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Gargantua Und Pantagruel

Gargantua Und Pantagruel

Titel: Gargantua Und Pantagruel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francois Rabelais
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die ihnen mehr Wasser drein gossen, als in der Vienne von Chinon bis nach Saulmur ist, all ihre Trommeln füllten, ihre ganze Takelage einweichten und ihnen die Hosen durch die Jacke tauften. Als Panurg dies sah, geriet er so vor Freuden außer sich und strengte das Zwerchfell so heftig an, daß er über zwei Stunden lang Kolik kriegte. »Ich wollt' Ihnen«, sprach er, »ihr Weinchen geben, aber nun sind sie zum Wasser kommen, zur rechten Zeit.«
    Weitere Zwiesprach konnten wir mit ihnen nicht halten, denn der Wirbel ließ, nach wie vor, kein Steuern zu. Auch bat uns unser Steuermann, fortan der See nur zu vertrauen und an nichts als Küche und Keller zu denken, weil wir jetzt dem Strom gehorchen und um den Wirbel lavieren müßten, wenn wir das Königreich der Quintessenz wohlbehalten erreichen wollten.

Siebzehntes Kapitel
Wie wir ins Reich der Quintessenz oder Entelechia kamen
    Nachdem wir einen halben Tag lang den Wirbel klug umschifft hatten, schien uns am dritten drauf das Wetter heller als sonst zu sein, und glücklich liefen wir im Hafen ein, der vom Palast der Quintessenz nicht weit ist. Bei der Anfahrt gleich trat uns ein großer Trupp Hatschierer und Reisige entgegen, die am Zeughaus Wache hielten und uns zum Willkomm fast erschreckten; denn sie forderten uns allen die Waffen ab und fragten barsch: »Woher des Lands, Gevattern?« – »Oheim, wir sind Tourainer Leut«, antwortete Panurg, »und kommen aus Frankreich, voll Sehnsucht, der Frau Quintessenz auch unseren Reverenz zu machen und dies berühmte Königreich zu besehn.«
    Nachdem er so unser Verlangen vernommen, führte uns der Hauptmann schweigend und unter großen Zeremonien nach dem Palast der Königin. Pantagruel wollt' unterwegs ein wenig mit ihm schwatzen, aber weil jener so hoch nicht reichen konnt', wünschte er sich eine Leiter oder recht hohe Stelzen; doch faßte er sich bald wieder und sprach: »Pah, was macht's, wenn unsre Frau Königin nur wollt', wir wären alle so groß wie ihr. Wird auch geschehn, wann's ihr beliebt.« –
    In den äußern Galerien fanden wir eine große Schar bresthafter Leute, die nach den Übeln, daran sie litten, dort besonders einquartiert und beherbergt waren; an einem Ort die Räudigen, an einem andern die Vergifteten, wo anders wieder die Verpesteten; im ersten Rang die Venerischen und so weiter der Reihe nach.

Achtzehntes Kapitel
Wie die Quintessenz ihre Kranken mit Liedlein heilte
    In der zweiten Galerie wies uns der Hauptmann die junge Dame, obwohl sie mindestens schon 1800 Jahre zählte, schön, galant, stolz angetan, inmitten ihrer Kammerzofen und Kavaliere. Dann sprach der Hauptmann zu uns: »Jetzt ist's nicht Zeit, sie anzureden; bleibt nur fein still und merkt auf alles, was sie tut. Bei euch habt ihr in manchen Landen Könige, die euch geheimnisvoll durch bloßes Handauflegen von allerlei Gebrechen heilen, als da sind: Kröpfe, fallende Sucht, Wechselfieber. Unsre Königin heilt jede Krankheit, ohne daß sie die Kranken anrührt, sondern spielt ihnen nur, je nach Beschaffenheit ihrer Übel, ein Liedlein vor.« – Er wies uns dann auch die Orgel, auf welcher sie die wunderbaren Kuren verrichtet. Die war von ganz besondrer Art: die Pfeifen nämlich aus Tamarindenholz, die Windlade aus Franzosenholz, die Tasten aus Rhabarber, das Pedal aus Purgierstangen und das Klavier aus Scammonium. [Fußnote: Starkes Abführmittel.]
    Während wir noch dies neue Wunder von Orgelwerk betrachteten, da führten ihre Abstraktoren, Vorkauer, Köche, Kammerherrn, Herzöge, Oberkämmerer, Präfekten, Weissager und Sterndeuter und andres Hofgesind die Aussätzigen ein; sie spielten ihnen ein Liedlein, ich weiß nicht wie's ging, und plötzlich waren sie vollkommen genesen. Dann kamen die Vergifteten; ein andres Liedlein – und die Leute hüpften frisch wie die Fische; darnach die Blinden, Tauben, Stummen, mit denen es gerad so ging. Was uns, nicht mit Unrecht, dermaßen wundernahm, daß wir zu Boden fielen, vor Ekstase und überschwenglicher Verzückung in staunender Betrachtung der Tugenden, die wir der Dame entquellen sahen. Auch nicht ein Wörtlein vorzubringen vermochten wir und blieben so im Staube liegen. Bis sie mit einem schönen Strauß von edeln Rosen, den sie trug, Pantagruel berührte, ihn auf die Beine und uns zur Besinnung brachte. Worauf sie dann in wunderbar gesetzten Worten zu uns sprach wie folgt:
    »Die in eurer Erscheinung funkelnde Ehrlichkeit eurer Person ist mir ein sichres Merkmal der im Kerne

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