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Garantiert wechselhaft

Garantiert wechselhaft

Titel: Garantiert wechselhaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fanny Wagner , Carolin Birk
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Blicken des hippen Modevolks unseren Stand geputzt, mit Gustls Bild dekoriert und unsere Klamotten an die mitgebrachten Ständer gehängt. Während Leni noch mit dem Klapptisch kämpfte, auf dem wir unsere Flyer auslegen wollten, suchte ich mir im Hof ein ruhiges Plätzchen und stellte Volker zur Rede.
    «Kann es sein, dass du mich verarschen willst? Unsere Kollektion hat in dieser Fabrikhalle so viel verloren wie das Sandmännchen bei einem Kettensägenmassaker!», rief ich. «Wenn das zur Fashion Week gehört, fresse ich einen Besen!»
    «Sag mal, bist du so beschränkt, oder tust du nur so?» Volkers Stimme klang äußerst frostig. «Hast du im Ernst geglaubt, dass ihr mit euren Musikantenstadl-Trachten bei einer der A-Locations landet? Raucht ihr da unten Kuhfladen? Für diese Schauen bewirbt sich die Crème de la Crème der Modewelt, und nicht mal die werden alle genommen! Dafür, dass ich euch überhaupt irgendwo untergebracht habe, müsstet ihr mir eigentlich die Füße küssen!»
    Ich hätte mich ohrfeigen können. Dass ich auch nur eine Sekunde geglaubt hatte, Volker wolle uns wirklich helfen! Natürlich wusste ich, wie er war. Aber ich Trottel war ihm wieder mal komplett auf den Leim gegangen.
    Als ich mich einigermaßen beruhigt hatte, ging ich in die Halle zurück. Genau zur rechten Zeit.
    In die Koje neben uns war das Modelabel Scary Bling Bling eingezogen. Die Kollektion bestand aus weißen Klamotten, an deren Halsausschnitten Unmengen kleiner roter Spiegel klebten. Präsentiert wurden die Teile an zwölf goldenen, kopflosen Schaufensterpuppen, die in drei Reihen strammstanden und ins Leere salutierten. An der Rückwand hing eine riesige, mit roter und goldener Farbe beschmierte Axt.
    «… und dann musste ich ihnen einfach mitten in der Show die Köpfe abschlagen, weißt du, Honey, und so wurde mein Signature Look geboren.» Ein wild geschminkter Typ im grell gemusterten Glitzeranzug tänzelte vor Leni hin und her und unterstrich jedes seiner Worte mit ausladenden Gesten. «Und weißt du, was ich mit den Köpfen gemacht habe?»
    Als er auf Leni zusprang und seinen Zeigefinger auf ihr Dekolleté legen wollte, wich die entsetzt zurück.
    «Ich habe sie alle – zack! – auf die Spitzen eines Eisentors gespießt. Zack, zack, zack! Das hat so darling ausgesehen.»
    «Woss?!» Leni japste entsetzt.
    Ich schlängelte mich an dem Knaben vorbei und betrachtete unseren Nachbarn von vorn. Ein bisschen zum Fürchten sah er schon aus, aber sicher steckte unter der Verkleidung ein süßer Junge.
    «Hi, ich bin Nina!» Ich streckte ihm die Hand entgegen und griff in eine Menge bunter Plastikbrillis.
    «Hiiii! Ich bin Scary persönlich. Glamouröse Mode zu erschwinglichen Preisen!» Strahlend zeigte er auf die Schnepfenkollektion in unserem Kabuff. «Und ihr habt bestimmt noch ein Mega-Happening im Programm, right? Wenn ich mir das irre Bild so ansehe … etwas mit Wasser und Strom, mh? Coole Sache, ich freu mich schon!»
    Ich mich auch. Wie auf Kommando stand ich zum dritten Mal an diesem Tag im eigenen Saft. Und voll unter Strom.

[zur Inhaltsübersicht]
    Neunzehn

    Die Aussichten für Sonntag, den 6. Juli:
    Im vorherrschenden Reizklima überwiegen gemischte Gefühle. Am Abend vereinzelt Übergriffe.
    Cool, um nicht zu sagen frostig, war in den darauffolgenden Tagen allerdings die Stimmung zwischen Elke und Leni. Woran es lag, wusste ich nicht, aber Leni konnte meine Freundin anscheinend vom ersten Moment an nicht riechen und meckerte auch sonst über alles: Die Straße war zu laut, die Wohnung zu klein, das Klappbett nicht bequem genug und die Leute, die unseren Stand besuchten, zu komisch.
    «Die kostet mich den letzten Nerv», sagte ich zu Marie, die ich jeden Tag anrief, um zu überprüfen, wie es ihr unter der Fürsorge von Bärbel und Gundi erging. Ich seufzte. «Wahrscheinlich ist Berlin so exotisch für Leni, wie Wiestal am Anfang für uns war. Ist denn bei dir alles gut?»
    «Alles okay.»
    «Auch mit Krauli und den Kleinen?»
    «Ja.»
    «Schöne Grüße von Papa. Ich war gestern bei ihm im Büro.» Wo Volker, dieser Vollidiot, mal wieder eine kleine Aufgabe für mich gehabt hatte. Als Gegenleistung dafür, dass er uns diesen tollen Stand organisiert hatte. «Danke.»
    «Sag mal, ist mit dir wirklich alles in Ordnung?» So einsilbig hatte ich Marie schon lange nicht mehr erlebt.
    «Jaa-haa!»
    Ich gab’s auf. «Dann bis morgen, mein Schatz. Und streichle die Katzen von mir, ja?»
    Ich steckte mein Handy

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