Gast im Weltraum
denn Ameta wird heute fünfzig Jahre alt.“
„Ein halbes Jahrhundert!“ rief ich unwillkürlich. „Und dabei wirst du immer jünger! Sag mal, Ameta, wie machst du das eigentlich?“
Ameta antwortete nachdenklich: „Wir haben vor geraumer Zeit die Grundformel der Goobarschen Theorie auf die Erde gefunkt. Das Wellenbündel rast durch den Weltraum und erreicht die Erde in ungefähr zwei Jahren, selbst wenn uns jetzt der Teufel holen sollte. Ist das nicht herrlich?“
„Den Gedanken, daß uns der Teufel holen könnte, finde ich zwar nicht herrlich, wenn er aber an deinem Geburtstag unbedingt notwendig ist, dir Freude zu machen, dann erkläre ich mich sogar damit einverstanden“, erwiderte ich.
„Sag mal, Ingenieur“, wandte ich mich an Yrjöla, „weshalb bereiten wir uns eigentlich nicht längst auf die Landung vor?“
„Das ist in dieser Nacht geschehen. Wir müssen uns dem Planeten noch um dreißigtausend Kilometer nähern. Das wird ungefähr eine Stunde dauern, denn wir fliegen jetzt sehr langsam. Wir befinden uns in der Nähe der Rocheschen Zone.“
„Natürlich fliegt Ameta als erster?“
„Natürlich fliegt Ameta“, wiederholte der Pilot wie ein Echo. Der Ingenieur fügte lächelnd hinzu: „Eigentlich sollte Zorin fliegen. Er ist aber zugunsten Ametas zurückgetreten. Es ist sein Geburtstagsgeschenk…“
„Ich hoffe, daß wir alle die Möglichkeit haben werden, mit den Beinen wieder einmal wirklich auf festem Grund und Boden zu stehen. Bedenke, acht Jahre lang nur Metall unter den Füßen! Die Astrogatoren werden sich doch unser erbarmen?“
„Da… seht“, sagte Ameta leise.
Deutlich erkennbare Risse durchzogen die rote Fläche unter uns. Alles schien starr und tot zu sein. Betrachtete man aber diese scheinbar völlig glatte Ebene aufmerksam, dann bemerkte man graue Rillen, die sich langsam über sie hinweg bewegten. Der Anblick ähnelte dem Bild, das sich dem Reisenden bietet, wenn er sich dem Mars nähert. Diese Rillen waren Sandstürme, die in Wirklichkeit mit rasender Geschwindigkeit über die Wüste fegten.
Die Galerie füllte sich allmählich. Die Gea drosselte die Fluggeschwindigkeit, als überlegte sie, ob sie sich auf die Oberfläche des Planeten hinabsenken sollte.
„Es wird Zeit, daß ich mich fertigmache“, sagte Ameta und lächelte. Ich sah zum erstenmal, daß die Haare an seinen Schläfen silbrig schimmerten. Das Licht des Zwerges, das von oben auf sie fiel, leuchtete auf dem weißen Haar im reinsten Rubinrot.
„Es wird Zeit“, wiederholte er. „Ich begebe mich auf eine andere Welt, nehme aber nicht Abschied von euch, denn ich kehre bald zurück.“
Der Bericht, den Ameta nach seinem dreistündigen Erkundungsflug erstattete, lautete: „Ein kleiner, öder Planet vom Typ des Mars. Weit fortgeschrittene Erosion, wasserlos. Keine Spuren organischen Lebens. Ausgedehnte Stein- und Sandwüsten, vereinzelte Felszungen, Rundgebirge und erloschene Vulkane. Die Atmosphäre ist dünn, sie hat nur ungefähr den zweihundertsten Teil der Dichte der Erdatmosphäre und ist ohne Spuren von Sauerstoff und Wasserdampf. Der Temperaturunterschied zwischen der Tag- und der Nachtseite beträgt hundertzehn Grad. Eine Sturmzone rückt auf die Terminatorlinie mit der Umdrehungsgeschwindigkeit des Planeten vor. Im zentralen Gebirgssystem der subtropischen Zone auf der südlichen Halbkugel eine große, gleichmäßige Lücke, die tiefere Gesteinsschichten bloßlegt. Wahrscheinlich kristallinischer Basalt. Von diesem Gebiet aus erstrecken sich einige hundert Kilometer weit breite Streifen zerbröckelten Eruptivgesteins.“
Unsere Planetochemiker meinten, der energetische Wert des Basalts sei zwar bedeutend niedriger als der Wert der schweren irdischen Elemente, die uns bisher als Brennstoff gedient hatten; aber die Tatsache, daß Förderung und Transport kein Problem seien, machte diesen Unterschied in hohem Maße wett. Die Gea sollte fünf oder sechs Tage über diesem Gebiet schweben, und in dieser Zeit sollten Lastraketen die Brennstoffbunker mit dem entsprechend zerkleinerten Mineral auffüllen.
Noch in der Nacht wurden die Luftaufnahmen, die Ameta von seinem Flug mitgebracht hatte, ausgewertet und analysiert. Die Gea kreiste in ungefähr zweihundert Kilometer Höhe, weit außerhalb der dünnen Atmosphäre, über dem Planeten.
Als ich am Morgen auf die Sterngalerie kam, wurde ich Zeuge einer ungewöhnlich schönen Naturerscheinung. Unser Schiff verließ gerade den Schattenkegel, den die
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