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Gassen der Nacht

Gassen der Nacht

Titel: Gassen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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es weiter?«
    »Er hat die Axt!«
    Scharf drehte sich Ralston um. »Soll ich fragen, was das heißt, John?«
    »Weißt du es denn nicht?«
    »Vielleicht will ich es nicht wissen, Mann.«
    Ich hob die Schultern. »Was immer auch geschieht, mein Freund, Ihre Aufgabe ist jetzt mehr als wichtig. Ich finde, daß Sie mit einigen Kollegen eine verdammt schwere Aufgabe vor sich haben. Sie müssen versuchen, die Menschen hier zu warnen.«
    Er lachte mich aus, er schrie dabei fast, er kriegte sich nicht mehr ein. Vielleicht war es auch ein Lachen der Erlösung. »Wissen Sie eigentlich, was Sie da von mir verlangen? Wenn ich das tue, nein, wenn ich das nur versuche, dann hält man mich für irre, für dämlich, für durchgedreht, für übergeschnappt und reif für die Klapsmühle. Haben Sie darüber schon einmal nachgedacht?«
    »Nein, das ist auch nicht nötig.«
    »Was heißt das, verflucht?«
    »Sie müssen so handeln, wie ich es Ihnen sagte, Ray. Wirklich, wir müssen damit rechnen, daß er kommt.«
    »Aus dem Spiegel?«
    »Sicher.«
    »O Scheiße!« keuchte Ralston. »Bei seinem ersten Mord hatte er keine Waffe, und das war schon unbeschreiblich schlimm genug. Was wird er erst tun, wenn er…«
    »Deshalb sollen die Menschen in den Wohnungen bleiben. Ich will nicht, daß bei Anbruch der Finsternis die Angst durch die Gassen hier schleicht.«
    »Und in ihren Wohnungen sind sie sicher, wie?«
    »Nein, Ray. Ich kann bei einem Werwolf keine hundertprozentige Sicherheit garantieren, das ist unmöglich. Das geht einfach nicht. Er wird immer wieder Möglichkeiten finden, sich ein Opfer zu holen. Mir geht es um die Verkleinerung des Risikos. Um nicht mehr und nicht weniger. Ich will das Risiko kleinhalten, das ist alles.«
    »Und das wird ihnen gelingen, wie?«
    »Ich kann es nur hoffen.«
    »Ja, das hoffe ich für Sie mit. Wissen Sie eigentlich, wer hier alles wohnt? Wir befinden uns hier in der Hafengegend. Das sind Menschen, die woanders keine Wohnung finden, die keiner haben wollte, die sich manchmal gegenseitig an die Kehle gehen. Wenn ich denen etwas von einem Monstrum von einem Werwolf erzähle, halten sie mich für übergeschnappt. Sogar zu Recht, John, zu Recht. Ich würde auch nicht anders handeln, wenn jemand mir so etwas unter die Weste jubeln will. Das müssen Sie doch einsehen.«
    »Ich kenne Ihre Probleme, Ray. Ich habe sie öfter. Aber ich muß Sie bitten, es durchzuführen. Oder es zumindest zu versuchen. Wenn Semerias den Spiegel wieder als Tor benutzt und hierher zurückkehrt, ist keiner mehr sicher.«
    Ralston fuhr wieder über seine Kehle. »Sie aber auch nicht -oder?«
    »Stimmt.«
    »Und Sie wollen ihn trotzdem stoppen? Bleibt es denn bei Ihrem Plan, daß Sie hier im Laden die Stunden der Nacht verbringen wollen? Bleibt es dabei?«
    »Ja.«
    Ralston grinste schief. »Sorry.« Er schlug mir auf die Schulter. »Im ersten Moment habe ich gedacht, daß Sie kneifen wollen. Daß Sie sich nicht trauen, nach draußen zu gehen.«
    »Keine Sorge, hier ist das Zentrum. Hier ist der Spiegel. Und nur hier kann Semerias raus.«
    »Wo er dann auf Sie trifft?«
    »So wird es sein.«
    »Und wo Sie ihn stoppen wollen.«
    »Auch das.«
    »Toll.« Ray lachte und entschuldigte sich dafür. »Nehmen Sie es nicht persönlich, John, aber ich frage mich, wie Sie das anstellen wollen, ihn zu stoppen? Das ist so gut wie unmöglich. Der ist uns doch allen über, verflucht noch mal.«
    Mein Lächeln wirkte verloren. »Das mag im ersten Moment so aussehen, Ray, aber ich habe schon einmal mit ihm zu tun gehabt und seine Schattenburg zerstören können.«
    »Richtig, aber nicht ihn.«
    »Stimmt. Die Burg besitzt er aber nicht mehr. In ihr war er so gut wie unbesiegbar. Da sie aber vernichtet ist, hat er einen Teil seiner Kraft verloren. Aus ihr zehrte er. Aber nun ist sie nicht mehr da. Ich kann nur hoffen, daß ich ein Gegenmittel finde…«
    Es hatte keinen Sinn mehr, weiter zu reden. Ralston winkte müde ab. Er glaubte mir nicht.
    Der Inspektor ging auf den Spiegel zu. Es war seltsam, diese Fläche übte auf ihn eine unheimliche Faszination an. Er konnte sich nicht von ihr lösen.
    Ich beobachtete ihn dabei und sah auf seinem Gesicht die Spannung und den irren Blick seiner Augen.
    Er sah sein eigenes Spiegelbild.
    Auch ich sah es.
    Beide sahen wir das gleiche, das Grauen!
    Zwar zeichnete sich Ralstons Gestalt sehr deutlich auf dem Spiegel ab, sie hatte sich trotzdem verändert, denn mitten in der Stirn steckte die Schneide der Axt und

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