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Garp und wie er die Welt sah

Garp und wie er die Welt sah

Titel: Garp und wie er die Welt sah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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jüngere Kind an einem Kaugummi von Nicky.
    Schuld häuft sich auf. Garps
Bücher sind voller Schuld. Auch Hope wird von Schuldgefühlen heimgesucht – sie
war tatsächlich bei jemandem. (Doch wer könnte ihr das verübeln?) Bensenhaver,
krank vor Verantwortungsgefühl, hat einen Schlaganfall. Teilweise gelähmt,
zieht er wieder zu den Standishs; Dorsey fühlt sich für ihn verantwortlich.
Hope besteht darauf, dass sie noch ein Kind bekommen,
aber die Ereignisse haben Dorsey für immer unfruchtbar gemacht. Er ist damit
einverstanden, dass Hope ihren Liebhaber ermutigt – aber nur zum »Besamen«, wie
er es ausdrückt. (Ironischerweise war das der einzige Teil
des Buches, den Jenny Fields als »weit hergeholt« bezeichnete.)
    Abermals sucht Dorsey Standish
»eine Kontrollsituation – mehr wie ein Laborexperiment über das Leben als das
Leben selbst«, schrieb Garp. Hope kann sich einem solchen klinischen Arrangement
nicht fügen; entweder hat sie, emotional, einen Liebhaber oder nicht. Dorsey
besteht darauf, dass die Liebenden sich einzig und allein zum Zweck der
»Besamung« treffen, und versucht, die näheren Umstände zu kontrollieren, die
Anzahl und Dauer ihrer [616]  Begegnungen. Da Standish den Verdacht hat, dass Hope
ihren Liebhaber nicht nur plangemäß, sondern auch heimlich trifft, macht er den
senilen Bensenhaver auf einen Herumtreiber, einen potentiellen Kindesentführer
und Vergewaltiger, aufmerksam, dessen Anwesenheit bereits in der Nachbarschaft
bemerkt worden ist.
    Immer noch nicht zufrieden,
gewöhnt Dorsey Standish sich an, unvermittelt und unangemeldet in seinem
eigenen Haus zu erscheinen (zu Zeiten, in denen er zu Hause am wenigsten
erwartet wird); er erwischt Hope nie bei etwas, aber der bewaffnete und tödlich
senile Bensenhaver erwischt Dorsey. Arden Bensenhaver, der schlaue Invalide,
ist erstaunlich beweglich und leise in seinem Rollstuhl; außerdem geht er immer
noch mit ausgefallenen Methoden gegen Verbrecher vor: Bensenhaver schießt
Dorsey Standish aus gut anderthalb Meter Entfernung mit einer Pistole nieder.
Dorsey hatte sich im oberen Stockwerk im Wandschrank versteckt, wo er zwischen
den Schuhen seiner Frau darauf wartete, dass sie im Schlafzimmer ein Telefongespräch
führte, das er – im Wandschrank – mithören konnte. Er verdient es natürlich,
niedergeschossen zu werden.
    Die Schusswunde ist tödlich. Der
völlig durchgedrehte Arden Bensenhaver wird abtransportiert. Hope ist schwanger
mit dem Kind von ihrem Liebhaber. Als das Kind zur Welt kommt, spürt der
inzwischen zwölfjährige Nicky, dass die belastende Anspannung in der Familie
verschwunden ist. Die schreckliche Angst des Dorsey Standish, die ihrer aller
Leben überschattet hat, ist endlich von ihnen genommen. Hope und ihre Kinder
leben weiter und können sogar über die wüsten Geschichten des alten Bensenhaver [617]  lachen, der zu zäh zum Sterben ist und noch im Rollstuhl in einem Altersheim
für gemeingefährliche Geisteskranke seine Versionen von der alptraumhaften Welt
erzählt. Endlich ist er da, wo er hingehört. Hope und ihre Kinder besuchen ihn
oft, nicht nur aus Nettigkeit – denn sie sind nett –, sondern auch, um sich
ihre eigene kostbare Normalität vor Augen zu führen. Hopes Ausdauer und das
Überleben ihrer beiden Kinder machen ihr die Schwafeleien des Alten erträglich,
und am Ende findet sie sie sogar komisch.
    Das sonderbare Altersheim für
gemeingefährliche Geisteskranke hat übrigens verblüffende Ähnlichkeit mit Jenny
Fields’ Krankenhaus für geschundene Frauen in Dog’s Head Harbor.
    Es geht weniger darum, dass die
Welt, wie Bensenhaver sie sieht, falsch oder auch nur falsch wahrgenommen ist,
sondern um den unverhältnismäßigen Umgang mit dem Bedürfnis der Welt nach
Sinnenfreude und Wärme – und mit ihrer Fähigkeit, Wärme zu geben. Auch Dorsey
Standish »wird der Welt nicht gerecht«: Er ist zu verwundbar in seiner
empfindsamen Liebe zu seiner Frau und seinen Kindern; es zeigt sich, dass er
und Bensenhaver »nicht sehr tauglich sind für das Leben auf diesem Planeten«. Wo
Immunsein zählt.
    Hope und ihre Kinder – hofft der
Leser – mögen bessere Chancen haben. Der Roman vermittelt den Eindruck, dass
Frauen besser als Männer gerüstet sind, Angst und Brutalität auszuhalten und
die Furcht vor den Verletzungen einzudämmen, die uns die Menschen, die wir
lieben, zufügen können. Hope wird als starke Überlebende der Welt eines
schwachen Mannes gezeigt.
    [618]  John Wolf saß

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