Garnet Lacey 04 - Biss in alle Ewigkeit
gemacht, aber ich hatte gerade mitten in den langwierigen Vorbereitungen für meinen Master gesteckt, als die Vatikan-Miliz einen Anschlag auf meinen Zirkel verübte und ich untertauchen musste. Ich hatte mir schon immer gedacht, dass meine Eltern von meiner Karriere als Buchhändlerin nicht angetan waren, obwohl ich mittlerweile Chefin des Mercury Crossing war, des wichtigsten okkultistischen Buchladens mit Kräuterecke in ganz Madison.
„Sebastian hat einen Doktortitel, und er gibt an der Uni einen Botanikkurs“, ergänzte ich in der Hoffnung, dass meine Eltern sich ihm verbundener fühlten, wenn sie wussten, dass er sich auch für Dinge interessierte, die aus der Erde wuchsen.
„Wenn Sie unterrichten können, warum reparieren Sie dann Autos?“ Die Frage kam natürlich von meiner Mutter. Obwohl sie und Dad Farmer waren, ließ sie immer wieder den Snob raushängen, wenn es um Berufsstände ging. Jemand in Anzug und Krawatte war ihr grundsätzlich lieber als jemand im Blaumann.
„Magie“, sagte Sebastian lächelnd und nickte dabei. „Alchemie.“
Ich liebte ihn für diese Antwort, aber ich sah meinen Eltern an, dass er sie damit nur in Verwirrung gestürzt hatte. Als wir uns das erste Mal begegnet waren, hatte er zu mir genau das
Gleiche gesagt, und ich hatte sofort gewusst, dass er damit elementare Magie meinte: Feuer, Luft, Wasser, Erde.
Meine Mom schaute auf der Suche nach einer Übersetzung zu mir, während Dad leise schnaubte, was so viel hieß wie: „Oh ja, völlig abgedreht.“
„Nein, ganz ehrlich“, erklärte ich. „Der Vergaser saugt Luft an, die Zündkerzen sprühen Funken, also Feuer. Benzin und Stahl stehen für die Erde ...“ Ich dankte stumm der Göttin, da in diesem Moment die Kellnerin an unseren Tisch trat und meinen Versuch störte, Sebastians Bemerkung zu erklären.
Mein Vater setzte zum Reden an, und da ich fürchtete, er könnte die Frau wegschicken, um erst noch eine Weile Sebastian in die Mangel zu nehmen, krähte ich dazwischen: „Für mich Ravioli mit Ziegenkäsefüllung!“
„Also wirklich, Garnet“, ermahnte mich meine Mutter. „Du musst nicht so schreien, die Frau steht hier bei uns am Tisch.“
„Sorry“, murmelte ich, während meine Wangen puterrot anliefen. Es war lange her, dass ich mich das letzte Mal wie eine Vierjährige gefühlt hatte.
Irgendwie schafften wir es, das Gespräch aufs Wetter zu lenken, bevor das Essen gebracht wurde. Für meine Eltern fiel das allerdings kaum in die Rubrik „Small Talk“. Hinter ihnen lag wieder ein trockener Herbst, und die Farmer in Finlayson hofften auf heftige Schneefälle, nachdem nun endlich der Winter angebrochen war. Obwohl meine Eltern lediglich Hühner züchteten, waren die Feinheiten des Klimas für sie ein wichtiger Faktor. Erst als ich nach Wisconsin zog, wurde mir bewusst, wie die Leute aus Minnesota den Begriff „Wetter" benutzen. „Das war ja ein gehöriges Wetter, das gestern Abend übers Land gezogen ist“, sagte mein Dad. „Wie viel Zentimeter habt ihr abbekommen?“
Genug, dass mir meine Arme immer noch von der Schneefräse wehtaten, mit der ich Sebastians komplette Auffahrt geräumt hatte. Aber ich hatte meine Hausaufgaben gemacht und beim Frühstück die Nachrichten eingeschaltet, nur damit ich jetzt kenntnisreich erwidern konnte: „Stellenweise sollen es bis zu zwanzig Zentimeter gewesen sein.“
Meine Mutter erinnerte uns an die lange Trockenzeit im letzten Jahr, und Sebastian merkte an, dass er sich an Winter erinnern konnte, in denen es generell mehr geschneit hatte. Im Augenblick kamen wir alle ganz gut miteinander aus, stellte ich erleichtert fest, aber da hätte ich bereits ahnen müssen, dass das nur eines bedeuten konnte: Uns stand Unheil bevor.
Ich bemerkte den Geruch als Erste. Eine Kombination aus verwestem Fleisch und eklig süßen Blumen. Ein Aroma, das meine Nasenlöcher kribbeln ließ, weshalb ich mir ein Niesen verkneifen musste. Ich sah mich um, ob die Küchentür offen stand oder ob irgendjemand vergessen hatte, die Abfalltonne rauszubringen, aber ich konnte nichts entdecken. Schließlich schrieb ich es einer geruchsintensiven Anomalie zu und widmete mich wieder unserer mitreißenden Diskussion zum Thema Schnee, als plötzlich eine Gestalt einen Satz auf uns zumachte.
Ein tiefes Zischen ließ uns alle aufhorchen.
„Ich verfluche dich“, erklärte eine Frau in einem rauen Flüsterton. Sie trug einen knielangen Mantel, in ihrem vom Wind zerzausten langen schwarzen
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