Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gassen der Nacht

Gassen der Nacht

Titel: Gassen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
sind die Nachbildung von Personen, die in Atlantis gelebt haben. Sie zeigen einen gewissen Querschnitt, der mich sehr beeindruckt hat.«
    »Das ist mir egal, Mr. Sinclair. Mich interessiert es überhaupt nicht, ob Sie beeindruckt waren oder nicht.«
    »Was interessiert Sie dann?«
    »Daß Sie hier eingebrochen sind.«
    »Ach - und deshalb wollten Sie mich niederschlagen?«
    »Richtig. Ich habe Sie für einen Dieb gehalten.«
    Seine Augen sagten mir, daß er log. Aber ein Blick war kein Beweis.
    »Dann schießen Sie immer so schnell? Haben Sie die Waffe auch aus dem Orient mitgebracht?«
    »Nein, die nicht. Außerdem haben Sie mich angegriffen. Sie wissen ja gar nicht, ob ich geschossen hätte. Ich habe nur in einem Reflex abgedrückt, weil Sie mich überraschten.«
    »Wie nett.«
    »Ja. Finde ich auch!« Er spreizte den Daumen ab und deutete über seine Schulter hinweg auf den Spiegel. »Ihn wollten Sie zerstören. Ich weiß, daß er wertvoll war, ich mußte ihn einfach schützen.«
    »Er ist nicht wertvoll, er ist gefährlich.«
    Temple versuchte es mit einem Lachen. »Sie machen mir Spaß. Was soll an einem Spiegel schon gefährlich sein? Langsam denke ich, daß Sie nicht richtig im Kopf sind.«
    »Denken Sie, was Sie wollen! Jedenfalls stellen Sie für mich und meine weitere Arbeit ein Hindernis dar, Mr. Temple. Ich muß Sie aus dem Verkehr ziehen.«
    »Ach - Sie wollen schießen?«
    »Nein, es gibt da andere Möglichkeiten. Drehen Sie sich um.«
    Er duckte sich. Plötzlich war er sprungbereit. Er merkte, daß ich es ernst meinte. Seine Augen huschten hin und her, er schaute auf meine Beretta, die ich nicht bewegte.
    »Drehen Sie sich um, Temple!«
    »Hören Sie, Sinclair, Sie machen einen Fehler!«
    »Ich weiß genau, was ich tue.«
    Er stürzte vor. Er schrie mich dabei an. Mit ausgebreiteten Armen wollte er mich packen und zu Boden wuchten.
    Ich hieb zu. Von unten nach oben zog ich die Beretta. Sie erwischte ihn am Kinn. Ein klatschendes Geräusch, ein gepreßt ausgestoßener Fluch, dann torkelte er zurück. Der Spiegel hielt ihn auf. Die Augen des Mannes waren bereits leicht glasig geworden.
    Ich schlug noch einmal zu.
    Es erwischte ihn direkt am Spiegel. Noch mit dem Rücken über die Fläche streifend, sackte er zusammen. Vor meinen Füßen blieb er bewegungslos liegen.
    Ich schaute auf ihn nieder. Wenn ich ehrlich sein wollte, paßte es mir nicht, daß ich ihn niedergeschlagen hatte. Dieser Mann wußte viel mehr, als er bisher zugeben hatte. Mir fehlte nur die Zeit, ihn weiter zu befragen, denn die Bestie hatte den Spiegel verlassen. Sie würde sich in den Gassen umsehen, sie war auf der Suche nach weiteren Opfern, und ich wollte keinen mehr so sehen wie Walt Temple auf den Fotos. Ich schleifte den Bewußtlosen aus der Nähe des Spiegels fort. Um ganz sicherzugehen, suchte ich nach irgendwelchen Stricken oder Bändern, mit denen ich ihn fesseln konnte. So etwas war schnell gefunden. Klebeband, breit wie ein Handge lenk, fand ich unter der Kasse in einem schmalen Regal.
    Das mußte reichen.
    Aus eigener Kraft würde er sich nicht befreien können, das stand fest. Ich verklebte ihm den Mund nicht, dafür umwickelte ich auch die Füße und Hände. Letztere auf dem Rücken. Dann verließ ich das Geschäft.
    Ich versuchte auch nicht mehr, den Spiegel zu zerstören, jetzt waren andere Dinge wichtiger. Semerias!
    Dieser Name hatte sich in meinen Gedanken förmlich eingebrannt. Ich mußte ihn einfach fassen, sonst war alles vergebens. Vor dem Haus blieb ich stehen.
    Es war längst finster geworden.
    Vom Hafen her hörte ich die fernen Geräusche. Sie klangen wie eine verfremdete und technisierte Musik, die mal unregelmäßig heranwehte und sich dann mit einem Gleichklang abwechselte.
    Der Himmel erinnerte mich an ein straff gespanntes Tuch. Es hatte nur einen großen runden Einschnitt, aus dem es gelb hervorleuchtete. Scharf und klar umrissen stand der Vollmond schräg über mir. Ein Auge des Bösen, das es geschafft hatte, ein einst tief in der Vergangenheit lauerndes Grauen hervorzulocken.
    Das war eben dieser Werwolf!
    Der erste in Atlantis. Schon Kara hatte versucht, die Bestie zu vernichten.
    Damals war es ihr nicht gelungen.
    Und heute, mehr als zehntausend Jahre später, stand ich, John Sinclair, vor dem gleichen Problem…
    ***
    Manchmal sieht er aus wie ein weißer runder Stein oder wie ein Kunstwerk, dachte Paula Devine, als sie den Vollmond dicht vor dem Fenster stehend betrachtete.
    Sie fühlte sich von

Weitere Kostenlose Bücher