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Gauck: Eine Biographie (German Edition)

Gauck: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Gauck: Eine Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Frank
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kriegt die Stimmen des Volkes. Das ist ein Mann, den man wählen wird.« Gauck landete auf Platz zwölf der Liste des Bündnis 90 für die Volkskammerwahl. Als einziger Kandidat aus Mecklenburg-Vorpommern.
    Am 23. Februar 1990 begann für das »Bündnis 90 – Bürger für Bürger« der Wahlkampf. Nur noch gut drei Wochen blieben bis zum Wahltag. Der Beobachter der Mecklenburgischen Volkszeitung war hingerissen von Gaucks Auftritt in Schwerin und wunderte sich, warum man den Rostocker erst am Ende der Veranstaltung hatte reden lassen: »Ist man sich nicht bewusst, dass Jochen Gauck einer der wenigen Redner des Neuen Forums ist, der es versteht, die jahrzehntelang mundtot gemachten Menschen unseres Landes anzusprechen? Der es versteht, die Probleme unserer Zeit auszudrücken? […] Die Bürger brauchen Menschen wie Jochen Gauck, der ihnen Mut macht und ihnen sagt, wo es langgeht und wie es gemacht werden muss.«
    Gauck reiste in den nächsten Wochen als Wahlkämpfer durch die Region, sprach auf Wahlkampfveranstaltungen in den größeren Städten Mecklenburg-Vorpommerns: Stralsund, Wismar, Güstrow, Greifswald. Er fuhr mit seinem privaten PKW zu den Veranstaltungen und warb für sich mit selbst produzierten Handzetteln. Ein aus Berlin angeliefertes Wahlplakat des Bündnis 90, das die Spitzenkandidaten wie auf einem Steckbrief präsentierte, kam in Mecklenburg nicht zum Einsatz. Gaucks politische Freunde waren über das Layout entsetzt und sammelten privat Geld, damit ihr Kandidat sich ein eigenes, besseres Plakat drucken lassen konnte. Das Thema bestimmte Gauck persönlich. Dietlind Glüer sieht ihn noch heute vor sich, wie er auf einem DIN - A 4-Blatt handschriftlich seinen ersten Wahlslogan 223 formulierte: »Freiheit. Wir haben sie gewollt. Wir gestalten sie.«

    31  Wahlkampf für die Volkskammer 1990
    Gauck war als Wahlkämpfer ein Naturtalent. Er setzte auf das regionale Element, präsentierte sich als Mecklenburger, als »einer von hier«. In der Unterzeile seines Wahlkampfplakates stand: »Jochen Gauck. tatkräftig – zuversichtlich – mit norddeutschem Profil«. Was er in seinen Reden programmatisch vortrug, war klug und konnte von jedem seiner Zuhörer mitgetragen werden: Soziales Engagement für Ältere, Sicherung von Arbeitsplätzen für Frauen, Mieterschutz, Kindereinrichtungen und Befürwortung der sozialen Marktwirtschaft. Bei einer Rede in Rostock wich er zur Begrüßung von seinem üblichen Text ab, weil er in der Menge etwas entdeckt hatte, was ihn augenblicklich inspirierte. Er begann seine Ansprache mit »Liebe Rostockerinnen und Rostocker …« Da fiel sein Blick auf einen Fahne mit dem Emblem des Landes Mecklenburg. Spontan griff er das auf und fuhr fort: »Liebe Mecklenburger und Mecklenburgerinnen …« Schließlich entdeckte er in der Menge eine geschwungene Deutschlandfahne und beendete seine Begrüßung mit: »Liebe Deutsche«. Seinen Mitstreitern vom Neuen Forum stockte der Atem. »Er hat es geschafft, Formulierungen zu finden, bei denen wir geschluckt haben«, wissen Aenne Lange und Johann-Georg Jaeger bis heute.
    Mit der Führungsriege des Neuen Forums in Berlin lag Gauck von Anfang an nicht auf einer Wellenlänge. Später beklagte er, dass wichtige Entscheidungen der Bürgerbewegung, wie das Ja zur deutschen Einheit oder zur Marktwirtschaft immer wieder durch führende Berliner Vertreter, die sich mit der Mehrheitsentscheidung nicht abfinden konnten, konterkariert wurden. Noch Jahre später konnte sich Gauck über die damaligen Führungsfiguren der Bürgerrechtsbewegung aufregen: »Eifrig schwadronierten die 224 Phantasten über die Ideen des Sozialismus. Für mich bestand und besteht weder ökonomisch noch politisch eine realistische Chance für einen dritten Weg zwischen dem gescheiterten Sozialismus und dem düster beschworenen Kapitalismus […] die Politik- und Gedankenspiele einer Bärbel Bohley oder eines Klaus Wolfram entbehrten jeder wirtschaftlichen Grundlage. Solche Positionen waren im Rostocker Neuen Forum nicht konsensfähig.«
    Im März 1990, wenige Tage vor der Wahl, kreuzte sich Gaucks Weg erneut mit dem von Wolfgang Schnur. Der umtriebige Rechtsanwalt und Elite- IM hatte mittlerweile eine atemberaubende Karriere hingelegt. Der Vorsitzender des Demokratischen Aufbruchs war mit seiner neugegründeten Partei im Februar dem von Helmut Kohl geschmiedeten Wahlkampfbündnis »Allianz für Deutschland« beigetreten, dem außerdem die Ost- CDU und die Deutsche Soziale

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