Garnet Lacey 05 - Das bisschen Flitterwochen
verliefen. Ein Wasserfleck bildete ein unregelmäßiges Muster im Beton an der Wand gegenüber.
Vom Rest des Kellerraums konnte ich nichts sehen, da eine dieser riesigen Heizungsanlagen mit ihren an Tentakel erinnernden Rohren, wie man sie noch immer in vielen alten Häusern vorfand, mir die Sicht nahm. Ein Stück daneben lehnte ein rostiges Fahrrad an einem Regal mit Farbdosen, halb aufgebrauchter Holzbeize, Sprühdosen und Tuben mit Kitt. Von irgendwoher drang der säuerliche Geruch einer Katzentoilette zu mir, die man schon längst hätte sauber
machen müssen.
Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass Larkin eine Katze besessen hatte.
Da mein Magen rebellierte, sobald ich auch nur ein wenig den Kopf hob, beschloss ich, mich so wenig wie irgend möglich zu bewegen. Mein ganzer Körper schmerzte im Rhythmus meines Herzschlags. Ich schloss die Augen und suchte nach einer inneren Göttin. Mir war so, als hörte ich tief in mir Lilith flüstern - vielleicht aber auch Athena -, doch es schien unmöglich zu sein, SIE zu fassen zu bekommen. Sobald ich glaubte, ich hätte SIE erwischt, war SIE auch schon wieder verschwunden.
Verdammte Drogen. Ich wusste nicht, was Larkin mir gegeben hatte, doch es verhinderte offenbar, dass ich Kontakt mit Lilith aufnehmen konnte. Was natürlich auch für Athena galt.
Ich hörte das Knarren rostiger Scharniere, gefolgt von schweren Schritten auf einer Holztreppe. Sofort kniff ich die Augen zu und versuchte, weiter ganz normal zu atmen, obwohl Angst in mir aufkam, die mir neue Schmerzen bereitete.
»Jesus, Alter, du hast ihr ja eine viel zu hohe Dosis gegeben.«
»Na und?«
Ohne die Augen zu öffnen, versuchte ich, Larkins Stimme herauszuhören. Die schroffe Erwiderung schien von ihm gekommen zu sein, doch ich war mir nicht sicher. Und wer waren die anderen?
»Sie könnte sterben, Mann. Noch nie Dr. House gesehen? Wenn sie tot ist, können wir das Lösegeld vergessen.«
Lösegeld? Ich war hier, weil man ein Lösegeld erpressen wollte? Was war hier los? Ich wusste nur, dass Larkin mich schon wieder reingelegt hatte, aber offenbar musste ich diesmal mit viel gravierenderen Folgen rechnen.
»Wie lange ist sie jetzt eigentlich schon bewusstlos?«
Es folgten undefinierbare Geräusche. Vielleicht klappte jemand ein Handy auf, um nach der Uhrzeit zu sehen, oder es wurde ein Ärmel hochgeschoben, um einen Blick auf eine Armbanduhr zu werfen. Ich musste mich zwingen, nicht die Augen zu öffnen, um festzustellen, was denn da geschah. »Zwanzig Minuten. Das ist übel.«
»Lassen wir ihr noch fünf Minuten. Wenn sie dann noch immer nicht wach ist, werden wir den Meister anrufen müssen.«
Den Meister? Das konnte doch nicht ihr Ernst sein! Das hörte sich ja an wie aus einem miesen Horrorfilm, den man fürs Fernsehen gedreht hatte. Etwas an den anderen Stimmen klang vertraut. Waren das die Typen, die mich im Parkhaus hatten überfallen wollen?
Sie liefen nun die Holztreppe hinauf. Ich bekam nur Fetzen ihrer Unterhaltung mit - »So’n Mist, Alter« und »Dazu wird’s nicht kommen« und »Ich will’s nicht hoffen« -, dann wurde eine Tür zugeworfen, und es kehrte wieder Ruhe ein.
Obwohl es deutlich war, dass sie den Kellerraum verlassen hatten, wurde ich das Gefühl nicht los, beobachtet zu werden. Möglicherweise war einer von ihnen hiergeblieben, um mich zu bewachen, also hielt ich die Augen geschlossen und versuchte nachzudenken. Was sollte ich machen? Ich war so gefesselt, dass ich mich vermutlich nicht mal hinsetzen konnte, von einer Flucht ganz zu schweigen. Und abgesehen davon - was, wenn ich tatsächlich eine Überdosis abgekriegt hatte? Ich wollte nicht sterben, und verdammt noch mal erst recht nicht während meiner Flitterwochen. Und auch nicht, wenn meine letzte Unterhaltung mit Sebastian ein hässlicher Streit gewesen war.
Bei diesem Gedanken verkrampfte sich mein Herz, und mein Schädel pochte dumpf. Ich war mir ziemlich sicher, dass meine Überlegungen mir das Herz brachen. Ich musste lange genug leben, damit ich Sebastian sagen konnte, dass es mir leidtat. Er war schon so was wie ein Besserwisser, aber dafür liebte ich ihn schließlich auch.
Mein Versuch, mich von dem Klebeband um meine Handgelenke zu befreien, führte zu nichts, wenn man davon absah, dass ich mir die Haut abscheuerte. Ich benötigte unbedingt göttliche Hilfe. Vielleicht musste ich meinen inneren Göttinnen ja nur ein wenig gut zureden. Wenn es mir gelang, mich lange genug auf einen einzelnen
Weitere Kostenlose Bücher