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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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eine unheilbare Krankheit einzuhandeln.« »Aber Ma«, widersprach Oblio, »Tante Veruca hat die Alzheimersche. Die kommt von Alu-Kochgeschirr, nicht vom Schwimmen.« »Das hat nichts damit zu tun«, erwiderte seine Mutter. »Nun komm, wenn du größer bist, darfst du vielleicht einmal mit der Staten-Island-Fähre fahren. Auf dem Oberdeck.«
    Was ihn jetzt fortzog war das Geräusch von schwappendem Wasser, auch wenn er, ohne auf seiner Wanderkarte nachsehen zu müssen, wußte, daß der Ozean gut anderthalb Kilometer entfernt war und es hier in der Gegend keine Seen oder Flüsse gab. Egal; eine Pfütze von Industrieabwässern übte einen stärkeren Reiz auf ihn aus als eine ganze Menagerie von dreiköpfigen Eichhörnchen.
    Oblios Herz fing an, ein bißchen schneller zu schlagen: ein verschlossenes Tor mit einem Schild, nach dessen Auskunft das dahinter befindliche Grundstück Eigentum des New Yorker Aquariums war. Ein zweites Schild empfahl Vorsicht! Bissige Fische , aber mittlerweile hätten ihn nicht einmal mehr wild gewordene Meerkatzen da fortgescheucht. Er quetschte die Hand an einem Erdnußbutter-Marmelade-Sandwich vorbei in die Tasche seiner Uniform und zog einen dünnen Metallstift hervor.
    Das Tor war in wenigen Augenblicken geöffnet, und schon stand Oblio auf dem plattenbelegten Vorplatz des morastigen Pools. Hinter den verdunkelten Scheiben der Obergeschoßfenster der Villa war keinerlei Bewegung zu erkennen, aber als
    Oblio auf den Beckenrand zuging, schwebten akustische Fetzen des Dienstagnachmittagsmovies heran.
    »AAAAAAAAHHHHH— /«
    »Ich habR2 verloren!«
    Abgesehen von dem Rückfluß aus der Filteranlage war das Wasser unbewegt, aber Oblio wußte, daß etwas Tolles, etwas Eindrucksvolles in seinen Tiefen umherschwamm. Er spürte es förmlich in seinen Eingeweiden. Die Frage war nur, wie man es dazu brachte aufzutauchen, so daß man es sich anschauen, vielleicht sogar ein Bild von ihm schießen konnte. Oblio beschloß, mit dem Naheliegenden anzufangen; er ging den Rand entlang zum tiefen Ende des Pools, hockte sich an der Fünf-Meter-Marke hin und klatschte ein paarmal mit der flachen Hand aufs Wasser.
    » Todesstern alle Geschütze bereit. Todesstern alle Geschütze bereit.«
    Oblios Kamera war eine Einwegkamera, was ganz und gar nicht umweltbewußt gewesen wäre, wenn er sie nicht selbst aus einem kleinen Sunkist-Tetrapak gebastelt hätte. Er warf sein Erdnußbutter-Marmelade-Sandwich in den Pool, richtete das Objektiv seiner Kamera darauf und fragte sich gespannt, ob der geheimnisvolle Fisch wohl nach dem Köder schnappen würde. Als Darth Vaders Stimme über den Wassern heranschwebte, tat es »schnapp«.
Frankie und Meisterbrau
    Als Frankie kurze Zeit später aus der Villa herauskam, schwamm am tiefen Ende des Pools eine Mütze auf dem Wasser. Eine grüne Mütze, genau gesagt armygrün, und von einem paramilitärischen Schnitt, der Frankie von irgendwoher bekannt vorkam. Außerdem sah die Mütze, selbst aus der Ferne betrachtet, entschieden angekaut aus; im zerfetzten Schirm war ein zahnähnliches weißes Dreieck steckengeblieben.
    »Das ist nicht gut«, sagte Frankie. Er setzte die Ladung ab, die er beidarmig vor sich hergeschleppt hatte: zwei Haartrockner, einen Ventilator, ein Elektro-Heizöfchen und einen Monster-Gettoblaster mit, wie Frankie hoffte, ausreichend Duracell-Bat-terien drin, um einen Wal zu grillen. Das einzige, was er partout nicht hatte auftreiben können, war eine Verlängerungsschnur, was Probleme aufwerfen konnte, wenn's mit dem Blaster nicht hinhaute.
    »Ist da wer?« rief Frankie für den Fall, daß der Eigentümer der Mütze sich hinter einem Liegestuhl versteckt hatte. Niemand antwortete, aber als er sich umschaute, sah Frankie noch etwas anderes. Er machte einen weiten Bogen um den Pool; drüben bei der Fünf-Meter-Marke hob er einen Sunkist-Karton auf, aus dem ein Plastikobjektiv und ein erdnußbutterverschmierter Auslöser hervorragten. Hinter ihm schepperte das offene Tor im Wind, und ein mögliches Szenario begann sich selbsttätig abzuzeichnen.
    »Oh, oh, das ist nicht gut«, sagte Frankie. Er sah zur Mütze hinüber: zu weit weg, als daß man sie vom Rand aus hätte erreichen können. Eine leichte Strömung trieb sie langsam auf den Schatten zu, den das Sprungbrett aufs Wasser warf, und Frankie überlegte, wenn jemand bis ganz ans Ende des Dings kriechen und hinuntergreifen würde ...
    Denk nicht mal zum Spaß dran, dachte er. Die Mütze nützt dir gar nichts,

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