Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gassen der Nacht

Gassen der Nacht

Titel: Gassen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
brachte mein Gesicht dicht vor das seine. »Die Axt, Ray, sie ist gefährlich.«
    Sein Gesicht war blaß. Dann nickte er. »Ja, Sie haben recht. Da war plötzlich eine Kraft in ihr, der ich nichts entgegenzusetzen hatte. Sie - sie zerrte an meinem - sie…«
    »Der Spiegel wehrt alles ab, was ihm nicht gefällt.« Ich warf dem Spiegel einen schnellen Blick zu.
    Er hatte sich wieder verändert. Der Schimmer auf der Fläche war verschwunden. Sie präsentierte sich jetzt so blank, wie sie vorher gewesen war.
    »Und was unternehmen wir jetzt, John?«
    »Warten.«
    »Worauf?«
    »Daß sie zurückkehrt.«
    Seine Augen weiteten sich. »Sie meinen, daß die verfluchte Axt aus eigener Kraft zurückkehrt?«
    »Nein, nicht aus eigener Kraft. Da sind andere Kräfte, die sie lenken, wir müssen nur darauf gefaßt sein, daß sie versuchen wird, uns zu töten.«
    Er führte seine Hand am Hals entlang. »Verdammt reizende Aussichten. Da muß ich direkt wieder an den Toten denken.«
    »Das glaube ich Ihnen sogar.«
    »Schön, John, aber davon können wir uns nichts kaufen. Ich habe die Kraft der Axt gespürt. Es ist einfach wahnsinnig und unerklärlich. Wie wollen wir sie stoppen?« Er hatte sich wieder gefangen und konnte einigermaßen normal reden.
    »Indem wir schneller sind.«
    Ray grinste nur schief.
    »Was haben Sie?« flüsterte ich.
    »Schnell?« gab er ebenso leise zurück. »Ich glaube kaum, daß wir schneller sind. Ich habe sie erlebt. Sie ist - sie ist«, er suchte nach Worten, »verdammt, die ist wie ein Blitz, der irgendwo einschlägt. Kein Mensch kann so schnell reagieren.«
    »Gut, Ray, das sehe ich ein. Einen Vorteil haben wir.«
    »Welchen denn?«
    »Sie ist nicht lautlos. Das heißt, sie kann sich nicht lautlos bewegen.«
    Er schaute sich um, ohne großartig den Kopf zu bewegen. »Ich höre sie nicht.«
    »Wenn sie auf ihrem Weg zu uns irgend etwas berührt, werden wir sie hören.«
    Er nickte, ohne überzeugt zu sein. Sein Blick glitt ins Leere. »John, das war eine normale Axt. Ich habe sie hochgehoben und getragen. Ich wollte nur gegen den Spiegel schlagen, und plötzlich war alles anders. Da hatte nicht ich sie unter Kontrolle, es war umgekehrt. Sie lebte plötzlich, sie hat mich…«
    »Der Spiegel, Ray…«
    »Ja, verdammt. Nur er kann es gewesen sein, nur er. Der Spiegel ist der Anfang, der Spiegel ist das Ende. Und dazwischen gibt es nur Tod, Blut und Grauen.«
    »Sie haben uns vergessen, Ray.«
    »Sicher, John, ich weiß. Ich will nur nicht, daß man uns beide so zerfleischt findet, wie es mit Walt Temple passiert ist.« Er schüttelte sich, als er daran dachte.
    Ich enthielt mich eines Kommentars. Daß er recht hatte, war mir längst klar, aber was sollte ich ihm denn sagen? Großen Mut einreden konnte ich ihm nicht, wir mußten abwarten, was die unter einer fremden Kontrolle stehende Axt vorhatte.
    Beide hockten wir ziemlich dicht zusammen. Nicht weit entfernt befand sich der Schrank. Auch der Spiegel stand in unserer direkten Sichtweite. Er sah wieder so harmlos aus. Eine glatte Silberfläche, umgeben von einem vorzüglich geschnitzten Rahmen. Wer konnte schon wissen, woher er stammte?
    Ich hatte nachgedacht. In meinem Kopf hatte sich die Idee geformt, die den Namen Atlantis trug.
    Ray stieß mich an. Ich sah seinen beinahe beschwörenden Blick, dann folgte ich der Richtung seines ausgestreckten Fingers, der in den Raum hineinwies.
    In diesem Augenblick hörte ich es auch.
    Man konnte es mit einem leisen Schaben oder Kratzen umschreiben, jedenfalls schien sich etwas über den Boden zu bewegen, das sehr vorsichtig war und nicht gehört werden wollte.
    »Das ist sie«, wisperte der Inspektor. Ich winkte ab. Ray Ralston zog sich zurück.
    Ein heller Klang ließ uns aufhorchen. Er war an der Decke aufgeklungen. Dort hingen ja die zahlreichen Töpfe und Pfannen. Einige von ihnen gerieten plötzlich in Bewegung, als die Axt auf dem Weg zu uns gegen sie stieß.
    Jeder Anschlag erzeugte einen Ton. Es war eine nervenzerfetzende Melodie, die durch den alten Laden klang. Natürlich schaute ich nach oben.
    Leider war das Licht zu schwach, um Einzelheiten erkennen zu können. Die Gegenstände bewegten sich, sie erzeugten Schatten, die größer waren als sie selbst. Und diese Schatten wiederum fingen an zu tanzen. Sie wirbelten zuckend über die Decke, huschten ebenfalls über den Boden hinweg und vereinigten sich zu einem wilden Muster, das eine fremdartige Umgebung schuf. Ich hatte mein Kreuz hervorgeholt, Ob es

Weitere Kostenlose Bücher