Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)
sprach nicht weiter.
»Ob ich ihn abgestochen habe?« Er kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. »Traust du mir das zu?«
Sie wich vor ihm zurück. Versuchte, die Gedanken an Mario und an den Tod zu verdrängen.
»Mann, ist das ein Mief«, sagte Stephan und rümpfte die Nase. »Und wie es hier aussieht.«
»Hau doch ab. Es hat dich keiner hergebeten«, zischte sie.
Er verzog den Mund und legte die Arme um sie. Sie wand sich unter seinem festen Griff.
»Ich mag es, wenn ich um dich kämpfen muss«, flüsterte er an ihrem Ohr. »Ja, beiß mich. Kratz mich. Komm, mein kleiner Teufel.« Dann ließ er sie los und löste den Gürtel von der Schnalle, auf der ein Totenkopf prangte.
»Du glaubst wohl, du kannst dir alles erlauben, ja? Weil du in einer Villa wohnst und gewohnt bist, alles in den Arsch geblasen zu bekommen.« Sie spuckte ihm die Worte entgegen.
»Du kannst jetzt aufhören mit deinen Spielchen.« Er öffnete den Reißverschluss seiner Hose.
»Komm bloß nicht auf die Idee, mich anzufassen!«, herrschte sie ihn an, blieb vor ihm stehen und funkelte ihn böse an. Das Messer!, dachte sie. Scheiße, die Bullen hatten es ihr abgenommen.
»Ach Lilly«, sagte er böse lächelnd. »Kapier doch endlich: Dein Wille zählt nichts.« Seine Stimme wurde leiser, fast zischte er. »Und das, was wir jetzt machen, ist ein fairer Deal. Du gibst mir was, und dafür kriegst du was. So funktioniert das in der freien Marktwirtschaft.« Er legte den Kopf schief und sah sie aus schmalen, kalten Augen an. »Das weißt du doch genauso gut wie ich.« Er zeigte auf die am Boden liegenden Stanniolbriefchen. »Ich seh’s doch an deinen Augen, wie nötig du das hast. Glaubst du, so ein gutes Geschäft würde dir so schnell noch mal jemand anbieten? So abgefuckt wie du bist.«
Das hätte er nicht sagen dürfen. Heiß schoss die Wut in ihr hoch. Sie war nicht mehr zu bändigen. Wie wild trommelte sie mit beiden Fäusten auf seinen Brustkorb ein. Sie schrie, sie biss, sie kämpfte.
»Ja, du kleiner Teufel«, keuchte er. »Wenn’s das ist, was du brauchst, sollst du es haben.« Er atmete schwer, umfasste ihre Handgelenke und hielt sie fest. So lange, bis ihr Widerstand erlahmte. Dann dirigierte er sie in Richtung Bett.
Schließlich kniete er über ihr. Sie zitterte. Ihr war heiß und kalt. Sie hatte keine Kraft mehr, lag bewegungslos da mit geschlossenen Augen.
»Na also«, sagte er mit der Stimme des Siegers. »Ist doch gar nicht so schwer«, während er ihr den kurzen Rock hochschob und den Slip mitsamt der Strumpfhose herunterzerrte.
Sie spürte, wie die Tränen ihre Wangen hinunterliefen, als er sich voller Ungeduld ein Kondom überzog und dann stöhnend wie ein kranker Bulle zustieß.
Es dauerte nicht lange, aber es tat höllisch weh. Bei jedem Stoß dachte sie, dass er ihren Körper sprengte.
»Siehst du, war doch okay, oder?«, fragte er, als er endlich von ihr abließ und seine Kleider zusammensuchte.
Als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, stand sie vom Bett auf, kroch auf dem Boden herum und suchte fieberhaft nach den beiden Pac . Eines war unters Bett gerutscht. Sie hob es auf, faltete es auseinander. Starrte auf das kostbare Pulver.
Gleichzeitig hasste sie sich. Für die Gier, mit der sie die nächsten Vorbereitungen traf. Aber vor allem dafür, dass sie diesem Scheißtypen, der vielleicht ein Mörder war, nicht mehr Widerstand entgegengesetzt hatte.
3
» An das Göttliche glauben die allein, die es selber sind «, las Oliver Reimers mit gespitzten Lippen vor. »Das ist von einem Friedrich Hölderlein.«
In der Hand hielt er ein gebundenes Buch, das sie im Zimmer von Mario Reschkamp gefunden hatten. Ein Geschenk von Davina, wie die Inschrift mitteilte. In das erste Drittel des Buches waren mit Schönschrift einige Leitsätze und Sinnsprüche geschrieben. Die restlichen Seiten waren leer.
»Hölderlin«, sagte Hinterhuber. »Er heißt Friedrich Hölderlin.«
»Dann eben Hölderlin.« Oliver Reimers klang leicht gereizt.
Zu viert saßen sie im Besprechungszimmer der Andernacher Polizeiinspektion. Oliver Reimers, Marie Kirschbaum, Franca und Hinterhuber.
»Ein schwäbischer Dichter, der nicht alle Tassen im Schrank hatte.« Marie warf Oliver einen spöttischen Blick zu. »Sollte man eigentlich kennen.«
Da waren sie wieder, diese feinen spitzen Pfeile, die zwischen den beiden in regelmäßigen Abständen hin und her flogen. Begleitet von halb genervten, halb gleichgültigen Blicken. Franca fand,
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