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Gassen der Nacht

Gassen der Nacht

Titel: Gassen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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mich skeptisch an. Er zwinkerte, dann nickte er. »All right, John, irgendwo müssen wir ja anfangen, obwohl ich nicht glaube, daß er Buch geführt hat.«
    »Telefonieren Sie trotzdem.«
    Mit einem Du-hast-vielleicht-Nerven-Blick verschwand er im Hintergrund des Ladens.
    Ich war froh, denn ich wollte mir den Spiegel noch einmal genauer betrachten. Dabei brauchte Ralston nicht unbedingt in meiner Nähe zu sein.
    Ich blieb vor dem Spiegel stehen.
    Er sah noch immer so verflucht normal und harmlos aus. Er stand etwas schräg, ich aber wollte ihn gerade haben, breitete meine Arme aus und umklammerte die beiden Ränder.
    Das Schnitzwerk schnitt in das Fleisch meiner Hände. Aus dem Hintergrund hörte ich Ralston mit seinem Kollegen sprechen. Ich hob den Spiegel an - und…
    Das heißt, ich wollte es. Es blieb beim ersten-und auch bei zweitenmal beim Versuch. Der Spiegel bewegte sich um keinen Millimeter vor oder zurück. Er schien nicht aus Holz und einer Spiegelfläche zu bestehen, sondern aus schwerem Eisen.
    Keuchend trat ich zurück. Schweiß lag auf meiner Stirn. Ich hatte mich bei den beiden Versuchen ziemlich angestrengt, keuchte noch immer und stieß den Atem pfeifend aus.
    Das paßte mir überhaupt nicht.
    Noch ein weiterer Versuch.
    Wieder das Ausbreiten der Arme, das harte Zupacken, aber es klappte einfach nicht.
    Der Spiegel blieb stehen.
    Warum?
    Ich trat zwei Schritte zurück und baute mich vor ihm auf. Mein Blick fiel gegen die Fläche, in der ich mein eigenes Spiegelbild sah. Es zeichnete sich völlig normal ab. Nichts wies darauf hin, daß sich hinter dieser Silberfläche ein Geheimnis verbarg. Und doch war dieser verdammte Spiegel nicht normal, verbarg sich ein Geheimnis in ihm, war er von Kräften beeinflußt, die ich nicht kannte.
    Atlantische Macht, gegen die ich auch mit meinem Kreuz nichts ausrichten konnte. Ich ballte die Hand zur Faust und schlug gegen die Fläche. Ein dumpfes Geräusch entstand, als hätte ich gegen etwas Weiches geschlagen. Also doch nicht normal. Eine normale Spiegelfläche hätte bei dem Treffer anders reagiert. Ich holte das Kreuz hervor.
    Aus dem Hintergrund des Ladens hörte ich Ralstons Stimme. Er war sauer und beschimpfte seinen Mitarbeiter wegen irgendwelcher Schlampereien. Ich nahm es nur am Rande wahr, weil meine Konzentration einzig und allein dem Kreuz galt.
    Noch lag es auf meiner Handfläche, als wäre es dort hingegossen worden. Dann drehte ich die Hand, ballte sie zur Faust, hielt das Kreuz aber so hoch, daß es mit dem oberen Ende aus der geschlossenen Faust hervorragte. Den Arm hielt ich dabei halb erhoben und angewinkelt. Ich sah mich im Spiegel, ich sah dabei jedes meiner Haare, ich sah das Gesicht, die Arme, die Beine. Ich sah also alles von mir. Nur eines nicht.
    Das Kreuz!
    Das Kreuz warf kein Spiegelbild. Es sah so aus, als würde ich nichts in der Hand halten. Nur meine Faust sah ich im Spiegel, das Kreuz war nicht einmal als Schatten zu erkennen.
    Über meinen Rücken rann ein kalter Schauer. Unwillkürlich zog ich den Kopf ein, ich schluckte, ich ärgerte mich, aber ich spürte auch das Frösteln, eine Reaktion darauf, daß der Spiegel nicht so normal war, wie er schien.
    Was für ihn nicht gut war, was er nicht wollte, das wehrte er eiskalt ab. Er gab nur die Dinge wieder, die auch in seine eigene Welt hineinpaßten. Das war schon seltsam…
    Ich räusperte mich, bewegte die rechte Hand mit dem Kreuz. Der Spiegel gab diese Bewegung zurück, es war alles normal, aber nur eben ohne das Kreuz.
    Warum?
    Es hatte keinen Sinn, nach großartigen Erklärungen zu suchen. Ich mußte es vorläufig einfach hinnehmen, was mich natürlich ärgerte, weil ich ein Mensch war, der Lösungen wollte.
    In diesem Fall war ich ratlos.
    Ray Ralston kehrte zurück. Er schob sich neben mich und räusperte sich, um auf sich aufmerksam zu machen.
    »Sagen Sie nichts, Ray, antworten Sie nur auf meine Fragen. Was sehen Sie im Spiegel?«
    »Ahm - John, ich meine…«
    »Was sehen Sie, Ray?« wiederholte ich.
    »Na ja, Sie…«
    »Und was sonst?«
    »Nur Sie, John.«
    »Fällt Ihnen bei mir und meinem Spiegelbild nichts auf? Vergleichen Sie mal.«
    Er lachte, weil er verunsichert war. »Okay, John, Sie halten das Kreuz in der Hand. Sie stehen da etwas - wie soll ich sagen? Nicht so locker, eher verklemmt.«
    »Richtig. Sonst noch was?«
    »Nein, ich…«
    »Das Kreuz, Ray. Ich halte es in der Hand. Und jetzt schauen Sie sich meine Hand im Spiegel an.«
    Er beugte seinen Kopf vor,

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