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Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)

Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)

Titel: Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Keiser
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getroffen. Wie kann ich Ihnen denn behilflich sein?«
    So gut kennt die Mutter die Freunde ihres Sohnes, dachte Franca. Alle Fragen, die sie Stephan stellte, beantwortete er zuvorkommend. Nach seiner Aussage war er am fraglichen Montagnachmittag bis spät abends mit Freunden in Koblenz gewesen, deren Namen und Adresse er ohne Argwohn benannte.
    »Wie gut kennen Sie Lilly Prekow?«, fragte sie schließlich.
    »Lilly …« Ein winziges Flackern trat in seine Augen. Er warf einen Seitenblick auf seine Mutter, die wieder auf dem roten Ledersofa Platz genommen hatte. Dann drückte er den Rücken gerade. »Wie kommen Sie auf Lilly? Hat sie etwa was mit Marios Tod zu tun?«
    Franca sah ihm in die Augen. »Trauen Sie ihr das zu?«
    Er lachte auf. Es war kein freundliches Lachen. »Soweit ich weiß, ist sie drogensüchtig. Und denen traut man doch alles zu, oder?«
     

Dritter Teil
     

1
    Davina setzte sich ans Klavier und klappte den Deckel hoch. Ihre Finger schwebten über denTasten. Von irgendwoher kamen die Töne auf sie zugeflogen. Eine Melodie drängte aus ihr heraus, die sie tief in ihrer Seele aufbewahrt hatte. Auf Anhieb schlug sie die richtigen Töne an, obwohl sie keine Noten zu diesem Lied besaß.
    » Take the ribbon from your hair … shake it loose and let it fall … «
    Sie schloss die Augen und versank in eine andere Welt. Die Klangfarben der Melodie verwandelten sich in Farbtöne, die sich zu wundersamen Mustern verschlangen. Türkis, Lapislazuli, Saphir mit goldenen Funken darin. Noch nie hatte sie das, was das Lied ausmachte, so innig gefühlt wie jetzt. Dieses Geflecht aus Worten und Klängen, das sie fähig war, zu reproduzieren. Das Gefühle auslöste und Bilder aufsteigen ließ. Immer tiefer tauchte sie ab in die Vergangenheit. Transportierte die Zeit, die sie mit ihrer Mutter geteilt hatte, in die Gegenwart.
    »Eines Tages wirst du genauso schön Klavier spielen können wie ich, mein Prinzesschen.« Sie hörte die geflüsterte Stimme dicht an ihrem Ohr.
    Sie spielte Mamas Lied, so wie sie selbst es gespielt hatte. Voller Hingabe und Selbstvergessenheit. Es klang genauso, als ob Mama hier am Klavier säße.
    »Nichts auf der Welt wird uns beide trennen. Du und ich, wir gehören für immer zusammen. Für immer, hörst du?«
    Am Rand ihres Bewusstseins nahm sie wahr, wie eine Tür im Haus geöffnet wurde. Draußen bleiben, dachte sie ärgerlich. Nicht stören. Nicht jetzt. Die Finger glitten weiter über die schwarzen und weißen Tasten. Weiterspielen. Immer weiterspielen. Sich nicht stören lassen. Von niemandem. Schon gar nicht von dieser alten Hexe.
    Schwere Schritte auf den Holzdielen, die schnell näher kamen. Sie spürte den leichten Luftzug hinter sich.
    »Hör auf!«, befahl eine barsche Stimme.
    » I don’t care if it’s right or wrong … « Sie ließ sich nicht beirren, ihre Finger bewegten sich wie von selbst. Aus ihrem Mund schlüpften Worte, reihten sich zu vertrauten Textzeilen aneinander. » I don’t try to understand …«
    »Du sollst sofort aufhören!«
    Wie ein Schatten baute sich ihre Großmutter neben ihr auf. Eine bedrohliche, fettleibige Wand. Davina blickte in wutverzerrte, wässrige Augen. Es war ein Kräftemessen, sie wusste es.
    Mitten im Spiel hielt sie inne. Ihre Finger verharrten über den Tasten.
    »Warum willst du das nicht hören? Weil es Mamas Lied ist?« Sie kniff die Augen zusammen. »Warum willst du einfach nicht an sie erinnert werden? Sie ist doch deine Tochter. Wieso hast du nichts unternommen in all den Jahren? Wieso hast du einfach hingenommen, dass sie weg ist?« Fragen und Vorwürfe sprudelten aus ihr heraus. Prallten an ihrer Großmutter ab, wie sie immer abgeprallt waren.
    Das Gesicht ihrer Großmutter war eine starre Maske.
    »Du bist schuld, dass Mama weggegangen ist. Wenn du nicht immer mit ihr gestritten hättest, wäre sie noch da. Und jetzt machst du das Gleiche mit mir. Alle treibst du aus dem Haus. Alle.«
    Großmutter riss die Augen auf.
    »Davina! Bitte. Du weißt nicht, was du da sagst.«
    »Mama hat es nicht mehr mit dir ausgehalten, weil du so ein Ekel bist. Und ich … ich werde auch bald weg sein, das verspreche ich dir. Hier kommt man sich vor wie im Gefängnis.«
    Ihre Großmutter schnappte nach Luft und presste die Hände gegen die Brust.
    Böses Mädchen . Das Echo hallte in ihrem Kopf wider. Du bist ein böses Mädchen. Man darf sich nicht gegen seine Großmutter auflehnen. Du hast doch niemanden mehr sonst auf der Welt. Hast du das

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