Garantiert wechselhaft
Ich war so überdreht, dass der bloße Gedanke an Wein mich schon besoffen machen konnte. «Und unsere Aktion war nicht mal kriminell.»
«Kaum.» Elke hob feierlich ihr Glas. «Auf den großen Durchbruch dieser Idee. Und auf absolute Geheimhaltung bis zum großen Tag!»
Würdevoll sprachen Mandy, Mario, Marie und ich ihre Sätze nach und machten uns dann hungrig über die Vorspeisenplatte her.
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Achtundzwanzig
Die Vorhersage für Freitag, den 25. Juli:
Nach Auflösung einzelner Widrigkeiten überwiegend ruhig und freundlich.
Als wir gegen halb eins in Wiestal aus dem Auto stiegen, parkten die Transporter der Firma Haas und Beyer in der Einfahrt, und an der Wand lehnten mehrere Fahrräder.
«Was soll das denn?» Es war Mario anzusehen, dass er keinen großen Wert darauf legte, gleich mit seinen Eltern konfrontiert zu werden. Auch Marie schien nicht begeistert.
«Sieht so aus, als hätte Ernst sich nicht lang bitten lassen», sagte ich. «Ihr könnt ja bei ihm in der Küche essen, da habt ihr erst mal eure Ruhe.»
Die Idee einer Kantine fand anscheinend großen Anklang, denn in der Gaststube war richtig was los. Rudi Haas und Kurt Beyer saßen einträchtig mit ihren Handwerkern an einem Tisch, und die Stimmung war großartig.
Als er mich sah, winkte Lenis Mann mich zu sich.
«Nächste Woch könnt mer mit die Doiledden anfangen.»
«Des wär fei subber», sagte ich.
Beyer grinste breit. «Kei Dhema, dafür simmer ja da.»
Dann konzentrierte er sich wieder auf seinen vollen Teller, und ich ging zu den Schnepfen, die am Stammtisch saßen.
Ernst erschien hinter der Theke. «Du kommst genau richtig! Hock dich hie.»
«Und? Hat’s geklappt?» Vier Augenpaare sahen mich erwartungsvoll an.
«Einmal Nudelauflauf für die Dame des Hauses!» Ernst stellte mir einen großen Teller hin. «An Gud’n!»
Neugierig schnupperte ich an der köstlich riechenden Soße.
«Des nennt sich Carbonara», sagte Bärbel ungeduldig. «Aber etzt erzähl, sonst blatzen mir noch vor Neugier.»
«Erzählt ihr erst mal, wie weit ihr jetzt mit allem seid. Ist der Stoff für die Röcke inzwischen eingetrudelt?»
«Alles da», sagte Claudia. «Wenn mir uns weiter dranhalten, simmer bis Ende nächster Woche mit dem Graus ferddig. Samt Boleros.»
«Das klingt gut», sagte ich. «Und was macht die Stimmung zu Hause?»
Leni grinste. «Bassd. Siehst ja, dass es den Männern schmeckt, und auch sonst sinn se so weit zufrieden.»
«Dann haltet sie bloß bei Laune. In Berlin hat alles geklappt, aber die Sache funktioniert nur, wenn wir an einem Strang ziehen. Und eure Männer brauchen wir dazu auch.»
Während ich den Frauen beim Essen von den neuesten Entwicklungen erzählte, fiel mir auf, dass überall Plastikplanen lagen. «Hat Ernst Angst, dass jemand kleckert?»
«Des ist wegen die Tapedn», sagte Leni. «Schau, die sinn scho rundder. Am Montag kommen die Maler.»
Jetzt sah ich es auch. «Ja, aber … Das sollte ich doch machen!»
«Sei froh, dass es ferddig is!» Bärbel zwinkerte mir zu. «Des hat alles der Gustnbeck g’macht. Der steht echt auf dich!»
Der Gustnbeck. Willkommen zu Hause.
Nach dem Essen trug ich meinen leeren Teller in die Küche, wo Gustl die Teller vorspülte und Ernst Marie und Mario in die Geheimnisse der Tomatensoße einweihte.
«Du bist ein Naturtalent, Ernst», sagte ich. «Es war richtig lecker. Und die Schürze steht dir hervorragend!»
Onkel Hubert hatte sie mit den Worten Wein und Brot macht Wangen rot verschönert, und die Zeilen zierten nun Ernsts runden Bauch. «Kommst du in meiner Küche zurecht?»
«Ich hab halt a weng umräumen müssen», sagte Ernst und zwinkerte mir zu, als er mein entsetztes Gesicht sah. «Halb so wild. Du hast ja alles da, was man für solche Mengen braucht. In meiner Küch hädd ich scho mit die Töpf Brobleme g’habt. Ein Glück, dass du die Wirtschaft mit allem Drum und Dran geerbt hast.»
Als ich mich bei Gustl fürs Tapetenabreißen bedanken wollte, stritt er glatt ab, dass er es getan hatte. Auf dem Dorf galten wirklich andere Gesetze. Ich beschloss im Stillen, ihm bei der nächsten Gelegenheit auch einen Gefallen zu tun, und verschwand nach oben. Bei der Post, die Gundi mir auf den Schreibtisch gelegt hatte, lag auch ein Zettel:
Liebe Nina, wie sieht’s aus? Gehen wir mal wieder essen? LG Martin .
Ich drehte mich ein paar Mal auf dem Schreibtischstuhl im Kreis herum. Sollte ich? Wir waren immer wieder mal zusammen nach Büchenbach
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