Gargantua Und Pantagruel
Namens dem Dritten, ihre Klage vor, wiesen ihm ihre zerbrochenen Körb, zerknüllten Hüt, zerrissenen Röck, zerplackten Wecken, fürnehmlich den enorm blessierten Marcket und bezeugten, daß dies alles von den Hirten und Meiern unseres Grandgoschier am großen Fuhrweg jenseits Seuillé verübt worden wär.
Da geriet derselbe plötzlich in einen rasenden Zorn und ließ ohn alle weitere Nachfrag, wie oder wann, durch sein ganzes Land den Heerbann ausschrein, und daß jedermann bei Stranges Straf um Mittag auf dem großen Platz vorm Schloß gewappnet erscheinen sollte. Zur Bekräftigung seines Vorhabens ließ er die Trommeln durch die Stadt um rühren, ging selbst aus, derweil man ihm den Imbiß rüstet', und ließ sein Geschütz auf Achsen ziehen, sein Feldpanier und Oriflamm entfalten, schwere Munition an Feld- und Magenfutter aufschütten. Zwischen dem Essen bestellt' er die Ämter und Kommissionen, und ward sofort auf seinen Befehl der Signor Zottlich zum Obersten über die Vorhut ernannt, die 16014 Schützen und 30011 Schwärmer stark war. Zum groben Geschütz, bestehend aus 914 ehernen Stücken an Kanonen, Doppelkanonen, Basilisken, Kulverinen, Feldschlangen, Kartaunen, Falkaunen, Spirolen, Passevolanten und anderm Kaliber, ward der Großschildhalter Starenstör befehliget; das Hintertreffen kommandiert' der Herzog Batzenschraper, und in der mittleren Schlachtordnung hielt der König selbst mit den Prinzen des Reiches. Also aus dem gröbsten gerüstet, schickten sie vor ihrem Aufbruch noch dreihundert leichte Pferde unter dem Hauptmann Schluchsenwind auf Kundschaft aus, ob etwa wo ein Hinterhalt im Gau versteckt läg': fanden aber nach fleißiger Durchspähung die ganze Landschaft ringsum ruhig und still, ohne irgendeine Zusammenrottierung. Welches Pikrocholus nicht sobald vernahm, als er befahl, daß alle Fähnlein schleunig marschieren sollten. Da fielen sie sonder Zucht noch Ordnung all durcheinander querfeldein; verdarben und verwüsteten alles, wohin sie kamen, schonten weder reich noch arm, weder heilige noch profane Stätten, entführten Ochsen, Kälber, Küh, Farren, Schaf, Schöpsen, Geißen und Widder, Hühner, Kapphähn, Küchlein, Gäns, Schwein, Säue, Ferkel, schlugen die Nüß ab, herbsteten den Wein, verschleppten die Rebstöck, schüttelten alles Obst von den Bäumen – es war ein Unfug, nicht zu sagen, den sie verübten. Und fanden auch nirgend Widerstand, sondern alles ergab sich ihnen auf Gnad und Ungnad und baten sie fußfällig, mit ihnen doch glimpflicher umzugehn, in Ansehung, daß sie von jeher ja gute Freund und Nachbarsleut gewesen wären und ihnen nie etwas zu Leid noch Schimpf getan, dafür man sie so jählings übel plagen sollt' – und Gott würd' sie dafür gewiß in kurzem strafen. Es ward ihnen aber auf ihre Bitten nichts weiter zur Antwort, als daß man sie ein andermal wohl Wecken essen lehren wollte.
Einundzwanzigstes Kapitel
Wie ein Mönch von Seuillé den Abteigarten vor der Feinde Plünderung schützte
Und trieben's immer schindend und plagend, raubend und stehlend also fort, bis sie gegen Seuillé kamen; zogen Mann und Weib aus, nahmen, was sie nur erlangen mochten: es war ihnen nichts zu heiß noch zu schwer. Wiewohl die Pest in den meisten Häusern war, liefen sie doch in alle hinein, mausten alles heraus und keiner nahm einen Schaden. Welches wohl ein fast erstaunlicher Fall war; denn die Priester, die Prediger, die Pfarrherrn, Ärzte, Feldscherer und Apotheker, die die Kranken besuchten, Beichte hörten, warnten, warteten, kurierten, trösteten und verbanden, waren schon alle an dem Gift gestorben, und diese Teufelsräuber und Mörder kam auch nicht ein Schauder an. Woher kommt dies, ihr Herrn? Ich bitt', denkt doch nach. Als nun der Flecken so ausgesackt war, stürmten sie mit erschrecklichem Getümmel auf die Abtei los, fanden sie aber sehr wohl verriegelt und verwahrt; demnach das Hauptheer fürbaß auf den Furt von Vede zuzog, bis auf sieben Fähnlein Fußvolks und zweihundert Lanzen, die dablieben und die Gartenmauern zerrissen, damit sie vollends den Weinberg verdürben. Die armen Teufel, die Mönche, wußten nicht, welchem Heiligen sie in der Angst sich geloben sollten. Gleichwohl aber ließen sie auf allen Fall zur Kapitelsitzung läuten. Darin ward beschlossen, daß sie einen stattlichen Umgang halten wollten mit schönen Litaneien contra hostium insidias und mit schönen Responsen pro pace .
In der Abtei war dazumal ein Klostermönch, Bruder Jahn von
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