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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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und außerdem, was, wenn da noch ein Kopf drinsteckt?
    Der sich daran anschließende mentale Freistilringkampf wäre ■ wohl für jeden schwer nachzuvollziehen gewesen, der nicht, wie Frankie, in Bensonhurst aufgewachsen war. Sobald einem Teil seines Gehirns eine beliebige, absolut sinn- und zwecklose Mutprobe einfiel, erzeugte ein anderer Teil seines Gehirns den fast religiös zu nennenden Drang, selbige in die Tat umzusetzen, während gleichzeitig ein dritter Teil Teil eins und zwei bat, sich die Sache doch noch einmal zu überlegen. Wenn die fragliche Mutprobe etwas wirklich Gefährliches war, überfielen Frankie rückblendenartige Visionen von Jimmy Moreno, dem schlagringbewehrten Schläger, der ihn durch die meisten Klassen der Grundschule herumgeschubst hatte.
    Haste Schiß, Lonzo ? Scheißte dir in die Hosen ?
    »Nein, Kacke, ich hab keinen Schiß«, sagte Frankie, nunmehr auf dem Sprungbrett. Und dann, als er den ersten Schritt tat: »Das ist idiotisch. Das ist wirklich oberbeknackt idiotisch.« Er schob den anderen Fuß vor, spürte, wie das Sprungbrett sich unter seiner Last bog. »Stangen«, sagte er. »Wir müßten Stangen haben, mit Greifzangen dran, für solchen Scheiß, um Mützen aus dem Wasser zu fischen und so. Undn Echolot.« Er suchte die Wasseroberfläche nach irgendwelchen Anzeichen von suba-quatischen Bewegungen ab. »Ein nettes kleines Sonargerät wär ganz eindeutig eine feine Sache.«
    Vor gar nicht langer Zeit mußte es da ein bißchen gespritzt haben, denn das Sprungbrett war rutschig-feucht, und etwa auf halbem Weg nach vorn gelangte Frankie zu dem Schluß, barfuß würde es sich bestimmt viel sicherer gehen. Damit einher ging die Überlegung, daß die Mitte des Sprungbretts nicht der beste Ort sein würde, seine Turnschuhe auszuziehen, worauf der Geist von Jimmy Moreno ihn einen beschissenen Schlappschwanz nannte, worauf Frankie halb in die Hocke ging und sein linkes Bein anhob. Diese Bewegung wirkte sich auf die Lage seines Massenmittelpunkts unvorteilhaft aus. Zwar brachte er es irgendwie fertig, seinen linken Schuh auszuziehen, ohne umzukippen, aber als er versuchte, ihn aufs Festland zuwerfen, kam er vorübergehend aus dem Gleichgewicht, und der Schuh plumpste ins Wasser. Nach weniger strengen Kriterien als eine vorschriftsmäßige Pfadfindermütze konstruiert, soff er sofort ab.
    »Das ist äußerst nicht gut«, sagte Frankie.
    Eine der Glasschiebetüren der Villa öffnete sich, und Salva-tore kam herausgestürzt, so aufgeregt, daß er sogar vergaß, sein pseudorussisches Kauderwelsch zu verwenden.
    »Hey«, sagte er »hey, Frankie, ich hab grad vorn rausgeschaut, und dein Auto ist weg!«
    »Was?« sagte Frankie.
    »Hey«, sagte Salvatore, »was treibst du da auf dem Sprungbrett?«
    »Was ist mit meinem Auto passiert?«
    »Wieso hast du nur einen Schuh an?«
    »Salvatore, was ist mit meinem gottverdammten Auto?«
    Salvatore zuckte die Achseln. »Es ist einfach weg. Was treibst du da auf dem Sprungbrett mit nur einem Schuh an, Frankie?«
    »Ich versuche, die Mütze da aus dem Wasser zu fischen.«
    »Was für ne Mütze?«
    »Die Mütze.«
    »Das ist ne Rückenflosse, Frankie.«
    Frankie Lonzo hatte seit der Drittkläßlerturnstunde bei Mrs. Petraski keine Rolle rückwärts mehr gemacht, aber nichts vermag einem die totale athletische Erinnerung so rasch zu verschaffen wie ein großer weißer Hai, der unter einem auftaucht. In clem Augenblick, in dem Meisterbraus Schnauze gegen die Unterseite des Sprungbretts knallte, ließ sich Frankie, den Rücken gerundet, hintenüber fallen, Knie angezogen, und schwupp, wie aus dem Bilderbuch. Er tat es noch einmal und noch einmal und verlangsamte sein Tempo nicht einmal, als er sich den Hinterkopf blutig schlug, wodurch seine vollkommene Serie von Purzelbäumen allerdings mit einem hastigen Krabbelrückzug endete.
    Als er wieder zu sich kam, saß er auf der Terrasse gegen den Zaun gelehnt, so weit vom Rand des Swimmingpools entfernt, wie man sich überhaupt entfernen konnte, ohne das Grundstück zu verlassen. Salvatore stand neben ihm, die Hände in den Taschen und ein Grinsen im Gesicht, das Frankie heftige Mordgelüste einflößte. Das Sprungbrett war verschwunden.
    »Bin ich okay?« fragte Frankie und tastete sich nach abhanden gekommenen Gliedmaßen ab. »Bin ich nicht tot?«
    Salvatore zog die Hände aus den Taschen und hielt sie ungefähr fünfzehn Zentimeter auseinander. »Soviel hat gefehlt«, sagte er.
    »Das Sprungbrett. Zum Teufel, hat

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