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Garou

Garou

Titel: Garou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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stehen würde und dass sie sofort etwas unternehmen musste. Sie galoppierte hinüber zu Cloud, die ihr am nächsten lag, und stupste sie mit der Nase und blökte und blökte.
    Aber Cloud wollte nicht aufwachen.
     
    Seit der Sache mit dem Wasser waren Othello und Mopple ausgesprochen schlecht auf den Häher zu sprechen. Er hätte überall hinpissen können, in jede der vielen überflüssigen Ecken des Schlosses, aber er pisste in die einzige Quelle, die sie bisher hier entdeckt hatten. Es war... krank vielleicht.
    Der Häher sprach viel über Dinge. Über hölzerne Dinge mit Füßen, die nicht liefen, Steindinge, die auf den hölzernen Dingen standen, Stoffdinge an den Wänden und glitzernde Dinge, die von der Decke hingen. Alles schien fürchterlich alt zu sein, und Rebecca sagte »oh« und »ach«, und einmal gähnte sie verstohlen. Aber nicht verstohlen genug. Othello und Mopple, die hinter einem der schrecklich alten Holzdinge hervorlugten, sahen, wie der Häher einen Moment innehielt, wie um zu wittern.
    Dann stieß er eine Tür auf, der er gerade noch den Rücken zugedreht hatte.
    Der Raum hinter der Tür war wieder einmal kleiner, als den Schafen lieb war. Die Wände schienen mit glänzenden, hellen Stoffen bespannt, und in der Mitte stand wieder eines der alten Dinge mit Füßen.
    »Wir kommen nun in den privatesten Teil des Schlosses«, sagte der Häher. »Hier auf diesem Kanapee hat meine Mutter meinen Vater und das Zimmermädchen in einer prekären Situation vorgefunden. Dort hinten auf dem Teppich, indische Seide, spätes 18. Jahrhundert, hat sie danach versucht, sich die Pulsadern zu öffnen. Mit einer Nagelschere, la pauvre. Meine Mutter war ein sehr unpraktischer Mensch. Natürlich wurde sie gerettet. Sogar der Teppich ist unversehrt. Das Zimmermädchen hingegen...«
    Er drehte sich plötzlich zu Rebecca um, die ein bisschen blass in der Tür stand und zuhörte.
    »Interessiert Sie das?«
    Rebecca lächelte vorsichtig. »Na ja. Ja und nein. Das ist natürlich sehr privat. Aber...«
    »Ja oder nein?«, fragte der Häher.
    »Ja!«, sagte Rebecca, und die beiden lächelten.
    Auf einmal hatte Othello das Gefühl, dass der Häher über all diese alten und vergangenen Dinge sprach, damit die Schäferin etwas anderes übersah. Etwas, das passierte.
    »Was passiert?«, raunte Othello Mopple zu. »Was passiert?«
    Mopple sah ihn zuerst überrascht an. Dann ließ er von dem doch etwas trockenen Vorhangstoff hinter sich ab und lauschte. Othello lauschte auch. Das Schloss schwieg, aber irgendwo klapperte Geschirr. Irgendwo sang eine Kinderstimme. Irgendwo stiegen Schritte eine Treppe hinauf. Stoppten. Stiegen weiter. Schritte hinter Mauern. Dann knallte eine Tür.
    Die Tür knallte so laut, dass auch Rebecca sie hören konnte. Man konnte sehen, dass sie gar nicht wusste, dass sie etwas gehört hatte, aber ihr Gesicht drehte sich in die Richtung des Knalls.
    »Was ist da hinten?«, fragte sie. »Der Turm«, sagte der Häher.
    »Kann man sich den auch ansehen?«, fragte Rebecca. »Nein«, sagte der Häher ungewöhnlich kurz. Rebecca runzelte die Stirn.
    »Es gibt auch gar nichts Interessantes zu sehen«, sagte der Häher. »Nichts als Käse.«
    »Der Käse ist allerdings hervorragend. Erics Käse. Haben Sie den schon probiert? Das Klima ist gut für die Reifung. Wie eine Höhle.« Der Häher lachte leise. »Das hätte sich der alte Baron sicher nicht träumen lassen, dass sein Sohn einmal Käse herstellt. Aber nach den ganzen Problemen, die er hatte, kann er froh sein, dass er überhaupt wieder auf die Füße gefunden hat.«
    »Probleme?«, fragte Rebecca.
    »Drogen«, sagte der Häher. Er öffnete eine neue Tür und führte Rebecca weiter, weg vom Turmzimmer.
    »Wo geht es dort hin?«, fragte Rebecca und zeigte auf eine Tür.
    »Oh«, sagte der Häher. »Das ist die Dienstbotentreppe in den dritten Stock. Im dritten Stock waren früher die Patienten, und über diese Treppen konnte mein Vater sie heimlich beobachten.«
    »Ungewöhnliche Methode«, sagte Rebecca.
    Der Häher lachte bitter. »Das kann man wohl sagen! Mein Vater war besessen davon, die Natur des Wahnsinns zu erforschen. Wahrscheinlich hat er mehr gelernt, als ihm lieb war.«
    Rebecca guckte neugierig auf die Dienstbotentür.
    »Heute ist der dritte Stock verschlossen«, sagte der Häher bestimmt. »Dies hier ist übrigens der älteste Teil des Schlosses, frühes 16. Jahrhundert, bitte beachten Sie das wunderbare Eichenparkett.«
    »Käse?«
    »Was für

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