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Gast im Weltraum

Gast im Weltraum

Titel: Gast im Weltraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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anderen Sonnen, aber ein riesiges Ungeheuer für uns Menschen. Plötzlich spürte ich die Anwesenheit eines anderen Menschen. Zwei Schritte von mir entfernt stand Trehub. Ich hoffte im stillen, er würde mir helfen können, mein inneres Gleichgewicht wiederzuerlangen. Deshalb fragte ich ihn: „Professor, was würde mit dem Zwerg geschehen, wenn wir eine volle Ladung des Desintegrators auf ihn abschössen?“
    Ohne eine Sekunde zu zögern, antwortete Trehub: „Das gleiche wie mit dem Ozean, in den ein Kind ein Sandkorn wirft.“
    Die Antwort des Astrophysikers drang gar nicht in mein Bewußtsein, denn in demselben Augenblick durchzuckte mich ein unbehaglicher Gedanke. Ohne Rücksicht auf die frühe Stunde lief ich zu Grotrian, weckte ihn und fragte, ob die ersten Automaten, die wir in den künstlichen Mond der Atlantiden geschickt hatten, nach ihrer Rückkehr desinfiziert worden seien.
    Der Astrogator, den diese Frage sichtlich beunruhigte, obgleich er äußerlich beherrscht und ruhig war, rief sofort Yrjöla an.
    Wenige Minuten später wußten wir Bescheid: Die Automaten wurden erst nach unserer Rückkehr auf das Schiff desinfiziert, konnten also in diesen drei Stunden mit vielen Menschen in Berührung gekommen sein.
    „Ihr habt doch behauptet, daß eine Infektion durch Bakterien ausgeschlossen ist“, sagte Grotrian und sah mich prüfend an.
    Ich schwieg. Grotrian trat ans Telefon und rief nacheinander einige Spezialisten an. Kurz darauf kamen Ter Haar, Moleticz und der Paläobiologe Ingwar. Der Astrogator unterrichtete sie mit wenigen Worten. Als er geendet hatte, sprang Ingwar auf und rief: „Viren! Habt ihr das Blut auf Viren untersucht?“
    „Nein“, antwortete ich und erbleichte.
    An diese Möglichkeit hatten wir nicht gedacht. Ein verhängnisvoller Fehler, aber verständlich, wenn man bedenkt, daß die Viren seit neunhundert Jahren von der Erde verschwunden sind.
    Eilends verließ ich Grotrian und bat ihn, sich zu erkundigen, ob Kanopos mit den Automaten in Berührung gekommen war, bevor sie desinfiziert wurden. Der Kranke war noch immer bewußtlos. Die Atembeschwerden hatten sich verstärkt, die Lider und Finger wurden blau, das Herz schlug hundertfünfzigmal in der Minute. Anna war verzweifelt und führte dem Patienten unablässig Sauerstoff zu. Ich entnahm Blut aus der Armvene und übergab es den Analysenautomaten. Ich mußte ihnen genaue Instruktionen erteilen, da sie nicht für solche Untersuchungen konstruiert waren. Deshalb erhielt ich das Ergebnis erst um neun Uhr. Ich war vor Müdigkeit wie betäubt und hatte Kopfschmerzen, als wollte mir der Schädel zerspringen. Im Blut des Kranken befanden sich winzige Körper von zwei Zehntausendstelmillimeter Durchmesser. Das waren die Krankheitserreger. Es gab keinen Zweifel: Unser Gefährte war einer Virusinfektion zum Opfer gefallen, und die Viren waren durch die Automaten von dem künstlichen Mond in die Gea eingeschleppt worden. Ich weckte Schrey noch einmal, um ihm das Ergebnis der Blutuntersuchung mitzuteilen. Er kam sofort mit Ingwar und einem zweiten Paläobiologen, einem Spezialisten auf dem Gebiete der ausgestorbenen Bakterienflora und der Viren, in die Krankenstation.
    Mit Hilfe der Trionenbibliothek identifizierten wir das Virus. Es handelte sich um den Erreger der sogenannten Papageienkrankheit, einer gefährlichen Infektionskrankheit, die vor mehr als tausend Jahren auf der Erde zahlreiche Opfer gefordert hatte. Wir standen gerade im analytischen Laboratorium, als Anna uns anrief. „Die Agonie ist eingetreten“, teilte sie mir mit. Ich wiederholte den anderen diese inhaltsschweren Worte. Eine Minute später befanden wir uns im Krankenzimmer. Unser Gefährte lag in den letzten Zügen. Der Puls war nicht mehr fühlbar, das Gesicht war aschgrau, der Atem nur noch ein schwaches Röcheln. Wir injizierten erneut Serum und Blut, bemühten uns, das Herz zu entlasten – es war alles vergeblich. Wir versuchten, ihn, wenn auch nur für kurze Zeit, zur Besinnung zu bringen, damit er seinen letzten Willen äußern könnte; aber auch das gelang uns nicht. Das von den Giftstoffen angegriffene Gehirn hatte die Herrschaft über den Körper verloren. Sechs Minuten nach zehn Uhr hörte die Atemtätigkeit auf.
    Dies war der erste Todesfall an Bord der Gea infolge einer Krankheit. Tief bedrückt durch die erlittene Niederlage, verließen wir das Sterbebett. Hätten wir die Ursache der Krankheit früher erkannt, dann wäre es uns wahrscheinlich gelungen, sie

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