Garstige Gnome
leer. Nur der Rucksack des Jungen lag auf dem Beifahrersitz. PJ nahm ihn und wandte sich um. »Sam?«
8
Die Falltür
N achdem Sam den Camaro umrundet hatte, stürmte er in den Wald. Als er aufhörte zu schniefen, befand er, dass er drei Möglichkeiten hatte. Die erste war, sich zu PJ ins Auto zu setzen und zur Polizeistation zurückzufahren. Irgendwann würde ihn sein vermutlich betrunkener Vater abholen und ihm zu Hause eine Tracht Prügel verabreichen. Die zweite Möglichkeit war, zu Fuß nach Sumas zurückzukehren. Es waren rund sieben Meilen, was bedeutete, dass er nicht gleich wieder in der Zelle hocken würde. Aber Officer Myrmidon würde seinem Vater trotzdem von den geklauten Feuerwerkskörpern erzählen, und er würde seine Abreibung eben später bekommen. Er senkte den Blick. Die dritte und letzte Möglichkeit lag direkt vor ihm im Waldboden.
Der Bewegungsmelder ragte senkrecht aus der Erde. Sam konnte die elektrischen Arbeitsteile durch den kuppelförmigen Plexiglasaufsatz erkennen. Der Pfosten selbst stand auf einer etwa einen Quadratmeter großen Grasfläche. Im trüben Licht des aufgehenden Mondes, das zwischen den Bäumen einfiel, bemerkte er die lockere Erde entlang der Grasnarbe. Es sah aus, als wäre die Erde erst vor kurzem aufgeworfen worden.
Sam bückte sich und schob die Finger ins lockere Erdreich neben der Grasfläche. Da war eine Kante, und er zog daran. Das gesamte Viereck hob sich ein wenig. Er tastete am Rand entlang, bis er einen Eckpunkt fand, und hob kräftiger. Das Viereck klappte schräg auf. Es war schwer, aber Sam gelang es, die Hände darunterzuschieben und es hochzustemmen. Es war eine Falltür.
Sam zog sie vollständig auf und blickte hinab. Unten war die Erde ausgehoben, so dass man in eine etwa anderthalb Meter tiefe Grube springen konnte. An einer Seite gab es eine runde Öffnung. Der Tunnel , dachte Sam. Es war genauso, wie die Frau, Bree, gesagt hatte.
Die Tunnelöffnung wies nach Norden, Richtung Kanada. Es war stockfinster in dem Loch, aber Sam wollte wissen, was sich dort unten verbarg. Geheimnisvolle Fremde, monsterartige Tiere, Schwerter und mittelalterliche Rüstungen – das alles war viel zu spannend, um nicht für einen schnellen Blick hinabzusteigen. Falls ihm im Tunnel Gefahr drohte, würde er sofort umkehren. Er blickte sich prüfend um, dann rutschte er über den Grubenrand und ließ sich hinabgleiten.
Sam starrte in die düstere Tunnelöffnung. Ein schwa ches grünliches Licht erhellte den dahinterliegenden Gang. Die festen Tunnelwände waren perfekt gerundet, als wäre ein riesiger Ball durch das Erdreich gerollt, und das Licht schien von fluoriszierenden Flechten zu kommen.
Sam machte ein paar vorsichtige Schritte. Keine Gefahr bisher , dachte er, aber spannend ist es. Er grinste und marschierte in den Tunnel hinein, der tiefer und tiefer hinabführte …
9
PJs Entschluss
M it Sams Rucksack in der Hand tigerte PJ vor dem Bewegungsmelder auf und ab. Sam war vor zehn, die Fremden vor fünf Minuten verschwunden. Er wusste nicht, wie er seinem Vater erklären sollte, dass ihm sein einziger Gefangener entwischt war.
PJ versuchte sich zurechtzulegen, was er seinem Dad sagen würde. »Ich bin an deinem Schreibtisch eingeschlafen, Dad. Als ich aufwachte, war der kleine Houdini verschwunden.« PJ schüttelte den Kopf und versuchte es von neuem. »Der Bursche hat mich mit einem Trick dazu gebracht, ihn aus der Zelle zu lassen, dann hat er mich überwältigt und …« Nee , dachte er. Selbst wenn es gestimmt hätte, hätte er so etwas niemandem erzählt.
PJ glaubte zu wissen, wohin Sam verschwunden war – er hatte seine leuchtenden Augen gesehen, als er von dem Tunnel sprach –, und PJ hatte nicht die geringste Lust, ihm dorthin zu folgen. Aber es schien die einzige Möglichkeit zu sein. »Mist«, murmelte er.
PJ begann, den Boden rings um den Bewegungsmelder abzusuchen. Schließlich entdeckte er das verdächtige Grasviereck, schob die Finger in die aufgeworfene Erde und zog.
Es war schwer, aber die als Grasfläche getarnte Falltür ließ sich anheben. Lockere Erde rieselte in die Grube, die darunter zum Vorschein kam. Sam hatte recht gehabt. Es gab diesen Tunnel wirklich. PJ hatte die dreißig Zentimeter lange Polizei-Taschenlampe seines Vaters mitgebracht und leuchtete damit in die Tunnelöffnung. Sie sah nach nichts aus, dachte PJ, aber wenn ihr ein breitschultriges Zottelvieh und ein Pärchen in wallenden Umhängen entstiegen waren, dann stellte die
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