Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
Vom Netzwerk:
weiterhin davon überzeugt, daß der große Zusammenbruch noch abzuwenden sei. Selbst Schurken mußten doch Vernunft annehmen - gewiß würden sie zuletzt die Arme erheben und sagen: »Es reicht. Ihr hattet absolut recht, wir hatten absolut unrecht. Nicht nötig, uns den Gnadenstoß zu geben.«
    Aber eine solche Kapitulation wäre ein Akt der Vernunft gewesen, und Kollektivisten handelten nicht vernünftig. Selbst nachdem John Galt sich über Rundfunk an die Nation gewandt und in einer achtundfünfzig Seiten langen Rede die Unanfechtbarkeit der dem Streik zugrundeliegenden Logik dargelegt hatte, wollten die Kollektivisten nicht aufgeben. Statt dessen setzten sie Spione auf Dagny Taggard an, und als sie sich heimlich mit Galt traf, verhafteten sie ihn. Sie töteten ihn nicht; sie erkannten, daß er intelligenter als sie war, und versuchten, ihn zum Verrat an seinen Wertvorstellungen zu zwingen und ihn zu ihrem Wirtschaftszar zu machen. Als er sich weigerte, schaffte man ihn ins Staatliche Wissenschaftsinstitut, um mit Hilfe von Dr. Floyd Ferris' elektronischem »Uberzeuger« seinen Willen zu brechen. Die Haltung, mit der Galt die nun folgenden Torturen überstand, war von so heldenhaftem Trotz, daß James Taggart (Dagnys böser altruistischer Bruder) eine existentielle Krise erlitt und ins Koma verfiel.
    Während James in ein nettes ruhiges Zimmer fortgekarrt wurde, unternahmen die übrigen Individualisten unter Dagnys Führung eine unaltruistische Befreiungsaktion. Die Schläger, die das Wissenschaftsinstitut bewachten, entbehrten so sehr der Fähigkeit zu logischem Denken, daß sie sich nicht darüber schlüssig werden konnten, ob sie sich zur Wehr setzen sollten oder nicht, und konnten daher mit Leichtigkeit überwältigt werden. Galt wurde befreit; eine Flotte von Privatflugzeugen trug die ganze Gesellschaft von Helden zu einem Siegesfrühstück nach Atlantis. Als sie New York überflogen, sahen sie, daß alle Lichter der Riesenstadt erloschen waren: das endgültige Zeichen der Niederlage der Kollektivisten. Der Motor der Welt war angehalten worden; nach einer Zeit der Ruhe würden die Männer des Geistes aus dem Exil zurückkehren und die Zivilisation im Einklang mit ihren gerechten und wahren Grundsätzen wiederaufbauen. Ende.
    »Jesus«, sagte Joan, als John Galt den Schlußsegen erteilte und mit der Hand das DoIIarzeichen über der wüst darniederliegenden Erde machte. Sie lachte, klappte das Buch zu und musterte ein paar Augenblicke lang das Porträt, das auf dem Rückendeckel abgedruckt war. »Wer ist diese Frau?«
    »Nun?« sagte Archie. »Wie war's?«
    Zwei Monate waren vergangen. Die Diskussions- und Empfindlichkeitsverordnung war über die Weihnachtsferien still und leise wieder außer Kraft gesetzt worden, und Archie hatte von einem anonymen Verehrer eine echte, von Charlton Heston signierte Rebellenfahne zugeschickt bekommen, die nun wie ein Baldachin über seinem Bett hing. Joan lag ausgestreckt darunter und starrte zum blauen Andreaskreuz empor. Sie zündete sich eine Zigarette an.
    »Zwick mich, wenn ich irgendwo eine Pointe nicht mitbekommen hab«, sagte Joan, »aber das Buch hier ist nicht als Jux gemeint, stimmt's? Es ist keine unglaublich untertriebene Satire?«
    Archie schüttelte den Kopf. »Rand ist eine Prä-Glasnost-Exrusski, und die pflegen keine Witze zu machen. Und zum Understatement neigen die auch nicht gerade ... Wenn sie im Nachwort sagt: >Und das ist mein Ernst<, dann kannst du jede Wette darauf eingehen, daß es ihr Ernst ist.«
    »Jesus ... dann ist das also wirklich ...«
    »Wirklich was?«
    »Das Anti -Kommunistische Manifest«, sagte Joan. » Das Kapital für Kapitalisten, mit Verfolgungsszenen und Sexeinlagen aufgemotzt ...«
    »FImm«, sagte Archie. »So könnte man's vermutlich charakterisieren. Obwohl Rand weder den Klassenkampf noch überhaupt irgendeine Form von Gewalt predigt, und sie hat auch nichts gegen das Proletariat -«
    »- solange selbiges spurt, klar«, sagte Joan. Sie lachte wieder.
    »Mann. Penny Dellaporta würde das große Kotzen kriegen, wenn sie das läse.« Und das gleiche, das wußte Joan, galt auch für eine Menge Konservative. Rands rationale Kapitalisten waren natürlich gottlose Kapitalisten, die Religion, Hurrapatriotismus und traditionelle Familienwerte nicht weniger verachteten als Gewerkschaften und staatliche Almosen.
    »Aber was hältst du von dem Buch, Joan?« fragte Archie.
    »Ich? Meine Meinung willst du wissen? Ich meine, daß die Rand eine

Weitere Kostenlose Bücher