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Garten des Lebens

Garten des Lebens

Titel: Garten des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Macomber
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habe gar nicht gehört, dass du aufgestanden bist”, sagte Vivian, als sie in die Küche kam. Sie zog den Gürtel ihres Morgenmantels enger. Susannah bemerkte, dass ihre Mutter die Füße nachzog, so als wären ihre Hausschuhe zu schwer für sie. Sie machte winzige Schritte und sah viel älter aus, als noch vor ein paar Monaten.
    “Guten Morgen, Mom”, sagte Susannah fröhlich.
    Ihre Mutter nahm eine Tasse und eine Untertasse aus dem Schrank und stellte sie neben die Kaffeekanne. “Hast du gut geschlafen?”
    “Sehr gut.”
    Ihre Mutter nickte. “Brauchst du etwas?”
    Susannah warf erneut einen Blick in den Kühlschrank und erinnerte sich daran, wie ihr Vater sie als Kind immer lautstark aufgefordert hatte, die Kühlschranktür zu schließen. “Ich habe nach Milch gesucht”, erwiderte sie.
    “Ich habe noch genügend Milch.” Vivian schien überrascht zu sein, dass Susannah sie nicht gefunden hatte. “Ich bin mir sicher, dass ich erst neulich welche gekauft habe.”
    Susannah nahm einige der Plastikbehälter heraus und stellte sie auf die Anrichte. Und tatsächlich – ganz hinten fand sich ein Paket Milch. Sie holte den Karton heraus, stellte ihn auf den Tisch und griff nach ihrer Tasse. Der Geruch, der ihr entgegenschlug, als sie den Karton öffnete, ließ sie zögern. Ein Blick auf das Haltbarkeitsdatum sagte ihr, dass die Milch schon vor über einem Monat abgelaufen war. Angewidert goss Susannah die dickliche, klumpige Milch in den Ausguss und stellte das Wasser an, um sie wegzuspülen.
    “Was ist mit der Milch?”, fragte Vivian.
    “Sie ist schlecht.”
    Missmutig verzog ihre Mutter das Gesicht. Die verengten Augen und den zusammengekniffenen Mund kannte Susannah noch aus ihrer Kindheit – denselben Ausdruck hatte ihre Mutter gehabt, wenn Susannah ungezogen gewesen war.
    “Ich denke, wir sollten den Milchkarton zu
Safeway
bringen und das Geld zurückverlangen. Sie haben mir verdorbene Milch verkauft.”
    “Also, Mom …”
    “Genau wie die riesigen Supermarktketten, die sogar arme Witwen ausnehmen. Das werde ich nicht hinnehmen.”
    “Mom, es ist zu früh am Morgen, um sich schon aufzuregen. Trink deinen Kaffee, und wir reden später darüber.” Susannah hielt es für zwecklos, darüber zu diskutieren, dass Vivian die Milch wohl schon vor sechs oder sieben Wochen gekauft und dann vergessen hatte.
    Als ihre Mutter den Kaffee aus der silbernen Kanne einschenkte, zitterten ihre Hände. Susannah musste sich auf die Unterlippe beißen, um nicht zu ihr zu gehen und das Einschenken für sie zu übernehmen. Dann nahm Vivian mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck am Küchentisch Platz – offensichtlich war sie stolz auf sich selbst, weil sie den Kaffee eingegossen hatte, ohne einen Tropfen zu verschütten.
    “Das Treffen mit Carolyn Bronson war sehr schön”, erzählte Susannah, während sie sich zu ihrer Mutter an den Tisch setzte.
    “Mit wem, mein Schatz?”
    “Carolyn Bronson. Erinnerst du dich? Ihr habt euch neulich getroffen, und sie hat dir ihre Telefonnummer gegeben. Wir haben uns gestern Abend in dem Pub getroffen, wo früher das
A&W-Drive-In
war.”
    “O ja, natürlich. Wie geht es ihren Eltern?”
    Für Susannah war die Vergesslichkeit ihrer Mutter erschreckend – und traurig. Doch wenn sie Vivian jetzt daran erinnerte, dass Mr. und Mrs. Bronson gestorben waren, würde sie sich nur unnötig aufregen. Und sie hatte sowieso dringendere Dinge zu besprechen. Sie entschied sich, unbestimmt zu bleiben. “Ich bin mir nicht sicher, Mom.”
    “Mrs. Bronson ist wirklich lustig.” Sie beugte sich zu Susannah und senkte die Stimme. “Sie tut immer so vornehm, weil sie Französin ist.”
    “Carolyn war meine beste Freundin auf der Schule”, sagte Susannah sanft.
    “Ich habe versucht, freundlich zu ihr zu sein”, fuhr ihre Mutter fort, als hätte sie Susannahs Einwand gar nicht gehört. “Ich habe mir große Mühe gegeben, aber ich habe den Ansprüchen von Brigitte Bronson nie genügen können.”
    “Carolyn lässt dir schöne Grüße bestellen.”
    “Sie war ein nettes Mädchen.” Vivian hob den Becher an, um einen Schluck von ihrem Kaffee zu nehmen, und erneut bemerkte Susannah, wie ihre Hand zitterte. “Im Gegensatz zu ihrer Mutter …”
    Susannah wollte sich nicht auf eine gemeine und abfällige Unterhaltung über Carolyns Mutter einlassen, aber sie wusste, was Vivian meinte. Obwohl Brigitte nie etwas gesagt hatte, war Susannah nie das Gefühl losgeworden, dass Carolyns Mutter die

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