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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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Schreckens, dann zu einer Mischung aus Flehen, Raserei und Angst.
    »Hiihhhföhh!« krähte Clayton und schlug mit seinem Blechbecher schwächlich gegen Joans Brust. »Pliihhhföhh!«
    »Hilfe!« schrie Ayn Rand. »Hilfe! Polizei!«
    »Kann ich Ihnen helfen?« sagte eine dritte Stimme.
    Die Gute-Reise-Truppe, die Clayton ohnehin schon auf den Fersen gewesen war, hatte sich um das Grüppchen geschart: sieben braune Uniformen mit Elektrostäben und taser -Pistolen. Der Sprecher war ein streng aussehender Latino, den eine Plakette als Captain Héctor Miércoles auswies.
    »Alles in Ordnung«, sagte Joan zu ihm. »Er gehört zu uns.«
    »Aber wer sind Sie?« fragte Captain Miércoles. »Sind Sie im Besitz gültiger Fahrscheine?«
    »Wollten uns grad welche kaufen«, sagte Joan. »Wir fahren nach Atlantic City. Erste Klasse.«
    »Erste-Klasse-Tickets sind sehr teuer«, sagte der Captain. »Sind Sie sicher, daß Sie sich die leisten können?«
    Joan machte sich von Clayton los und zog ihre Brieftasche hervor, wobei sie darauf achtete, die Kanone, die sie unter der Jacke im Hosenbund stecken hatte, nicht aufzudecken. »Plastik«, sagte sie und zeigte ihre Kreditkarten. »Sechs Sorten, plus eine Bank-automat-Karte.« Sie öffnete den Banknotenschlitz und fächerte die Geldscheine auseinander. »Und Bargeld. Okay?«
    »Sie sind offenbar eine vermögende Frau«, sagte Captain Miércoles mit einem Blick auf Joans abgetragene Turnschuhe. »Aber dieser Mann kann nicht in der ersten Klasse sitzen.« Er rümpfte die Nase vor Clayton. »Selbst in der zweiten Iiiasse, fürchte ich, würde er für die anderen Fahrgäste eine Zumutung darstellen.«
    »Captain«, warf Kite ein, noch ehe Joan antworten konnte, »dürfte ich einen Vorschlag machen?«
    Der Captain sah ihr in die Augen. »Bitte.«
    »Der 12 Uhr 59er nach Atlantic City«, sagte sie. »Hat er ein Raucherabteil? «
    Der Captain konsultierte einen Armband-Computer. »Ja. Einen halben Waggon, heute außerplanmäßig.«
    »Dann setzen wir uns da rein«, sagte Kite. »Raucher haben sowieso keinen Geruchssinn mehr.«
    »So könnte es gehen«, gab Captain Miércoles nach. »Aber Sie müssen sich beeilen; die Fahrgäste steigen schon ein.«
    »Wir sind so schnell weg, daß Sie sich nicht mal erinnern werden, mit uns geredet zu haben«, versprach Kite.
    »Sehr gut.« Der Captain tippte sich mit zwei Fingern an den Schirm der Mütze. »Ich wünsche Ihnen eine angenehme und gute Reise.«
    »Klar«, sagte Joan. »Einen schönen Tag auch.«
    Schon im Begriff, sich abzuwenden, stutzte Captain Miércoles und schien seinen Entschluß, sie gehen zu lassen, noch einmal überdenken zu wollen. Aber in dem Augenblick quäkte sein Gürtel-Funkgerät auf und rief ihn zu einem Notfall in eine andere Ecke des Bahnhofs; also warf der Captain Joan nur einen warnenden Blick zu und marschierte davon. Die anderen Gute-Reiser folgten ihm.
    »Geduld, Joan«, sagte Kite, als sie weg waren. »Ich denk, wir werden auch so schon früh genug Arger kriegen.«
    »Er hat sich wie ein Arschloch benommen«, sagte Joan.
    »Er wird dafür bezahlt, sich wie ein Arschloch zu benehmen«, erwiderte Kite. »Und das ist kein leichter Job, besonders wenn es die einzige Arbeit ist, die du kriegen kannst.«
    Clayton hatte keinen Blick von Joans Brieftasche gewandt. Kaum war die Gute-Reise-Truppe außer Sichtweite, schnappte er, ohne auf den Schmerz in seinen Händen zu achten, nach den Banknoten.
    »Dieb!« schrie Ayn, aber Joan ließ ihn das Geld nehmen. Sie starrte auf das stramm sitzende Halsband, das Clayton trug. Es war aus Leder und wies als einzigen Schmuck zwei durchsichtige Bläschen auf, eines unter jedem Ohr, die mit irgendeiner lehmartigen Substanz gefüllt waren. Die Schnalle des Halsbands, die schwer auf Claytons Adamsapfel lastete, sah wie ein Miniatur-Geldwechselautomat aus; an ihrer Vorderseite befand sich ein Zählwerk und darunter ein Schlitz, der gerade so breit war, daß man Banknoten darin einführen konnte. Joan sah zu, wie Clayton den ersten Geldschein, den er ihr abgenommen hatte, hineinschob. Irgendein Mechanismus in dem Kästchen zerkaute ihn zu grünen Konfetti, die anschließend Clayton über die Brust rieselten; der Zähler klickte von $493 auf $473 zurück.
    »Haltet ihn auf!« schrie Ayn, als Clayton den nächsten Schein opferte. »Er zerstört Geld!«
    »Beruhigen Sie sich, Ayn«, sagte Joan.
    »Aber sehen Sie nicht, was er da tut? Er vernichtet Geld! Begreifen Sie denn nicht, was das

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