Garnet Lacey 04 - Biss in alle Ewigkeit
sagte Mom zu mir, während sie ihre Pumps in eine alte Plastiktüte steckte, die sie aus der Manteltasche gezogen hatte. Dann stieg sie in ihre klobigen, mit Kunstfell besetzten Stiefel.
„Ich mag ihn sehr“, gestand ich ihr.
Meine Mutter lächelte. „Weißt du, Liebes, bei der Planung und Organisation deiner Hochzeit wirst du jede Menge Hilfe benötigen. Vielleicht sollten dein Vater und ich in der Stadt bleiben.“
„Aber das sind volle zwei Wochen!“, protestierte ich. Ganz zu schweigen davon, dass mir beim Gedanken, mir von meiner Mutter helfen zu lassen, das Blut in den Adern gefror. Ich sah zu Dad, damit er meinen Einwand unterstützte, doch der war damit beschäftigt, seine Stiefel zu schnüren.
„Ich finde, das ist eine gute Idee“, erklärte Mom. „Findest du nicht auch, Glen?“
Mein Dad sah hoch. „Ja, ganz sicher.“
„Gut, dann wären wir uns ja einig.“ Sie machte einen rundum begeisterten Eindruck. So glücklich hatte sie den ganzen Abend nicht gewirkt. Ich versuchte, ihr Lächeln zu erwidern.
Als Sebastian wieder ins Zimmer kam, begann die Verabschiedung von Neuem. Unsere Blicke trafen sich, und als er mir dabei zunickte, wusste ich, meine Eltern standen auf dem Weg nach draußen unter dem Schutz unseres Hausgeistes.
Wie für Leute aus Minnesota typisch, mussten meine Eltern die Verabschiedung etliche Male wiederholen, bis sie tatsächlich das Haus verlassen hatten. Mom ließ erst noch ein paar lobende Kommentare zu Sebastians Bibliothek los, während Dad mit ihm über die Vorteile diskutierte, einen Raum mit Brennholz zu heizen. Ich sorgte dann noch dafür, dass meine Eltern auch ganz sicher den Weg zurück in die Stadt und zu ihrem Hotel fanden, indem Sebastian eine Skizze auf ein Post-it zeichnete.
Die ganze Zeit über musste ich mir verkneifen, sie mehr oder weniger rauszuschmeißen. Zwanzig Minuten später fiel dann die Tür endlich hinter ihnen ins Schloss.
Ich sah Sebastian an. „Und was jetzt?“
Er zog bereits seine Jacke an. „Jetzt gehe ich raus und stelle mich ihr.“
„Meinst du, sie ist noch da?“, fragte ich und sah durchs Fenster nach draußen in den leichten Schneefall, vorgeblich um meinen Eltern noch mal zu winken, aber die waren bereits um die nächste Ecke verschwunden und auf dem Weg zum County Highway. Als ich bei der Gelegenheit einen Blick auf den Friedhof nebenan warf, dachte ich zuerst, Teréza hätte sich inzwischen verzogen. Doch dann entdeckte ich sie, wie sie im Schnee gegen einen abbröckelnden Marmorgrabstein gelehnt saß. Wie ein Kind kauerte sie da drüben. Wenn man nicht wusste, wonach man suchen sollte, fiel sie einem beim besten Willen nicht auf. Na, wenigstens war ich davor bewahrt worden, das meinen Eltern erklären zu müssen. „Was wirst du machen?“
Wieder und wieder hatte Sebastian mir erzählt, dass es zwar öfter Momente gegeben hatte, in denen es einfacher gewesen wäre, Teréza „gehen zu lassen“ und ihren Körper zu zerstören, dass er sich aber dennoch nie dazu hatte durchringen können. Früher einmal hatte er sie geliebt, und sie war die Mutter seines einzigen Sohnes. Was ihm aber vor allem zu schaffen machte, das waren seine Schuldgefühle wegen ihres gegenwärtigen Zustands. Er wollte irgendwie wiedergutmachen, was er angerichtet hatte. „Ich weiß nicht“, flüsterte er.
„Ich komme mit dir mit“, erklärte ich, schlüpfte in meine Jacke und nahm seine Hand.
Der Wind war stärker geworden, Schnee knirschte unter unseren Schuhsohlen, als wir über die Wiese zum Friedhof gingen. In dem Moment, da wir die Haustür geöffnet hatten, war Teréza erwartungsvoll aufgestanden. Ich hielt Sebastians Hand fest umklammert, doch sein Blick war auf die zerlumpte, leicht schwankende Gestalt inmitten der Grabsteine gerichtet.
Etwas Eisiges berührte meinen Nacken. „Ich bin hier“, wisperte mir der Wind ins Ohr. Da ich fühlte, dass sich jemand neben mir aufhielt, sah ich mich um. Obwohl außer einem dritten Paar Schuhabdrücke nichts zu entdecken war, wusste ich, Benjamin hatte sich uns angeschlossen. Ich nahm mir zwar vor, so bald wie möglich mit ihm ein Schwätzchen über die Zukunft unserer Beziehung zu halten, war jedoch in diesem Moment froh, dass wir übernatürliche Verstärkung erhalten hatten.
Wir näherten uns Teréza. Dunkle Ringe zogen sich um ihre irre glitzernden Augen. Der eisige Wind hatte ihre Wangen rot werden lassen und die Gesichtshaut zu einem straffen, hageren Lächeln verzogen. Brüchig
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