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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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Horchapparates, bewahrte Asta selbst in den angespanntesten Situationen die Ruhe.
    »Weder Tintenfische noch Kraken in meiner Reichweite«, sagte Asta. »Nichts, was groß genug wäre, um uns lästig werden zu können. Aber die Rumpfsensoren melden ein reichhaltiges Sortiment von Toxinen im Wasser, nebst einem veritablen Schneegestöber von gebrauchtem Klopapier.« Sie wackelte mit den Augenbrauen und klopfte von einer imaginären Zigarre die Asche ab. »Wenn wir also leckschlagen, nicht schlucken.«
    »Dank dir, Asta«, sagte Philo. »Du schaffst es jedesmal, daß ich mich freue, wieder im Heimathafen zu sein.«
    »Nimm's leicht, Kumpel. Wir haben heute einen Kontinent gerettet, oder nicht? Außerdem ist das hier immer noch um Längen besser als das Wasser bei mir zu Haus am Bondi Beach.«
    »Ist ja wohl kaum ein Grund zum Jubeln.«
    »Istanbul!« sagte Osman Hamid, und Morris übersetzte: »Noch zehn Minuten bis zur Piratenbucht, Philo.«
    »Okay. Wie sieht das Programm aus, zwei Tage Landurlaub?«
    »Drei Tage«, sagte Norma Eckland. »Wir hatten uns auf drei geeinigt.«
    »Stimmt, drei. Morris, du holst aus meiner Kajüte die Umschläge für die Maschinenraumbesatzung. Die haben ihre Heuer noch nicht bekommen.«
    »Ich?« sagte Morris. »Ist nicht Norma mit Auszahlen dran?«
    »Nein«, sagte Norma. »Norma ist mit Zum-ausgehen-fertig-Machen dran. Tisch bestellt im Price of Salt.« Sie warf Asta einen Blick zu. »In fünfzehn Minuten auf Deck?«
    »Gebongt«, sagte Asta und schaltete ihre Apparate aus. Os-man steuerte inzwischen die »Yabba-Dabba-Doo« auf den Sockel von Liberty Island zu, wo sich eine verborgene Druckschleuse öffnete und sie einließ. Nach einer kursorischen Waschung, die es vom gröbsten Dreck aus der Bay befreien sollte, würde das Boot dann in der Piratenbucht auftauchen, einem direkt unter Frau Freiheits Podest befindlichen geheimen Hafenbecken.
    Morris schlich aus dem Kommandoraum wie ein zum Tode Verurteilter. Nicht, daß er grundsätzlich etwas gegen das Auszahlen der Heuer gehabt hätte - nur daß jeder Gang in den Maschinenraum für ihn einen Abstieg in den Orkus jüdischliberaler Schuldgefühle bedeutete. Abgesehen von Irma Raja-mutti bestand die gesamte Maschinenraumbesatzung aus Palästinensern: Oliver, Heathcliff, Mowgli, Galahad und Klein Neil Kazenstein, Morris' Adoptivgeschwister. Für seine Eltern war die Adoption höchstwahrscheinlich etwas wie ein Sühneopfer gewesen - sie hatten die verwaisten Fünflinge aus einer brennenden Moschee in der West Bank gerettet, bei Shin Bet ihren Abschied genommen und Israel fluchtartig verlassen, alles an einem einzigen verrückten Yom-Kippur-Wochenende -, aber sie hatten sich nie die Mühe gemacht, Morris ihre Motive auseinanderzusetzen. Noch nicht ein Jahr aus Tel Aviv weg, hatten sie sich scheiden lassen; Morris und seine Mutter waren in New York gelandet, während sein Vater das Quintett genommen und sich in London niedergelassen hatte, wo sich die adoptierten Kazen-steins später selbst ihre Namen aus Nortons Geschichte der englischen Literatur aussuchten. Sie führten dort ein angenehmes und friedliches Leben, wuchsen in einem riesigen Haus an der
    Themse auf und gingen zu gegebener Zeit alle nach Oxford; aber Jung Morris sah zu Hause in Manhattan CNN-Berichte, in denen israelische Soldaten auf den Straßen Ostjerusalems Kinder erschossen, und erreichte die Volljährigkeit im Bewußtsein, seine Brüder und seine Schwester müßten ihn hassen.
    Er irrte sich: Genaugenommen hatten sie keinerlei besondere Meinung von ihm, waren sie doch alle mit ihrer jeweiligen Promotion hinlänglich anderweitig beschäftigt. Aber keines von ihnen war sich zu schade, aus seinem unangebrachten Wiedergutmachungsbedürfnis Kapital zu schlagen, insbesondere dann, wenn selbiges zur Finanzierung eines laufenden Forschungsprojekts beitragen konnte. Als Morris sie also zu einer geheimen Zusammenkunft in ein Cambridger Pub einlud und ihnen Posten auf der »Yabba-Dabba-Doo« anbot, öffnete Heathcliff das moralische Salzfaß und nahm die Wundbehandlung in Angriff.
    »Ich möchte sichergehen, daß ich dich richtig verstanden habe«, sagte Heathcliff. »Du sagst, wenn wir dein Angebot annehmen, tragen wir dazu bei, daß unser Völkern menschenwürdigeres Leben führen kann. Darf ich das dahingehend verstehen, daß du beabsichtigst, dieses Unterseeboot in den Dienst des Kampfes um die Errichtung eines souveränen palästinensischen Staates zu stellen?«
    »Oh, nein

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