Garnet Lacey 05 - Das bisschen Flitterwochen
Lebens, das wir beide führten, war die Sache mit dem Geist gar nicht so unwahrscheinlich. Trotzdem schüttelte ich den Kopf. »Ich glaube nicht. Das war wahrscheinlich nur ein Teenager, der mir einen Streich spielen wollte.«
Sebastian schaute mich ungläubig an. »Ein Teenager? Garnet, wann ist es jemals nur ein Teenager oder ein Kind gewesen?«
»Ich hatte nur den Eindruck, dass mich jemand beobachtet und ...« Mit gespreizten Fingern deutete ich auf den leeren Gang. Dann stutzte ich und legte die Hände auf die Hüften. »Warum soll es kein Teenie gewesen sein? Ich meine, mal so zwischendurch? Warum soll es in unserem Leben nicht auch mal etwas total Nichtmagisches und Gewöhnliches geben? Andere Leute sind auch das Opfer von kindlichen Streichen. Warum soll mir das nie passieren?«
Sebastian verzog den Mund und drückte mich an sich. »Du plapperst wild drauflos, Darling.«
Ich hätte ja das Gefühl bekommen können, bevormundet zu werden, doch in diesem Moment fühlte es sich gut an, in seinen Armen zu liegen. Außerdem wurde ich dabei an seine Brust gedrückt und konnte sein Aroma nach Zimt und purer Männlichkeit wahrnehmen. »Warum kann es nicht mal was Alltägliches sein?«, murmelte ich, während meine Wange über seine Seidenkrawatte strich. Ich versuchte, jeglichen weinerlichen Tonfall aus meiner Stimme herauszuhalten.
»Das könnte es sein«, erwiderte er leise und drückte mich sanft nach hinten, damit er mir in die Augen sehen konnte. »Aber du bist so etwas wie dein eigener Mahlstrom, meine Liebe. Magische Dinge fühlen sich von dir angezogen wie von einem Magneten. Himmel, sogar mein Leben war normaler, bevor ich dir begegnet bin. Wo du bist, ist etwas Aufregendes und Außergewöhnliches nicht mehr fern.«
»Bei dir klingt das viel cooler, als es eigentlich ist«, sagte ich. Was bedeutete das für unsere Ehe? Würden wir jede Nacht von unheimlichen Geräuschen aus dem Schlaf gerissen werden?
»Du wüsstest doch gar nicht, was du mit einem ganz normalen Leben anfangen solltest«, zog er mich auf.
Das war’s! Jetzt wusste ich, warum mein Leben den Bach runterging: Ich hatte einen Zauber gewirkt, dass alles ganz normal sein sollte! Sobald wir zurück im Hotel waren, würde ich diesen Zauber umkehren.
Ich gab Sebastian einen leidenschaftlichen Kuss. »Ich danke dir«, flüsterte ich.
Er schaute verdutzt drein, erwiderte jedoch mein Lächeln. »Lass es mich wissen, wenn ich das wieder mal für dich tun kann - was immer es auch gewesen sein mag.«
Der Film war irgendein Geschichtsdrama auf Kroatisch. Das Popcorn war genau richtig gesalzen und passte gut zu dem vier Dollar teuren Schokoriegel, den ich gierig herunterschlang. Sebastian legte den Arm um mich, während wir auf der Empore des majestätischen Kinos saßen, das ganz im coolen Art-déco-Stil gehalten war. Mag sein, dass ich gegen Ende des Films auf den bequemen Samtpolstern ein bisschen eingedöst war, aber ich hatte eine gute Zeit.
Ich sah keine Götter oder Geister mehr, bis wir mit dem Bus zurückfuhren. Wir hätten ein Taxi nehmen können, doch als wir aus dem Kino kamen, hielt gerade die Linie 4 vor dem Ausgang, als wäre eine Kutsche vorgefahren. Die Türen öffneten sich, ich sah zu Sebastian, der die Schultern zuckte und so wortlos »Warum nicht?« fragte, und dann waren wir auch schon eingestiegen.
Um diese Uhrzeit war der Bus so gut wie menschenleer. Auf einer der hinteren Bänke saß ein Typ mit krausem weißem Haar, dessen Gesicht fast vollständig von einem olivgrünen Parka verdeckt wurde und der dort zu schlafen schien. Sein Kopf wippte im Einklang mit den Bewegungen, die der Bus beim Beschleunigen und Bremsen machte. Sebastian und ich suchten uns eine Sitzbank ungefähr in der Mitte des Busses aus.
»Das ist ein großes Abenteuer, nicht wahr?«, meinte er lächelnd und hielt mir die Tasche mit den gekauften Büchern hin. Ich nahm mir Mord nach Sternen heraus, eine sensationelle Beschäftigung mit den astrologischen Konstellationen bekannter Serienmörder. Sebastian entschied sich für ein esoterisches Buch über Plato.
Ich versuchte, während der Fahrt zu lesen, doch es wollte mir nicht gelingen. Immer wieder entdeckte ich zu beiden Seiten der Straße Altvertrautes. Da war das wunderbare Restaurant Kinhdo, das jetzt zu allen Seiten von neuen Gebäuden und anderen Geschäften umgeben war. Wo war der alte Fahrradladen? Dort um die Ecke, war da nicht das Eiscafé gewesen? Wann hatte man in Minneapolis eigentlich so
Weitere Kostenlose Bücher