Garten des Lebens
Er trug seine schwarze Lederjacke. Ihr Herz schlug höher. Als Mädchen hatte sie unendlich viel aufs Spiel gesetzt, um mit ihm zusammen zu sein. Ihre Eltern hätten sie bis ans Ende ihrer Tage eingesperrt, hätten sie geahnt, wie oft sie sich mitten in der Nacht aus dem Haus gestohlen hatte. Der Garten war der Lieblingsplatz von ihr und Jake, besonders die kleine, von Rosen berankte Gartenlaube mit der kleinen Bank, die vom Haus her nicht einsehbar war. Jake hatte diesen Platz immer Susannahs Garten genannt.
Jakes Liebe war für sie so selbstverständlich gewesen wie die Luft zum Atmen. Sie war sich so sicher gewesen. Doch was er für sie empfunden hatte, war vergänglich gewesen. Sie wusste das jetzt, und es tat weh. Sie hatte an ihn und an die Kraft ihrer Liebe geglaubt, die unbesiegbar zu sein schien, besonders in jener Nacht, bevor sie nach Frankreich geflogen war.
Susannah erinnerte sich, wie sie ihren Vater gebeten, ja angefleht hatte, sie nicht fortzuschicken. Sie hatte geweint und geschrien, doch er war unerbittlich geblieben und hatte behauptet, sie würde ihm eines Tages dankbar dafür sein.
Er lag falsch. Nie würde sie ihm vergeben, was er ihr angetan hatte.
Eine Autotür wurde zugeschlagen, und Susannah öffnete die Augen. Die Ruhe, die Stille war verflogen. Sie ging zur Haustür und sah, wie ihre Tochter den Weg zum Haus hinaufstolziert kam, gekleidet mit einer engen Jeans und einem noch engeren Top. Trotz lag in ihrem Blick. “Du wirst mich nicht davon abhalten, Mom.”
“Wovon?”, fragte Susannah müde und fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen.
“Davon, nach Colville zu ziehen. Ich habe schon alles mit Grandma besprochen, und sie findet es gut, dass ich herziehe. Sie sagt, sie wird für mich aufkommen, bis ich einen Job gefunden habe. Sie braucht mich hier, ich will für sie da sein.”
Susannah verstand nicht, warum ihre Tochter so aufgebracht war. “Wie kommst du denn jetzt darauf?”
Ihre Tochter warf ihr einen bitterbösen Blick zu. “Du hast mit Dad gesprochen! Hinter meinem Rücken. Und jetzt ist er auch gegen mich.”
“Ja. Wolltest du es ihm selbst sagen? Ich hoffe, ich habe deine Überraschung nicht verdorben.” Wenn die Situation es erforderte, konnte sie genauso sarkastisch sein wie ihre Tochter.
Chrissie stemmte die Hände in die Hüften und starrte sie finster an. “Es hat sich nichts geändert.”
Susannah seufzte hörbar auf. “Davon bin ich auch nicht ausgegangen. Also bist du immer noch entschlossen, diesen Schritt zu wagen, obwohl …” Sie brachte den Satz nicht zu Ende.
“Obwohl
was?”
“Obwohl du nicht die einzige Frau in Troy Nances Leben bist?” Sie konnte sich nicht länger zurückhalten. Und da sie nun begonnen hatte, musste sie auch weitersprechen. “Ich habe Troy mit einer anderen Frau im Park gesehen.”
Chrissie kniff die Augen zusammen. “Das ist so erbärmlich.”
Susannah zog langsam die Schultern hoch und hob die Hände. “Denke, was du willst, aber ich weiß, was ich gesehen habe.”
“Du würdest doch alles behaupten, damit ich Troy nicht mehr treffe, aber ich habe deine Lügen durchschaut.”
“Frag ihn selbst”, schlug Susannah vor und deutete auf das Telefon in der Küche.
Chrissie zögerte einen Augenblick lang. “Fein, das werde ich auch tun.” Mit selbstgefälliger Miene ging sie zum Telefon. Sie war sich ihrer Sache so sicher – jedenfalls tat sie so.
Susannah folgte ihr, begierig zu hören, wie Jakes Sohn sich aus der Affäre ziehen würde. Und ja, sie hatte sich mit Sharons Behauptung, dass Jake der Vater ihres Sohnes war, abgefunden.
Mit dem Rücken zur Wand saß Chrissie auf dem Linoleumfußboden in der Küche. Sie legte den Kopf auf ihre angezogenen Knie, während sie den Telefonhörer an ihr Ohr presste. Als Susannah den Raum betrat, hob Chrissie den Kopf, Empörung lag in ihrem Blick.
“Hi”, sagte sie, als Troy sich meldete.
Susannah setzte sich an den Küchentisch und verschränkte die Arme. Geduldig wartete sie. Nicht einen Moment lang glaubte sie, Troy Nance würde in dieser Situation die Wahrheit sagen.
“Du warst gestern Nachmittag doch nicht mit einer anderen zusammen, oder?”, säuselte Chrissie in den Hörer.
Er nahm sich Zeit für seine Antwort. Chrissie hielt den Blick gesenkt, bis irgendetwas, das er sagte, sie aufschrecken ließ. Sie starrte ihre Mutter an.
“Im Park”, wiederholte sie seine Worte, ohne Susannah aus den Augen zu lassen. “Jenny Sandberg ist dir dort über den
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