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Garten des Lebens

Garten des Lebens

Titel: Garten des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Macomber
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weggezogen ist. Was wohl aus ihm geworden ist?”
    Carolyn war wütend auf ihn, weil er Susannah im Stich gelassen hatte, als sie ihn so dringend gebraucht hätte. Sie erinnerte sich, wie Susannah nach ihrer Rückkehr nach ihm gesucht hatte. Doch er war fort – und mit ihm seine Familie.
    “Das letzte Treffen mit Jake war furchtbar”, fuhr ihre Freundin fort und wirkte gedankenverloren. “Ich schlich mich aus dem Haus. Wir hatten uns im Garten meiner Mutter auf der Steinbank hinter dem Spalier verabredet. Es war so romantisch dort und duftete so wundervoll.” Sie hob den Blick und sah Carolyn an. “Jake wollte, dass ich mit ihm davonlaufe, und ich hatte einfach nicht den Mut, es zu tun. Ich war doch erst siebzehn. Also hab ich Nein gesagt. Am nächsten Morgen fuhren meine Eltern mit mir nach Spokane und setzten mich in einen Flieger nach Frankreich.”
    “Und du hast nie wieder von ihm gehört?”
    “Abgesehen von den paar Briefen, die wir uns noch schrieben, nicht.”
    Carolyn beugte sich vor. “Du hast das Richtige getan. Kannst du dir vorstellen, wie du dich fühlen würdest, wenn deine Tochter in dem Alter abgehauen wäre?”
    Susannah lächelte. “Kinder zu haben rückt alles in ein völlig anderes Licht und eröffnet ganz andere Perspektiven, nicht wahr? Meine Tochter ist genauso eigenwillig, wie ich es war, und ein mehr als schwieriges Kind. Sie ist mittlerweile fast zwanzig und glaubt, sie sei erwachsen, dabei benimmt sie sich oft wie ein Teenager.”
    Susannah zog ein paar Bilder ihrer Kinder hervor und zeigte sie Carolyn. Chrissie und Brian sahen gut aus – genau wie Joe, Susannahs Ehemann, der einen attraktiven und zuverlässigen Eindruck machte. Obwohl sie ihnen nie begegnet war, empfand Carolyn auf Anhieb Sympathie für Joe und die Kinder. Auch sie hatte sich eine Familie gewünscht, doch durch die Scheidung war sie aus der Bahn geworfen worden. Um zu vergessen, hatte Carolyn sich in ihre Arbeit gestürzt, dann war ihr Vater krank geworden, und plötzlich war sie vierzig gewesen.
    In der Regel machte es ihr nichts aus, alleine zu sein. Es war besser als die Ehe mit ihrem Exmann, dessen Untreue jegliches Vertrauen in ihr zerstört hatte. Carolyn war schon immer schüchtern gewesen. Aber sie hatte gelernt, ihre Hemmungen durch intellektuelle Fähigkeiten zu kompensieren, und sich zu einer guten und fähigen Führungskraft entwickelt. Kaum jemand hätte ihr geglaubt, wie schwierig es für sie war, mit einem Mann privaten Kontakt zu haben.
    Susannah schob die Fotos zurück in ihr Portemonnaie. Als sie aufsah, verweilte ihr Blick einen Moment lang auf ihrer Freundin. Dann sagte sie: “Du siehst glücklich aus.”
    Diese Einschätzung verblüffte Carolyn. Aber Susannah hatte recht. Erst vor Kurzem hatte sie selbst sich dabei ertappt, wie sie ein Lied sang, während sie sich für die Arbeit umzog. Der Klang ihrer eigenen Stimme war so überraschend gewesen, dass sie sofort verstummte. Als Carolyn darüber nachdachte, was sie so fröhlich stimmte, war ihr mit einem Mal bewusst geworden, dass es gar keinen besonderen Grund gab. Sie war einfach glücklich und hatte an Selbstbewusstsein gewonnen. Sicher, ab und an überfiel sie ein Gefühl der Reue, die Ahnung, etwas verpasst zu haben, aber das kannte wohl jeder Mensch. Die Firma lief gut, und das hätte ihr Vater neben all ihren anderen Leistungen sicher am meisten zu schätzen gewusst. Das Sägewerk war wieder zum größten Arbeitgeber in Colville geworden – und wenn es dem Betrieb gut ging, ging es auch der Stadt gut. Carolyn hatte allen Grund, stolz zu sein. Die Leitung des Familienbetriebes hatte ihrem Leben einen Sinn gegeben. Durch die Rettung des Bronson Sägewerks hatte sie ihr eigenes Ich gefunden.
    “Was ist mit dir?”, fragte Carolyn und dachte an die Ehe der Freundin. “Bist du glücklich?”
    “Natürlich”, antwortete Susannah schnell, vielleicht
zu
schnell. Sie ergriff ihr Glas. Nach einem Augenblick der Stille sagte sie leise: “Die Wahrheit ist, ich fühle mich in letzter Zeit deprimiert und nicht ganz auf der Höhe. Joe meint, es läge daran, dass ich meinen Vater verloren habe, aber das glaube ich nicht.” Sie sah auf. “Ich …” Susannah zögerte und wirkte mit einem Mal ein wenig verlegen. “Ich musste in letzter Zeit so oft an Jake denken.”
    “Wirklich?” Carolyn beobachtete ihre Freundin genau.
    “Es fing vor etwa drei Monaten an. Ich habe bisher noch mit niemandem darüber gesprochen – ich kann es einfach

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