Garnet Lacey 04 - Biss in alle Ewigkeit
konnten, wo Parrish tagsüber schlief.
Mein einziger Trost bestand darin, dass ich wusste, welche Sorte Blutspender Parrish anzog, nämlich die, die zu bedingungsloser Loyalität neigte. Abgesehen davon, war ich mir sicher, wenn Sebastian versuchen sollte, dem Blutspender eines anderen Vampirs zuzusetzen, würde ihm das Ärger mit der schrägen, schattenhaften Organisation dieser Leute einbringen, die sehr gut über das Internet verdrahtet waren. Weit würde er ganz bestimmt nicht kommen, aber zumindest konnte er bei seiner Suche ein wenig Dampf ablassen. Als ich Sebastian nachschaute, wie er weiterfuhr, ohne mir zuzuwinken, dachte ich mir, dass es ihm vermutlich guttun würde.
Ich schlenderte einen halben Block weit bis zu meinem Geschäft. Die State Street war Fußgängerzone, deshalb hatte Sebastian mich nur an der nächsten Querstraße absetzen können. Der Himmel war strahlend blau. Am Ende der Straße war die weiße Marmorkuppel des Kapitols zu sehen. Mein Atem bildete in der kalten Luft Wolken aus Eiskristallen, und als ich vor der Tür zu meinem Geschäft stand, sah ich in der Scheibe, dass meine Nasenspitze gerötet war.
Drinnen schaltete ich das Licht ein und erledigte alle Routinehandgriffe, die nötig waren, bevor ich das Geschäft öffnen konnte. Das Wechselgeld war gezählt, als William mit zwei großen Kaffeebechern aus dem Holy Grounds hereinkam.
„Einen Latte für Mädchen gefällig?“, fragte er.
„Danke“, erwiderte ich, dann stießen wir mit den Plastikdeckeln an und taten so, als wollten wir mit unseren Kaffeebechern einen Toast ausbringen.
„Izzy ist schlecht drauf“, ließ William mich wissen und trank einen Schluck Kaffee. „Ich glaube, sie und Matt haben sich gestritten.“
„Matt?“
„Ist doch viel einfacher auszusprechen als Mátyás. Jedenfalls habe ich mal gehört, dass sie ihn mit diesem Kosenamen angeredet hat.“
Irgendwie konnte ich mir Mátyás nicht als einen „Matt“ vorstellen. „Matt“ klang nach dem Captain des Footballteams an der Highschool, nicht nach dem Eurotrash-Sohn eines Vampirs. „Hat ihm das gefallen?“
„Als sie ihn so nannte, ja. Bislang habe ich nicht den Nerv gehabt, ihn so anzureden.“
„Ist wohl auch besser so“, meinte ich.
William folgte mir, als ich die Ladentür aufschloss und den Open -Neonschriftzug einschaltete. „Was glaubst du, worüber sie sich gestritten haben?“
„Du machst wohl Witze, wie? Was glaubst du denn?“
„Über seine Mom.“
William nickte. Wir gingen zurück zu der kleinen kreisrunden Wandnische, die die Kasse beherbergte. „Außerdem glaube ich, es gefällt Izzy nicht, dass sie es sich durch diese Beziehung zu Mátyás mit dir und Sebastian verscherzen könnte.“
„Hat sie das gesagt?“ Ich war geschockt. Dass Izzy fürchten sollte, ich könnte ihr wegen dieser Sache mit Mátyás böse sein, war für mich unvorstellbar. Zugegeben, Sebastian konnte ziemlich unheimlich sein, wenn er sich in eine Sache verbissen hatte - natürlich im übertragenen Sinn. Aber wenn sie Zeit mit Mátyás verbrachte, dann musste ihr klar sein, dass ihn mit seinem Vater nicht gerade eine harmonische Beziehung verband.
„Gesagt hat sie gar nichts. Sie war nur total mürrisch.“
Das passte so gar nicht zu Izzy. Ich nahm mir vor, in meiner Pause zu ihr zu gehen, um herauszufinden, was sie auf dem Herzen hatte. Vielleicht wusste sie ja etwas über Parrishs
mögliche Verstrickung in diese Teréza-Geschichte ... oder aber ich konnte sie dazu überreden, mir zu helfen, mehr darüber herauszufinden.
Ein Kunde kam herein, der nach einem guten Nachschlagewerk zum Thema „Magie“ suchte, und wenig später steckte ich wieder bis zur Halskrause im üblichen samstäglichen Trubel.
Ehe ich mich’s versah, war es Mittag, und ich hatte meine Pause verpasst.
Ich überlegte, ob ich gleich im Holy Grounds eine Kleinigkeit essen und dabei versuchen sollte, mit Izzy zu reden. Aber als ich ins Büro ging, um die Rechnungen abzulegen, die mit der Post gekommen waren, bemerkte ich eine Notiz im Kalender, die ich selbst eingetragen hatte. Heute war der Tag, an dem ich zum Amtsgericht gehen und den Antrag für unsere Eheerlaubnis abholen sollte. Und ich sollte mich mit der unitarischen Pfarrerin treffen, die uns trauen würde, damit die Programmhefte gedruckt werden konnten.
Izzy würde warten müssen.
Ich tauschte meine Converse-Sneakers, die ich in der untersten Schreibtischschublade verstaute, gegen meine schweren Winterstiefel
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