Garnet Lacey 04 - Biss in alle Ewigkeit
jämmerlich.
„Wir lassen dir ein Bad ein, das wird dir helfen. Mit etwas Glück hast du dir keine Erfrierungen zugezogen. Ich glaube zwar, dass es im Grunde dafür nicht kalt genug war, aber du hast immerhin lange Zeit da draußen gelegen.“
Ich half ihm die Stufen hinauf. Im Badezimmer übernahm mein Vater es, ihn in die Wanne zu bugsieren. Dads Brusthaare zu sehen, war schon befremdlich genug gewesen, da musste ich nicht auch noch Mátyás nackt erleben. Trotzdem fiel mein Blick noch auf ein Tattoo, bevor ich aus dem Bad huschte.
„Der Junge sieht gut aus“, sagte meine Mutter anerkennend, als wir im Flur standen.
„Mom“, protestierte ich. „Er wird mein Stiefsohn sein.“
„Ich meine ja nur“, gab sie zurück. „Du und Sebastian, ihr werdet auch mal hübsche Kinder haben.“
Ich legte die Finger an meinen Nasenrücken und drückte zu. Mein Kopf begann zu schmerzen.
„Oh, ich habe ganz vergessen, dir etwas zu erzählen. Als du gestern Abend in dieser Bar unterwegs warst, wurde ein Päckchen geliefert. Ich glaube, es ist das andere Kleid.“
„Willst du damit sagen, dass mein Brautkleid tatsächlich eingetroffen ist? Das Kleid, das ich bestellt habe?“ Ich konnte meine Begeisterung nicht verheimlichen, aber Mom sah mich an, als hätte ich ihr ein Messer ins Herz gejagt.
„Ja.“ Sie schniefte. „Und Großmutters Kleid ist gestern ins Hotel geliefert worden, damit es geändert werden kann. Ich hatte es gestern Abend mitgebracht, weil ich dachte, ich könnte mich gleich an die Arbeit machen.“
Das Pochen in meinem Kopf wurde heftiger. Großartig. Jetzt musste ich mich mit der Brautkleidkrise beschäftigen, während ich mit meiner Mutter eingeschneit war. Außerdem durfte ich Williams Lady Candice anrufen und das bei ihr in Auftrag gegebene Kleid stornieren, wenn ich nicht die Kosten auch noch am Hals haben wollte. „Wie wunderbar.“
Im Radio sagten sie noch weitere gut fünfzig Zentimeter Schnee voraus, bevor die Unwetterfront weiterziehen würde. Mom und ich tranken Kaffee und hörten uns die Durchsagen an, welche Schulen bis auf Weiteres geschlossen bleiben würden. Keiner von uns fühlte sich so richtig bereit, die Sache mit dem Kleid in Angriff zu nehmen. Ich rief William an, um ihm zu sagen, dass er nicht zur Arbeit kommen sollte. So wie es sich anhörte, war die ganze Stadt lahmgelegt worden.
Mein Dad bereitete für uns Frühstücksspeck und Eier zu. Nebenan im Wohnzimmer schlief Mátyás auf dem Sofa, Barney hatte es sich in der Nähe seines Kopfes bequem gemacht. Als ich zwischendurch nach ihnen sah, lagen beide da und schnarchten leise.
Ich ging zum Küchenfenster und sah nach draußen. Der Schnee fiel mittlerweile viel langsamer, doch die dicken Flocken wollten dennoch einfach kein Ende nehmen. Der Himmel war bedeckt, aber ich kaute auf meiner Unterlippe herum, während ich das Licht betrachtete, das vom weißen Untergrund reflektiert wurde. Sebastian drohte da draußen keine Gefahr, doch ich musste feststellen, dass ich um Teréza besorgt war. Immerhin hatte ich Mátyás versichert, dass der Schnee ausreichen würde, um sie zu beschützen.
„Du machst dir wegen Sebastian Sorgen“, sagte meine Mutter.
„Ja“, gab ich zu, obwohl meine Gedanken in diesem Moment sonderbarerweise um seine Ex kreisten.
„Er ist ein kluger Mann, er wird einen Unterschlupf gefunden haben“, meinte Dad. „Bestimmt versucht er im Augenblick, zum Haus zurückzukommen. Isst du deine Eier immer noch als Spiegeleier?“
„Mhm“, antwortete ich nachdenklich. „Ich bin gleich wieder da.“
Ich schlich schnell an Mátyás und Barney vorbei nach oben ins Schlafzimmer. Mir war die Idee gekommen, noch einen Schutzzauber zu versuchen. Vielleicht konnte ich einen schützenden Schild zwischen der Sonne und Teréza entstehen lassen. Selbst wenn es nicht helfen sollte, würde es auch nicht schaden.
Im Schrank bewahrte ich einen Pappkarton voll mit magischen Utensilien auf: eine Reihe von Votivkerzen in allen Regenbogenfarben; ein Keramikbecher und ein magisches, zeremonielles Messer; Weihrauch in allen Aromen, Gummibänder, eine Schere und eine Schachtel Streichhölzer. Dazu Objekte, die die Himmelsrichtungen und die Elemente darstellten: eine Muschel für Westen und für das Wasser, einen polierten Schneeflockenobsidian für Norden und die Erde, eine Gänsefeder für die Luft und Osten, eine verzierte Weihrauchvase für das Feuer und Süden, dazu eine kleine Silberstatue der Nilgöttin für den
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