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Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)

Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)

Titel: Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Keiser
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allzu nah an sich herankommen zu lassen.«
    »Da magst du wohl recht haben.« Gerade in ihrem Beruf war Distanz notwendig. Diejenigen, die alles mit nach Hause nahmen, brannten irgendwann aus und nützten dann niemandem mehr. Doch es war nicht immer einfach, Distanz zu wahren. Man musste sich dies stets von Neuem vergegenwärtigen.
    Franca betrachtete Oliver aus den Augenwinkeln. In Maries Nähe machte er oft einen gereizten, manchmal sogar etwas unbeholfenen und ungeschickten Eindruck, der ihn weniger attraktiv erscheinen ließ. Doch heute wirkte er ganz anders. Nachdenklich und weich. Und dieser Brad-Pitt-Blick, den er ab und an draufhatte, verfehlte nach wie vor nicht seine Wirkung auf Franca.
    »Andernach ist eine historisch bedeutende Stadt«, wechselte er unvermittelt das Thema. »Schon in der Steinzeit haben hier Menschen gelebt. Neben Tierknochen und Gerätschaften hat man in der Region sogar Gegenstände aus Mammutelfenbein gefunden. Interessant ist, dass man immer noch auf bedeutende Ausgrabungen stößt. Erst vor Kurzem wurde bei Bauarbeiten in der Nähe des Mariendoms eine alte spätrömische Badeanlage entdeckt.« Er sah sie einen Moment lang unsicher an. »Interessiert dich das überhaupt?«
    »Klar. Bildung hat noch nie geschadet.«
    »Wirklich? Du sagst das so …«
    »Wie sage ich das denn?« Sie lachte auf. »Nein, im Ernst. Ich denke, es ist wichtig, sich mit seinen Wurzeln zu beschäftigen. Woher kommt eigentlich der Name Andernach?«
    »Der ist abgeleitet von dem damaligen Römerkastell namens Antunnacum«, erklärte er eifrig. »Andernach gibt es seit über zweitausend Jahren. Ich finde, es ist eine sehr schöne Stadt, in der es sich gut leben lässt.« Er lächelte. »Sie liegt inmitten einer hübschen Landschaft mit Bergen und Flüssen. Eifel und Hunsrück sind nicht weit. Neben dem Rhein gibt es im näheren Umkreis die Mosel, die Ahr und die Lahn. Und natürlich die vielen Schlösser und Burgen überall auf den Hügeln und Bergen. Alles interessante Ausflugsziele. Ich möchte jedenfalls hier nicht mehr weg.«
    »Kommst du denn oft dazu, Ausflüge zu machen?«, erkundigte sie sich.
    »Wie man’s nimmt. Ab und an hat auch mal ein Polizist einen freien Tag.«
    Franca hörte ihm lächelnd zu. Vielleicht war das seine Art, mit dem Tod umzugehen. Indem er sich dem Schönen und Lebenswerten zuwandte, verlor der Tod seinen Schrecken. Vielleicht war es aber auch nur ein Ausweichen. Sich nicht näher mit dem Unangenehmen beschäftigen wollen, mit dem man gerade konfrontiert worden war.
    »Hast du noch ein wenig Zeit?«, fragte er. »Ich würde dir gerne meine Lieblingsstelle zeigen.«
    »Ich weiß nicht. Eigentlich …«
    »Ach was, ich entführe dich jetzt einfach«, sagte er bestimmt und sah sie an mit einem Blick, ein wenig lausbubenhaft, aber durchaus vielversprechend. »Zeit haben wir sowieso nie. Die muss man sich einfach nehmen.« Er fasste sie bei der Hand und zog sie mit sich. Die Berührung war ihr nicht unangenehm. Am Parkplatz angekommen, hielt er ihr, ganz Kavalier, die Beifahrertür seines Dienstwagens auf und ließ sie einsteigen.
    Lange war sie nicht mit solch ausgesuchter Höflichkeit behandelt worden. Ein verführerischer Gedanke huschte ihr durch den Kopf. Wie sich wohl ein Kuss von ihm anfühlen mochte? Sie wischte das Bild wieder weg. Er war nett zu ihr. Sie war seine Kollegin. Sonst nichts.
    Ruhig und sicher lenkte er das Auto die Rheinpromenade entlang, die einige Hotels und Restaurants mit hübschen Vorderfronten säumten. An der nächsten Straßengabelung bog er links ab. Er deutete nach draußen: »Der runde Turm dort ist Teil der Stadtmauer und unser Wahrzeichen. Er stammt aus dem fünfzehnten Jahrhundert. Siehst du die Beschädigung an der Seite? Da haben französische Truppen im siebzehnten Jahrhundert versucht, den Turm zu sprengen. Tja, bei den bis zu vier Meter dicken Mauern kamen die nicht weit.« Er lachte und sah sie an mit einer Miene, als wäre er selbst für den ungebrochenen Widerstand dieses Turms verantwortlich.
    Linker Hand lag der Mariendom mit seinen beiden symmetrischen Türmen. Bald darauf bog Oliver rechts ab und fuhr sofort wieder rechts, wo sich eine schmale Straße den Berg hinaufwand. »Jetzt fahren wir zum Krahnenberg. Der Name kommt vom ›Alten Krahnen‹ unten am Rhein«, fuhr er mit seinen Erläuterungen fort. »Mit dem ›Alten Krahnen‹ wurden 350 Jahre lang Weinfässer und Mühlsteine verladen. Mühlsteine waren sozusagen die ersten

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