Gast im Weltraum
ich von dem Rücken des Fahrzeugs, das von dem schwer arbeitenden Motor vorwärtsgetrteben wurde und über die Unebenheiten schwankte, nur eine graue Wüste vor, neben und hinter mir. Wie Asche war alles, und darüber wogten dunstige Schleier. Hinter den aufgewirbelten Staubwolken glühte trübe der rote Zwerg. Das Fahrzeug, das vor Anstrengung ächzte und bebte, erklomm den breiten Streifen glasigen Sandes, den das Atomfeuer der ersten Rakete geschaffen hatte. Die Raupenketten knirschten und mahlten mühsam auf der glatten Fläche. Endlich hatten sie das Hindernis überquert und bohrten sich auf der anderen Seite in lockeren, fast weißen Sand oder vulkanischen Tuff. Von den Dünen ringsum lösten sich wirbelnde Sandsäulen, jagten dahin und überschütteten die Fenster in unseren Helmen mit winzigen, knisternden Körnern. Schließlich hielt das Fahrzeug in der Nähe der Raketenbasis. Als wir absprangen, versanken wir bis über die Knie in dem feinen Flugsand, durch den wir hundert Meter weit waten mußten. Schon nach wenigen Schritten war ich in Schweiß gebadet. Der Wind jagte Wolken orangefarbenen Staubes auf. Dieser Staub färbte die dünne Luft, wie Lehm, den eine Unterwasserströmung vom Grund löst und unter das Wasser mengt. Der Sand setzte sich in allen Falten des Skaphanders fest.
Die Rakete war auf einer Anhöhe gelandet, die rings um einen nackten Felsbrocken entstanden war. Sie lag wie eine Insel zwischen Sanddünen, die der Wind unablässig aufhäufte. Endlos weit erstreckte sich die Wüste. Von den sternförmigen Gebilden, die man von der Gea aus deutlich sah, war nicht eine Spur zu entdecken.
In der großen Kabine der Rakete waren etwa zehn Gefährten versammelt. Sie beugten sich über einen Tisch voll Karten, Luftaufnahmen und Mineralstückchen und diskutierten lebhaft. Ich erfuhr, daß der Aufbau der Felsmassen die Forscher vor neue Probleme stellte, die ihnen keine Ruhe ließen. Sie wollten deshalb Probesondierungen des Bodens vornehmen.
Wir zogen unsere Skaphander an und begaben uns zu den wartenden Fahrzeugen. Ich kletterte in das Türmchen des Führersitzes, um ein möglichst großes Blickfeld zu haben. Als das Fahrzeug sich ruckhaft in Bewegung setzte, schleuderte es dichte Sandfontänen in die Höhe. Es kam nur langsam voran, da es häufig zur Hälfte einsank. Das ständige Schwanken und das Wallen und Wogen des Sandes riefen den Eindruck einer Seefahrt hervor. Die Berge, die durch die Sandwolken schimmerten, wurden dunkler und höher. Ich sah, daß wir auf einen Durchbruch in der Felskette Zufuhren.
Im Westen erhoben sich zerklüftete Felswände mit schartigen Spalten und Rinnen. Weiße Sandzungen beleckten die tiefen Risse. Aber bald wich das Bild natürlicher Erosion einem unbeschreiblichen Chaos. Die zerfetzten, gespaltenen Hänge öffneten sich wie ungeheure Erdschollen. Aus den Spalten ragten riesige, knollige Gebilde hervor, als wäre flüssiges Gestein herausgequollen und zu gewölbten, reglosen Köpfen von Ungeheuern erstarrt. Die senkrechten Bergstürze waren wie von violett schimmerndem Email überzogen. Die gewaltige Bergkette fiel in drei Stufen in die Ebene ab und stieg am rotglühenden Horizont wieder zu ihrer ursprünglichen, achtunggebietenden Höhe an.
Unser Fahrzeug mußte immer häufiger wenden, neue Durchfahrten suchen und sandverwehten Basaltblöcken ausweichen. Schließlich hielt es vor einem Wall spitzer Felstrümmer, den es nicht zu überwinden vermochte. Wir stiegen aus, und ich begleitete die Forscher auf der Fußwanderung, das heißt Kletterpartie. Aber ihre einförmige Arbeit – das Sondieren der Felsen mit Ultraschallgeräten, das Durchleuchten der Gesteinstrümmer, das Sammeln von Mineralproben – ging so langsam vonstatten, daß ich zu dem Fahrzeug zurückkehrte, das wir am Rande dieses Trümmerwalls verlassen hatten. Ich setzte mich in die warme Kabine und unterhielt mich mit Ul Wef. Plötzlich meldete sich unser Funkgerät. Die Meteotechniker der Gea warnten uns vor dem Sandsturm, der sich bei Einbruch der Dämmerung erheben würde. Wir mußten die Forscher zurückrufen, die sich über das ganze Gelände verteilt hatten. Als wir auf dem Wege zur Rakete waren, ging die rote Sonne unter. Die Staubwolken über uns schienen in wenigen Sekunden erstarrt zu sein. Den Himmel bedeckte ein gleichmäßiges Rot, wie eine rauchende Flamme, die man durch ein trübes Glas betrachtet. Der rote Zwerg hing nun als blutrote Scheibe, die nicht ein bißchen Wärme
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