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Garou

Garou

Titel: Garou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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wieder, aber sonst rührte er sich noch immer nicht.
    »Sie haben Angst vor Hunden«, sagte Rebecca, die angelaufen gekommen war.
    Der Häher lachte nervös.
    »Mein Väter hat Hunde gehalten. Ungeheuer! Wenn Sie die gekannt hätten, hätten Sie jetzt auch Angst!«
    »Deswegen gibt es hier keine Hunde«, sagte Rebecca.
    »Können Sie ihn wegnehmen?«, fragte der Häher.
    »Sie«, sagte Rebecca. »Es ist ein Mädchen.«
    Dann packte sie Tess am Halsband und führte sie zurück zum Schäferwagen.
    Der Häher eilte von der Weide und sah nicht mehr wie ein Schlangenbeschwörer, sondern eher wie ein verängstigter Nager aus.
    »Es gibt sie also«, murmelte Cordelia. »Fellmäntel!«
    Die Schafe gruselten sich. Vielleicht war an der Geschichte mit dem Schrank doch etwas dran.
    Es wurde schnell dunkel. Wolken hingen vor dem Mond, und die Schafe konnten ihre Schatten nicht mehr sehen.
    Rebecca ging in den Schäferwagen, und die Fronsac kam heraus und walzte mit gesenktem Blick und schleifenden Schritten zurück Richtung Schloss.
    Aber was war mit Hortense?
    Das Schäferwagenfenster wurde aufgeklappt, und Miss Maple trabte neugierig näher. Ein unsäglicher Geruch drang aus dem Fenster. Räucherstäbchen und Veilchenparfum und die Traurigkeit der Fronsac.
    »Tee?«, fragte Rebecca drinnen im Schäferwagen.
    Etwas klapperte, und Flüssigkeit gluckste.
    »Merck, sagte Hortense und schwieg. Wahrscheinlich trank sie.
    »Und jetzt?«, fragte Rebecca nach einer Weile.
    »Sie will uns etwas erzählen!«, dröhnte Mama.
    »Weil es Ihnen sonst keiner erzählen wird«, sagte Hortense.
    »Okay«, sagte Rebecca.
    Hortense holte tief Luft, so tief, dass man es selbst draußen vor dem Schäferwagen hören konnte.
    »Becca, das Reh, das du gefunden hast... Es gibt oft solche Rehe. Seit Jahren. Immer im Winter. Immer im Schnee.«
    »Ist dir kalt?«, fragte Rebecca.
    Hortense gab keinen Ton von sich, trotzdem kippte Rebecca das Schäferwagenfenster wieder zu.
    Miss Maple seufzte, dann presste sie ihre Stirn entschlossen gegen die Holzwand des Schäferwagens. So konnte man auch bei geschlossenem Fenster verstehen, was drinnen gesprochen wurde. Die Wand war kalt. Kalt wie Eis.
    »...immer nur Rehe und manchmal ein Hase und einmal ein Wildschwein. Das Wildschwein hat allen Angst gemacht - so ein großes und starkes Tier und trotzdem ... Aber die Leute haben sich daran gewöhnt. Und dann... es gab hier schon einmal Schafe, weißt du«, sagte Hortense. »Vor drei Jahren noch gab es hier Schafe. Hübsche Schafe.«
    »Und dann?«, flüsterte Rebecca.
    »Und dann gab es auf einmal keine Schafe mehr. Die ganze Herde in einer Nacht. Alle wie die Rehe! Hier auf der Weide! Mon Dieu, Becca, als ich aufgewacht bin und morgens aus dem Fenster gesehen habe! Mon Dieu! Und niemand hat etwas gehört und gesehen. Personne! Ich habe das heute dem Inspektor erzählt, und ich habe mir gedacht, wie wichtig das für dich ist und dass ich es dir auch erzählen muss. Muss. Egal, was die Plin...«
    Hortense schwieg, und Rebecca schwieg auch.
    Maple, die kalte Stirn gegen die Schäferwagenwand gepresst, zitterte. Schafe! Rot und tot wie die Rehe!
    »Und nicht nur Schafe, nicht wahr?«, sagte Rebecca nach einer Weile.
    »Was?«, quietschte Hortense.
    »Menschen auch, nicht wahr?«, sagte Rebecca. »Zach hat so etwas angedeutet.«
    Hortense lachte vorsichtig. »Wie kannst du glauben, was Zach sagt? Zach spinnt.«
    »Vielleicht, aber ich glaube nicht, dass er so einfach Sachen erfindet. Ich glaube, dass er auf seine Art ziemlich klug ist. Weißt du, dass er sein ganzes Englisch aus Filmen gelernt hat?«
    »Agentenfilmen«, sagte Hortense geringschätzig.
    »Es gab Menschen, nicht wahr?«, sagte Mama mit tiefer Stimme. Ihrer zweiten Stimme, vermutete Miss Maple.
    »Drei«, sagte Hortense leise.
    Maple presste ihre Stirn fester gegen das Holz.
    »Zuerst ein Junge im Wald. Un petit garcon. Dann kam natürlich die Polizei. Sie haben nichts gefunden. Rienl Sie haben ihn nur wütend gemacht. Und dann Mutter und Tochter. Die waren nicht im Wald. Die hat er geholt!«
    »Wer?«, hauchte Rebecca. »Leute von hier?«
    Hortense schwieg.
    »Nein«, sagte sie dann, etwas zu spät, etwas zu hoch. »Nicht von hier... von ... aus einem Nachbardorf.« »Und dann?«, fragte Rebecca.
    »Die Polizei hat wieder nichts gefunden. Und dann... ist nichts mehr passiert. Zwei Jahre lang nichts. Nicht mal ein Reh. Und jetzt... jetzt hast du wieder ein Reh gefunden, und die Leute warten.

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