Garantiert wechselhaft
weg?»
«Am Montag sind wir wieder da.»
«Vier lange Tage willst du mich allein lassen?»
«Du hast doch eh viel zu viel zu tun», sagte ich. «Bis du mal an mich denkst, bin ich schon seit Wochen wieder im Land.» Außerdem gab es den kleinen Sohn und nicht zu vergessen: die Mami.
In diesem Moment kam Gustl in die Einfahrt. «Nina!»
Christian lächelte, aber es sah etwas verkniffen aus. «Dein Nachbar muss sich natürlich auch verabschieden.»
«Du, Nina, ich hab fei a ganz dolle Idee!» Gustl hielt eine große Leinwand in der Hand. «Ihr habt’s doch da in Berlin oben so an Stand, gell? Und dafür hab ich euch fei was gemalt!»
Er drehte den Rahmen um und präsentierte seine Überraschung: Es war eins von Gustls berühmten Gewittern. Nur bildeten die Blitze dieses Mal einen Satz:
Mode aus Wiestal leuchtete schwefelgelb über den Bergen.
«Das ist ja …» Mir fehlten die Worte.
«Unglaublich!» Christian hatte sich hinter mich gestellt und sah mir über die Schulter. Ich spürte seinen Atem, roch sein würziges Aftershave und war kurz davor, mich nach hinten in seine Arme fallen zu lassen, als Gustl mich mit einem Satz in die Wirklichkeit zurückbrachte.
«Du kennst doch mei Schlafzimmer, gell?» Er zwinkerte neckisch, und ich spürte, wie Christian einen Schritt zurückwich.
«Äh … ja?»
«Und des eine Bild, des, was mer so schön sieht, wenn mer auf’m Bett liegt – des, wo du mal g’sagt hast, des wirkt so naddürlich …»
«Ja?» Mit Schrecken dachte ich an den Tag zurück, an dem Gustl mich auf seine verkrumpelte Steppdecke gebeten hatte, damit ich mir aus genau dieser Perspektive ein Sonnenaufgangsgemälde anschauen konnte. «Was … was ist mit dem Bild?»
«Des magst du doch so gern. Und da hab ich gedacht, dass ich dir des auch noch mitgeb für die Modenschau.» Mein Nachbar strahlte wie eine Glühbirne.
«Ich habe gar nicht gewusst, dass ihr einen Stand mit Betten habt», bemerkte Christian trocken. «Das scheinen ja heiße Tage zu werden!»
«Es ist ganz anders, als du jetzt denkst», begann ich, aber Christian war schon auf dem Weg ins Haus.
«Ich mach mich dann mal wieder an die Arbeit», sagte er. «Viel Spaß!»
Sechs Stunden, zwei Hitzewallungen und einen inneren Nervenzusammenbruch später hielten wir vor einem heruntergekommenen Fabrikgebäude in Friedrichshain, in dem sich laut Volkers Auskunft ein Teil der Berliner Fashion Week abspielte. Auch jetzt war schon eine Menge los. Junge Leute gingen ein und aus, manche schleppten Taschen und Kartons, andere fotografierten, wieder andere tippten hektisch in ihre Smartphones.
«Guder Godd!» Leni fielen fast die Augen aus dem Kopf. «Was sinn denn des für welche?» Sie zeigte auf ein paar überschlanke Typen in Röhrenjeans, Pullovern und schlaffen Wollmützen, denen man trotz ihrer lackierten Fingernägel beim besten Willen nicht ansah, ob sie XX- oder XY-Chromosomen hatten.
«Reg dich nicht auf, hier gibt es auch viele Leute wie dich und mich», beruhigte ich sie. Und die gab es ja auch. Nur eben nicht auf der Fashion Week.
Im Gedränge folgten wir den Wegweisern durch einen Hinterhof und fanden uns in einer ehemaligen Maschinenhalle wieder. Die Backsteinwände waren mit großen Graffiti besprüht und die Fenster mit Stoffbahnen abgehängt. Es roch nach Staub und frischer Farbe. Durch Stellwände abgeteilte, nummerierte Kojen reihten sich an zwei Gängen entlang. An der Stirnseite hielt sich ein utracooler DJ Kopfhörer ans Ohr, während er die Regler an seinem Mischpult verschob. Laute Elektrobeats wummerten durch die Halle. Die Luft vibrierte vor Energie.
Wir schlängelten uns durch die Menge und fanden unseren Platz. Es war eine kleine Nische in der hinteren linken Ecke. In einem Umzugskarton lagen rostige Ketten und Plastikkleiderbügel. Das sollte wohl die geschenkte «Standeinrichtung» sein, von der Volker gesprochen hatte.
Ich riss mich zusammen. «Dann wollen wir mal, was?»
«Hier soll’n mir unsere Sachen ausstell’n?» Leni hatte sichtlich einen Kulturschock und sah mich an, als hätte ich vorgeschlagen, die Kollektion in der Spree zu versenken.
«Na klar», sagte ich betont munter. «Das ist halt eine moderne Modemesse. Da tun sich bestimmt ganz unerwartete Chancen für uns auf.»
Aber im Kopf formulierte ich bereits die Sätze, die ich Volker später um die Ohren knallen würde.
Dieser widerliche Dreckskerl hatte uns voll reingelegt!
Drei Stunden später hatten wir unter den befremdeten
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