Garten des Lebens
ausgebrannt war. Sie konnte den Gedanken, dass jemand auf diese Weise sterben musste, kaum ertragen. Nachdenklich griff sie nach ihrer Handtasche und zog ein Taschentuch heraus.
Ein paar Minuten später bedankte sich Susannah bei der Bibliothekarin für ihre Hilfe und verließ die Bücherei. Sie ging über die Straße und betrat das Büro des Sheriffs. Die Dame am Empfang blickte demonstrativ auf die Uhr. Offensichtlich wartete sie ungeduldig auf ihre Pause.
“Hallo”, sagte Susannah, als sie an den Tresen trat. Die Angestellte war jung und erinnerte sich möglicherweise nicht an Susannahs Vater, der einige Jahre zuvor in den Ruhestand getreten war.
Die Angestellte sah auf, warf abermals einen Blick zur Uhr und runzelte die Stirn. “Kann ich Ihnen helfen?”
“Das hoffe ich. Ich würde gerne mit jemandem über eine mögliche Anzeige gegen Doug Leary sprechen. Das müsste in den frühen Siebzigern gewesen sein.” Sie versuchte, in den Augen der jungen Frau ein Zeichen des Erkennens zu entdecken, doch offenbar sagte der Name Leary ihr nichts.
“Wann genau?”, fragte die Angestellte.
“1973.”
Die Frau schüttelte den Kopf, wobei ihr kurzen Locken hin- und herwippten. “Alle Unterlagen vor 1978 werden im Keller gelagert.”
“Könnte mir jemand die Papiere besorgen?”
Die Angestellte starrte Susannah an. “Sie machen Witze, oder? Wir sind total unterbesetzt. Zwei Kollegen sind im Urlaub.”
“Aber die kommen doch sicher bald wieder, oder?”, erwiderte Susannah.
“Niemand hat die Zeit, alte Akten durchzusehen, solange es nicht einen aktuellen Fall betrifft.”
“Es hat mit meinem Bruder zu tun. Er starb bei einem Autounfall, und ich habe kürzlich erfahren, dass er möglicherweise in Schwierigkeiten steckte. Und nun möchte ich wissen, was es war.”
Die Angestellte blickte Susannah finster an und schüttelte den Kopf. “Es tut mir leid, ich kann Ihnen nicht helfen.”
“Greg Dalton war 1973 Sheriff, stimmt's?” Er war damals ein guter Freund ihres Vaters gewesen.
Die Angestellte drehte sich zu einer Reihe Fotografien um, die an der Wand hingen. “Sieht so aus. Aber das war
lange
vor meiner Zeit.”
“Lebt er noch hier in der Gegend?”
Die Angestellte nickte und erhob sich, als eine Kollegin zu ihr kam. “Ich glaube schon. Jetzt nehme ich meine Kaffeepause. Wenn Sie weitere Fragen haben, kann ich einen Deputy rufen – falls einer erreichbar ist.”
“Danke, aber das wird nicht nötig sein.”
Susannah brauchte lediglich in das alte Adressbuch ihrer Mutter zu schauen und die Anschrift des Sheriffs rauszusuchen. Soweit sie wusste, hatte er mindestens einmal die Woche mit ihrem Vater Bridge gespielt. Sie fuhr zurück zum Haus und fand die Adresse sofort – Old River Road, ein paar Meilen vor der Stadt.
Auf gut Glück fuhr Susannah zu ihm. Sie bog in die Auffahrt, an der ein Briefkasten mit der Aufschrift Dalton stand, und hielt vor dem Haus. Eine ältere Dame stieß die Fliegengittertür auf und musterte Susannah neugierig. Das Haus war klein, der Rasen saftiggrün und gepflegt. Ein kleiner Bach schlängelte sich am Ende des Grundstücks entlang.
“Mrs. Dalton?”, fragte Susannah, als sie aus dem Wagen stieg. Sie konnte sich nicht mehr an den Vornamen der Frau erinnern.
“Ja. Kann ich Ihnen behilflich sein?”
Mrs. Dalton war Mitte siebzig und eine freundlich aussehende Frau mit lockigem grauem Haar und einer rundlichen Figur.
“Ich bin Susannah Leary, verheiratete Nelson.”
“Susannah, natürlich! Wie schön, dich wiederzusehen. Wie geht es deiner Mutter? Ich wollte in die Stadt kommen und sie besuchen, nachdem dein Vater gestorben ist, aber irgendwie hatte ich nie Zeit – der Tag hat einfach nicht genügend Stunden.”
Susannah lächelte, und die beiden Frauen schüttelten einander die Hände. “Danke.” Es fiel ihr noch immer schwer, Beileidsbekundungen entgegenzunehmen – Susannah wusste nie, was sie darauf erwidern sollte. Sie tauschten ein paar Nettigkeiten aus, und Mrs. Dalton lud sie ein, ins Haus zu kommen.
“Ich würde Mr. Dalton gerne ein paar Fragen stellen”, sagte sie.
“Fragen?”, wiederholte die alte Dame.
“Ich habe in letzter Zeit einige Dinge über meinen Bruder erfahren. Sie erinnern sich noch an Doug, oder?”
“O ja, natürlich. Ich glaube, deine Eltern sind nie ganz über den Verlust hinweggekommen.”
Susannah schluckte.
Mrs. Dalton runzelte die Stirn. “Susannah, mein Mann ist seit einiger Zeit krank – sein Herz. Ich
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