Gaunts Geister - Band 1-3
erzählen Sie mir nicht
einfach etwas über den Jungen?«
»Über welchen Jungen?«
»So zurückhaltend. Sein Name
ist Brin Mio, ein auf Tanith Geborener und Teil Ihres Regiments, aber ein
Zivilist.«
»Was wollen Sie wissen,
Inquisitorin?«
»Ach, alles, Ibram. Alles.«
Gaunt räusperte sich. »Milo ist
— zufällig hier. Der Dudelsackpfeifer des Regiments, sein Maskottchen ... Mein Adjutant.«
»Warum?«
»Er ist gewitzt, intelligent
und eifrig. Die Männer mögen ihn. Er kann die Dinge, die ich von ihm verlange,
schnell und tüchtig ausführen.« Lilith hob einen Finger.
»Bitte von Anfang an. Warum ist
er hier?«
»Als das Chaos über Tanith
hereinbrach und den Planeten verschlang, habe ich beschlossen, so viele
Soldaten von dieser Welt zu retten, wie ich konnte. Mir selbst wäre die Flucht
nicht mehr gelungen, wenn sich der Junge nicht eingemischt und mir den Weg frei
gemacht hätte. Aus Dankbarkeit habe ich ihn mitgenommen. Er ist noch zu jung
für die Infanterie, also habe ich ihn zu meinem Adjutanten gemacht.«
»Wegen seiner Fähigkeiten?«
»Ja. Und weil es sonst keine
andere Aufgabe für ihn gab.«
Lilith trat ganz nah an Gaunt
heran und starrte ihm in die Augen.
»Über welche Fähigkeiten
verfügt er denn?«
»Tüchtigkeit, Geschicklichkeit,
rasche Auffassungsgabe ...«
»Wirklich, Kommissar. Sie
können es ruhig zugeben. Eine Vorliebe für einen gut gebauten jungen
Kabinenpartner und ...«
Das Klatschen der Ohrfeige
hallte durch die Kabine.
Lilith zuckte mit keiner Wimper.
Lachend wendete sie sich ab.
»Sehr gut. Sehr direkt. Also
können wir mit dem Unsinn aufhören, oder? Man hat mir zu verstehen gegeben, dass
der Junge eine Hexe ist. Was sagen Sie dazu?«
»Das ist er nicht.« Gaunt
schluckte. »Das Gift des Warpraums dreht mir den Magen um. Glauben Sie, ich
würde damit auch nur eine Sekunde etwas zu tun haben wollen?« Er hielt kurz
inne. »Die gegenwärtige Gesellschaft ist davon natürlich ausgenommen.«
Lilith umkreiste ihn. »Aber er
ist nützlich. Ich habe meine Hausaufgaben gemacht, Gaunt. Er sagt Dinge voraus,
rät sie, bevor sie sich ereignen ... Angriffe, Zwischenfälle, welche Akten der
Kommissar braucht. Was der Kommissar zum Frühstück will ...«
»Das ist keine Hexerei. Er ist
gescheit. Vorausschauend.«
»Es gab ein Spiel — einen
Betrug — auf den Unterdecks. Er war der entscheidende Faktor dabei. Er wusste,
wie man es gewinnt. Er hat den Ausgang perfekt erraten. Was haben Sie dazu zu
sagen?«
»Ich sage: Wer hat Sie darauf
angesetzt?«
»Spielt das eine Rolle?«
»Es war Sturm, nicht wahr? Und
sein Schoßochse, Gilbear. Sie verfolgen eigene Ziele. Wie können Sie ihrem Wort
trauen?«
Sie baute sich vor ihm auf und
fixierte ihn. »Aber selbstverständlich. Das können sie nicht vor mir
verheimlichen. Sturm und Gilbear hassen Sie und verachten Ihre Geister. Sie
haben versucht, Sie auf Voltemand auszulöschen, und es ist ihnen nicht
gelungen. Jetzt versuchen sie, Sie mit allen Mitteln zu Fall zu bringen, die
sie zur Verfügung haben.«
Gaunt war beinahe sprachlos.
»Das wissen Sie und kommen trotzdem
hierher?«
»Ich bin Inquisitorin, Ibram«,
erwiderte sie mit einem Lächeln.
»Sturm und seine Männer sind
Scheusale. Ich habe kein Interesse an ihrem mörderischen Hass auf Sie und Ihre
Männer. Aber Feldmarschall Bulledin hat mich hergebracht, damit ich mir ein
Bild über die Gefahren der Hexerei bei der Befreiung von Monthax machen und
gegebenenfalls dagegen vorgehen kann. Feindliche Hexerei ... Aber auch solche,
die im Innern lauert wie ein Krebsgeschwür. Man hat mich auf den Jungen
aufmerksam gemacht, und ich bin verpflichtet, den Fall zu untersuchen. Sie
sagen, er sei eine Hexe. Es ist mir egal, warum sie es sagen oder was sie durch
derartige Anschuldigungen zu gewinnen hoffen. Aber wenn sie recht haben ... Deswegen
bin ich hier. Ist Milo vom Chaos berührt worden? Ist er ein Psioniker?
Beschützen Sie ihn nicht, Gaunt! Es macht alles nur noch schlimmer für Sie,
wenn Sie es tun.«
»Er ist keiner. Das ist alles
politischer Unsinn. Die Blaublüter haben eine potenzielle Schwäche gesehen, die
sie ausnutzen wollen.«
»Wir werden sehen. Ich muss mit
diesem Milo reden. Sofort.«
Von seinem Kommissar bei Nacht
gerufen zu werden war für Brin Milo keine neue Erfahrung. Es gab auch außerhalb
der normalen Dienstzeit viel zu erledigen. Doch als er vor Gaunts Quartier ankam,
ging ihm sofort auf, dass etwas nicht stimmte.
Gaunt war
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