Garantiert wechselhaft
bisschen mehr zusammen und verneinte. Oh, oh. Jetzt war Fingerspitzengefühl angesagt. «Hattest du Streit mit Mario?»
«Nicht mit ihm. Aber seine Mutter hat mich voll angegiftet.»
«Seine Mutter? Wann hast du die denn kennengelernt?»
Marie sah mich mit großen Augen an. «Sag bloß, du checkst das nicht …»
«Ich checke was nicht?»
«Dass Claudia Haas Marios Mutter ist!»
Diese Information schlug ein wie eine Granate. Mario war Claudias Sohn! Kaum hatte der Gedanke sich gesetzt, zählte ich eins und eins zusammen. «Steht in Marios Ausweis zufällig der Name Manfred?»
Marie nickte. «Als Kind war er Super-Mario-Fan.»
«Und jetzt ist er Goth-Fan. Aber erst, seit du hier bist, schminkt er sich und isst kein Fleisch mehr», zählte ich die mir bekannten Fakten zusammen. «Und das passt seiner Mutter überhaupt nicht.»
«Die hasst mich», sagte Marie düster.
«Na, die werde ich mir mal zur Brust nehmen», sagte ich empört und wollte noch weitere Maßnahmen ankündigen, als Marie mich erschrocken ansah.
«Nein! Das machst du bitte nicht. Das regeln Mario und ich selber.»
«Aber es geht mich doch auch was an», sagte ich. «Die soll ruhig wissen, dass ich …»
«Du musst mir versprechen, dass du dich da raushältst, ja?», rief Marie. «Bitte!»
Ich holte tief Luft. Wohl war mir nicht bei der Sache. Aber Marie wollte es selber regeln, und das musste ich respektieren.
«Okay. Versprochen.» Innerlich schwor ich mir jedoch, diese Frau in Stücke zu reißen, sollte sie Marie noch einmal schlecht behandeln.
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Sechzehn
Die Vorhersage für Dienstag, den 17. Juni:
Durchzug einer Unruhefront. Anfangs heiter bis euphorisch, später leichte Eintrübungen.
Eine Woche später schien sich die Lage zwischen Marie und Claudia entspannt zu haben, und ich dachte nicht mehr darüber nach.
Zumal ich andere Probleme hatte.
Das Logo für die Weinhandlung war nach endlosem Herumprobieren doch noch fertig geworden, aber die nachfolgenden Jobs gingen mir genauso zäh von der Hand, was nicht nur an mir lag. Denn tagsüber wurde ich immer wieder von Handwerkern oder den Schneiderschnepfen unterbrochen. Allmählich bescherte diese Unruhe mir schlaflose Nächte, und zwar buchstäblich, weil ich nachts jetzt häufig am Computer saß und arbeitete.
«Nina? Der Wenninger braucht dei Underschrift.» Bärbel stand in der Tür meines Arbeitszimmers und machte eine entschuldigende Geste.
Ich speicherte die Arbeitsdatei und stand auf. «Dabei ist deine sicher schöner als meine.»
An der Kellertür kritzelte ich dem dicken Klempner etwas auf seinen Auftragszettel und wollte postwendend wieder nach oben.
«Nina?» Claudia winkte mir aus dem Saal zu. «Könnt’st du ganz kurz was überzieh’n?»
Ich seufzte. Ich kannte das Ganzkurz der Frauen mittlerweile zur Genüge. Sie hatten zwar ihre Schneiderpuppen, aber aus irgendeinem Grund war es ihnen lieber, wenn ich das eine oder andere Teil anzog und mich vor ihnen im Kreis drehte.
«Wie find’st des Oberdeil?» Rosi zeigte mir eine Art Bolerojäckchen, das vom Schnitt her gar nicht mal übel war. Aber das Stoffmuster, das aus vielen kleinen Blumensträußchen bestand, war zum Davonlaufen.
«Hübsch», sagte ich diplomatisch und schlüpfte in die Ärmel. Die Frauen begutachteten mich von allen Seiten.
«Ein bisschen eng um die Taille», sagte ich, als Claudia versuchte, die Knöpfe zu schließen.
«Des drächt mer jetz so», klärte sie mich auf und zerrte am Revers, bis es saß, wie sie es sich vorstellte. Dann ging sie ein paar Schritte zurück.
In meinen frühen Ferien bei Onkel Hubert hatte ich seiner Katze manchmal Kleidungsstücke von meinen Puppen angezogen und konnte nun nachvollziehen, wie das arme Tier sich damals gefühlt haben musste: hilflos und vorgeführt.
Ich spürte, wie mir heißer und heißer wurde. «War es das?»
«Gleich!» Claudia steckte noch etwas am Ärmel ab, dann befreite sie mich aus der Zwangsjacke. «Könnt’st du vielleicht in einer halben Stunde noch mal …?»
Ganzkurz ?
Ich griff nach einem Lappen, der in Reichweite lag, und trocknete mir den Nacken. Mein Blick fiel auf die Ständer, die sich in den letzten Wochen beachtlich gefüllt hatten. «Sagt mal, wie vermarktet ihr die Sachen eigentlich?»
Schweigen.
«Ich meine, hierher wird wohl kaum einer kommen, um etwas zu kaufen, oder?», bohrte ich weiter.
Leni gab sich einen Ruck. «Mir wollt’n eigentlich so was wie Dubberbahdies veranstalt’n, wo
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