alle baff. «Ich glaub’s ned», staunte Leni. «Du hast für uns gekocht?»
    «Sieht ganz so aus!» Ich ging auf Ernst zu und begleitete ihn in die Gaststube. Und tatsächlich: Auf einem der Tische stand ein großer Topf, aus dem es himmlisch duftete.
    «Is fei nix Dolles», entschuldigte er sich. «Aber es sinn an Haufen Fiddamine drin, und etzt, wo ihr so viel arbeidet, hab ich mir halt gedacht …»
    Bärbel nahm ihren Mann in die Arme und herzte ihn, bis er knallrot wurde. «Du bist a Schatz!»

    Kurz darauf saßen wir um den großen Stammtisch und aßen schweigend. Nur das Klappern der Löffel war zu hören. Und hin und wieder ein genießerisches «Mmmh!».
    Die Suppe war ein Gedicht, und wir aßen den Topf ratzfatz leer.
    «Köstlich», stöhnte Rosi. «Obwohl ich gar ned wissen möcht, wie viel Kalorien des waren. Is da Sahne drin?»
    Leni rollte die Augen. «Du mit deine Diäd’n. Kannst ned einfach mal was genießen, ohne die ewige Rechnerei?»
    «Da ist nur Gemüse aus unser’m Garddn drin und Brühe», warf Ernst ein. «Und Budder, aber bloß a weng für’n G’schmack. Magst noch a Kelle?»
    «Lieber ned.» Rosi schüttelte bedauernd den Kopf und machte verstohlen den Knopf ihrer Hose auf.
    Wieso quälten sich Frauen eigentlich immer, um einem völlig unrealistischen Körperideal zu entsprechen?

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